Chris Bentele würde gerne Pfarrer werden - darf aber nicht.
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Unbarmherzige Kirche? Homosexueller darf nicht Priester werden

Unbarmherzige Kirche? Homosexueller darf nicht Priester werden

Die katholische Kirche hat Nachwuchssorgen, immer weniger Männer möchten Priester werden. Im Bistum Eichstätt gibt es zurzeit zwölf Anwärter. Dabei gäbe es einige mehr Interessierte – wenn es ihnen die Kirche nicht so schwer machen würde.

Über dieses Thema berichtet: STATIONEN am .

Chris Bentele wird seinen ursprünglichen Berufswunsch nicht verwirklichen können. Gern wäre er Priester geworden. Aber er bekennt sich zu seiner Homosexualität. Für die Kirche nicht vereinbar.

Bentele ist 26 Jahre alt und studiert in Eichstätt Lehramt Grundschule, Hauptfach katholische Theologie. "Ich wollte mich als Priesteranwärter bei der Diözese Eichstätt bewerben. Aber die Sexualmoral der Kirche sagt, dass Homosexualität eine Sünde ist. Und meine eigene Sexualität zu unterdrücken, das wollte ich für mich nicht verantworten."

Der Papst sprach sich zwar schon mehrfach gegen eine Kriminalisierung Homosexueller aus, erlaubte zuletzt gar die Segnung homosexueller Paare. Doch in einer aktuell gültigen Instruktion zur Berufungsklärung des Vatikans heißt es, dass die Kirche: "… jene nicht für das Priesterseminar und zu den heiligen Weihen zulassen kann, die Homosexualität praktizieren, tiefsitzende homosexuelle Tendenzen haben oder eine sogenannte homosexuelle Kultur unterstützen."

Bentele ist aus tiefster Überzeugung katholisch

Der Student hätte es einfacher haben können: Er ist im evangelischen Glauben aufgewachsen – hier gibt es für Pfarrer kein Pflichtzölibat. Aber Chris Bentele ist vor drei Jahren aus tiefster Überzeugung zum katholischen Glauben konvertiert. "Das war letztendlich die Liturgie, der Auferstandene in Brot und Wein, der mich noch mal mehr gepackt hat. Dieses Allumfassende, was für mich und mein Leben bis heute gilt, ist auch das, was mich trägt."

Chris Bentele hätte gerne ein persönliches Gespräch mit dem Bischof von Eichstätt geführt, ihn gefragt, warum Männern, die sich zu ihrer Homosexualität bekennen, der Zugang zum Priestertum verwehrt wird. Aber er wird an den Bischof von Fulda, Michael Gerber, verwiesen, der in der Deutschen Bischofskonferenz für die Ausbildung in geistlichen Berufen zuständig ist. Dieser mag das Gespräch aber auch nicht führen, antwortet die Pressestelle auf eine schriftliche Anfrage. "Wenn man für die Kirche tätig ist, spürt man relativ schnell, dass man mit den Verantwortungsträgern nicht reden kann. Was ich wirklich schade finde", bedauert Chris Bentele.

Priestermangel: Durch Ausschluss geht Potenzial verloren

Die Pressestelle der Deutschen Bischofskonferenz verweist schließlich an Birgit Mock, Vizepräsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken und Teilnehmerin des Synodalen Wegs, die sich in einer Arbeitsgruppe mit Sexualität und Partnerschaft beschäftigt hat. Aus ihrer Sicht geht viel Potenzial verloren, wenn homosexuellen Menschen Ämter in der Kirche verwehrt werden. "Wenn wir zurückgehen zum Ursprung, zur Gleichwürdigkeit aller Menschen, dann kann es auch nur eine Perspektive geben, nämlich: So wie du bist, bist du richtig. So wie wir sind, sind wir geschaffen und geliebt." Und das würde in der Schlussfolgerung bedeuten: Auch in der katholischen Kirche sollten alle gleich sein.

Auch wenn Chris Bentele in seinem Glauben überzeugt ist - als kränkend und stigmatisierend empfindet er die katholische Sexualmoral dennoch. "Wie lange müssen wir noch warten, bis das endlich mal revidiert, gestrichen wird?"

Birgit Mock hofft, dass Chris Bentele noch erlebt, dass sich die Kirche ändert: "Ich mache die Erfahrung, dass wir hier in Deutschland in den letzten drei Jahren mit dem Synodalen Weg wirklich viel bewirken konnten. Die Kirche ist ungnädig, wobei es am Ende nicht die Gnade ist, auf die die Menschen warten, sondern sie warten auf Gerechtigkeit, sie warten auf Anerkennung, und sie warten auch auf ein unbedingtes tiefes Angenommen-Sein."

Kompromiss: Religionslehrer statt Priester

Chris Bentele hat für sich einen Weg gefunden, er wird Religionslehrer. An seinen ursprünglichen Traumberuf denkt er aber immer noch: "Was mir extrem gut gefallen hätte, ist, dass man Menschen vom Beginn des Lebens bis zum Ende des Lebens begleiten kann, in all seinen Lagen. Und ich persönlich finde, es gibt nichts Größeres oder Schöneres."

Austreten war für Chris Bentele nie eine Option, denn er könne nur etwas verändern, wenn er in der Kirche bleibe: "Ich liebe diese Kirche. Und ich wünsche mir von der Kirche ganz klar, dass sie diese Liebe erwidert und mich annimmt als Menschen, als Gedanke und als Werk Gottes."

Wenn die katholische Kirche ihn so annehmen würde, wie er sie – dann könnte er auch Priester werden.

Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.

Mehr zum Thema "Warum so unbarmherzig?" in der Sendung STATIONEN in der ARD Mediathek.