Anna Maria Mühe als Sophia, Marc Hosemann als Morten und Dimitrij Schaad als Reiner in einer Szene des Films «Sophia, der Tod und ich» (undatierte Filmszene). Der Film kommt am 31.08.2023 in die deutschen Kinos. (zu dpa-Korr «Mit dem Tod drei Bierchen trinken: «Sophia, der Tod und ich») Foto: Stephan Rabold/DCM/dpa - ACHTUNG: Nur zur redaktionellen Verwendung im Zusammenhang mit einer Berichterstattung über den Film und nur mit vollständiger Nennung des vorstehenden Credits +++ dpa-Bildfunk +++
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Kinostart - "Sophia, der Tod und ich"

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"Sophia, der Tod und Ich": Charly Hübners Spielfilmdebüt

Der melancholische Altenpfleger Reiner schafft es noch einmal, dem Tod von der Schippe zu springen – vorläufig. Charly Hübner inszeniert das mit viel Komik in seinem Regiedebüt "Sophia, der Tod und ich" nach der Vorlage des Romans von Thees Uhlmann.

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Ein cooler Anfang: Der Film startet mit einer Einstellung auf einer Brache über der Stadt an einer Brücke in Dunkelheit. Nur Töne, eine Opernarie, eine Sopranstimme sind zu hören und dann ward es Licht: in einer Kioskbude. Da strömen plötzlich – wie aus dem Nichts kommend – viele schwarze Gestalten hin. Es sind die vielen Tode, die ihre Aufträge entgegennehmen.

Ein Tod (Marc Hosemann) hat den Auftrag, den Altenpfleger Reiner (DimitriJ Schaad), einen ziemlich jungen, etwas depressiven, Weißwein trinkenden Mann, zu holen: Er steht in seiner Wohnung und gibt ihm noch drei Minuten, um nochmal über alles nachzudenken. Doch plötzlich klingelt Reiners Ex-Freundin Sophia (Anna Maria Mühe) an der Tür und so springt Reiner seinem Tod von der Schippe. Statt mit ihm zu kommen, geht er mit seiner Ex-Freundin Sophia und dem Tod auf Reisen: durch die schwarze Nacht in einem Zug. Der Film wird zum Roadmovie.

"Das Buch ist eine top Vorlage"

Die erste Regiearbeit ausgerechnet über den Tod? Im BR-Interview sagt Charly Hübner, dieser bekannte Filmschauspieler (Ermittler im Polizeiruf 110) und grandiose Theatermime, was ihn daran gereizt hat. Es gebe zu wenige Filme über den Tod, die damit unterschiedlich spielten, in der lakonischen oder komischen Ebene, ihn dann aber trotzdem noch ernst nähmen. Klar seien da berühmte Filme wie Ingmar Bergmans "Das siebente Siegel" oder Kevin Smiths "Dogma" und manch andere. Gereizt habe ihn an "Sophie, der Tod und ich", dass die Konstellation am Anfang eigentlich eine Comedy-Situation ist: "Die Situation ist am Anfang fast wie in einem Sketch, dass der Tod da steht mit diesen drei Minuten und der andere sagt, 'ja, kannst mich ja versuchen zu holen. Aber vorher muss ich noch ein paar Sachen klären, weil so einfach lasse ich mich nicht darauf ein'."

Es ist der Mix aus lustigen Formulierungen und vertrauten existenziellen Einsichten: "Wenn jemand stirbt, der berühmt ist, dann kommt immer die Frage: Krass, warum? Obwohl wir das alle wissen – vom ersten Tag unseres Lebens an ist das ja klar, dass das auch irgendwann enden wird – trotzdem ist da die große Fragestellung. Und da, dachte ich, versuchen wir jetzt mal noch was dem hinzuzufügen. Und das Buch ist ja auch eine top Vorlage", so Hübner.

Machtkämpfe und Pragmatismus im Jenseits

In "Sophie, der Tod und ich" bleibt's aber nicht bei einem Tod. Ein zweiter Tod wird auf Reiner angesetzt, das artet in einen Wettkampf aus. Wie das Diesseits, so bleibt hier auch das Jenseits nicht verschont von Machtkämpfen. Überhaupt herrscht auch auf der Gottesebene ein nüchterner Pragmatismus, völlig frei von Spiritualität und Transzendenz. Gott ist ein alter schwerer Mann, der sagt: Der Tod sorgt dafür, dass alle an Hoffnung und Erlösung glauben. Das wirkt, als hätte er einen schweren Job, an den er selbst nicht recht glaubt.

Diese nüchterne Darstellung hat einen Grund in Hübners Biographie: "Also ich bin ja in der DDR groß geworden und bin nicht kirchlich groß geworden", so Hübner im BR. "Also die große, weite Welt der Bibel, mit allem, was die Kirche damit versucht hat, zu gestalten oder zu manipulieren, damit hab ich nichts am Hut". Für ihn sei das einfach ein Sinnbild, eine Bündelung unserer Sorgen, Schrecken und Hoffnungen und damit immer Teil des Lebens. "Also ich komme über Gott dann auch wieder bei mir an. Dass wir gehen werden allesamt – dafür braucht man ein Sinnbild".

Abschied von großen Arthouse Filmen

"Sophia, der Tod und ich" wartet immer wieder auch mit Reminiszenzen an berühmte Szenen der Filmgeschichte, besonders an große Arthouse-Produktionen auf. Und das ganz gezielt. Angesichts der großen formalen Veränderungen der Film-Szene – nicht nur im technischen Bereich durch das Digitale, sondern auch durch die neuen Sehgewohnheiten und Erzählstrukturen, die sich durch die Serienproduktion und das Streaming ergeben – begreift Hübner sein Filmdebüt auch als einen Abschied: "Sophia, der Tod und ich" ist für ihn "sozusagen die Gelegenheit, auch da noch mal auf einer ganz anderen Ebene einen Abschiedsfilm zu machen, noch einmal so wachzurütteln, aus eigener Subjektivität heraus. Was sind so die ersten Bilder? 'Jules und Jim', Kaurismäki, Roberto Rodriguez, Andreas Dresen ..."

Diese Reminiszenzen erschienen Hübner richtig, weil Thees Uhlmann in seinem Buch selbst damit spiele: Am Anfang mit den "Marx Brothers" oder den "Meyerowitz Stories" mit Ben Stiller und Adam Sandler und später dann bei der Mutter sei man fast im französischen Arthouse-Film, und dann komme aber "Star Wars". "Ich dachte, das versuchen wir jetzt einfach mal. Also Rock'n'Roll. Wir gucken uns immer an – zu jeder Sequenz – was assoziieren wir? Das probieren wir mal, und wenn es nicht funktioniert, dafür hat man ja ein Gefühl, dann kann man immer noch eine Mitte finden. Der Stoff spielt mit, weil Thees auch ein Punkmusiker ist, ein Rockmusiker mit einer Lässigkeit. Und das sollten wir ausprobieren. Also ist alles in Dur oder doch nur Moll und die Bluenote hintendran, das war so die Aufgabe und das war auch ein großer Spaß".

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