Der Autor mit Schnauzer und schütterem Haar schaut in die Kamera. Schwarzes Hemd, schwarzes Sakko.
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Aufgenommen im Jahr 2002: Der Schriftsteller Bernd Schroeder

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Schriftsteller Bernd Schroeder gestorben

Er war mit Elke Heidenreich verheiratet und schrieb mit ihr den Bestseller "Alte Liebe". Nun ist der bayerische Schriftsteller und Fernsehautor Bernd Schroeder im Alter von 79 Jahren gestorben.

Über dieses Thema berichtet: kulturWelt am .

Bernd Schroeder war niemand, der sich in den Vordergrund drängelte, er war ein bescheidener Mann und schrieb erst spät seinen ersten eigenen Roman: "Versunkenes Land" (1993). Mit seiner ehemaligen Frau Elke Heidenreich hat er die Bestseller "Rudernde Hunde" (2002) sowie "Alte Liebe" (2009) verfasst. Das war lange, nachdem sie sich getrennt hatten. Auch mit dem Kabarettisten Hanns Dieter Hüsch hat er ein Buch gemacht – und mit Dieter Hildebrandt dessen Autobiographie in Form eines Gesprächs: "Ich musste immer lachen" (2006).

Mehrfach ausgezeichnet

Als Autor und Regisseur zahlreicher Hör- und Fernsehspiele erhielt er 1985 den Adolf-Grimme-Preis. 1992 wurde er mit dem Deutschen Filmpreis ausgezeichnet. Am Tag der Preis-Verleihung beendete Schroeder seine Arbeit für Funk und Fernsehen.

"Dass man vergisst, wo man herkommt, das kann ich nicht glauben", sagte er einmal im Gespräch. Geboren im tschechischen Aussig, war er in Oberbayern aufgewachsen: "Ich schreibe ja immer aus dem Steinbruch des eigenen Lebens heraus", betonte Schroeder im Gespräch, und dass er "am Invasionstag, am 6.6.1944" geboren sei.

Die Erfahrung seiner Kindheit im Nachkriegsbayern liegt vor allem auch seinem Roman "Auf Amerika" zugrunde, der dem Autor 2012 auch bei der Kritik viel Anerkennung eintrug.

Ein Flüchtlingskind auf dem bayerischen Land

Dieser autobiographische Roman beleuchtete in kurzen Kapiteln eine Kindheit in Oberbayern: Fürholzen, wo Schroeder in bäurisch geprägter Umgebung im Erdinger Moos seine Kindheit und Jugend verbracht hatte, hieß im Buch schlicht "Hausen".

Schroeder sagte über die Entstehung dieses Romans und seinen Weg zur Literatur: "Ich habe ja 20 Jahre lang Drehbücher und Hörspiele geschrieben und dann erst mit fast 50 angefangen, Prosa zu schreiben. Meinen ersten Roman 'Versunkenes Land' habe ich auch über ein bayerisches Dorf geschrieben, aber über das Dorf in den 70-er Jahren; damals habe mich noch nicht so getraut, direkt über die Kindheit zu schreiben, das ist jetzt erst mit dem Alter gekommen."

Als Flüchtlingskind war Schroeder mit seinen aus Berlin stammenden Eltern im tiefkatholischen Oberbayern gelandet.

Ein "Heidenkind", weil evangelisch, dessen "Paradies im Unterdorf" lag, "zwischen den Schuhschachtelhäusern der Flüchtlinge, wo Zwiebeln, Paprika und Knoblauch als Zöpfe unter den Dächern der Häuser" hingen und wo es "irgendwie anders" roch als im "Oberdorf".

Jean Paul hat gesagt, dass die Erinnerung das einzige Paradies ist, aus dem wir nicht vertrieben werden können – und so erinnerte sich Bernd Schroeder seiner Kindheit in den 50er Jahren auf dem Land. Keineswegs in Form weichzeichnender heimatseliger Sentimentalität.

Da ist die Eisenrieder’sche Klara, die sich von einem Besatzungssoldaten "einen Bankert eingefangen" hatte und deshalb als "Amischicks" galt; der Stoff-Franz, Bauer und Hochzeitslader, und da ist der vom Krieg traumatisierte Messmer-Ludwig, der sich an Jungen verging, in die "Irrenanstalt" kam und sich auf einer Toilette erhängte.

"Der Dialekt ist kräftiger als das Hochdeutsche"

Im Gespräch über seinen Roman "Auf Amerika" hob er hervor, dass man ihn, den Flüchtlingsjungen aus dem Sudetenland, keineswegs ausgrenzte in der neuen Heimat: "Ich zeige – das ist meine ganz persönliche Erfahrung gewesen, die nicht alle Flüchtlingskinder von damals teilen, weil sie anderes erlebt haben –, wie tolerant diese Menschen waren gegenüber Fremden. Wie sie sich auch, soweit es ging, gegen die Nazis wehrten, einen Pfarrer hatten, der sogar ins KZ kam dafür, dass er von der Kanzel gegen die Nazis gepredigt hatte, und die auch später sich von Politikern nichts vormachen ließen, die einfach eine klare, redliche Einstellung zum Leben hatten. Die beschreibe ich doch eigentlich liebevoll. Ich teile nicht, was teilweise immer so geschrieben wird, dieses völlige Denunzieren der Dorfbevölkerung als rückständig, als Sündenpfuhl, das ist bei mir nicht der Fall. Aber das ist halt realistisch."

Schon der Roman-Titel "Auf Amerika" deutet daraufhin, dass dieses Buch der bairischen Mundart viel verdankt – in ihr heißt es eben nicht "Einer geht nach Amerika": "In der Sprache, die nicht die Sprache meiner Eltern war, sagt man: Einer geht auf Amerika. Diese bairische Syntax kennen wir von Oskar Maria Graf oder Marieluise Fließer, die hat auch der Sepp Bierbichler in seinem sehr schönen Roman 'Mittelreich' benutzt. Selbst bei Bertolt Brecht kommen diese Sätze vor – der Dialekt ist einfach kräftiger als die hochdeutsche Sprache."

Zuhause in der dörflichen Welt

"Verlorengegangen" sei ihm sein Hausen über die Jahre, schrieb Schroeder in "Auf Amerika". Mit seinem Roman hatte er das Dorf seiner Kindheit auf wundersame Weise wiedergefunden. Ohnehin war die dörfliche Welt die seine: In einem Bergdorf am Comer See ist Schroeders Erfolgsroman "Die Madonnina" (2001) angesiedelt.

Die Kritik erkannte darin eine "wunderbare Miniatur über das Schweigen", erzählt er darin doch vom Verstummen einer Frau aus dem Dorf, deren Mann einer Touristin in die Großstadt Mailand gefolgt ist, und die nach der Rückkehr des untreuen Gatten nach einigem Zögern wieder spricht und damit ins Leben zurückkehrt.

Am 16. Juni ist Bernd Schroeder im Alter von 79 Jahren gestorben, wie sein Freund Reinhold Joppich, der langjährige Vertriebs- und Verkaufsleiter beim Kölner Verlag Kiepenheuer & Witsch, heute auf Facebook mitteilte und Michael Krüger, ehemaliger Leiter der Carl Hanser Literaturverlage, auf BR-Anfrage bestätigte. Bernd Schroeder hatte seine Bücher bei Kiepenheuer & Witsch veröffentlicht, bevor er zum Münchner Carl Hanser Verlag gewechselt war.

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