Pflanzenkohle als Bodenverbesserer im Obstbau.
Bildrechte: picture alliance / AGRAR-PRESS | Krick

Pflanzenkohle als Bodenverbesserer im Obstbau.

Per Mail sharen
Artikel mit Bild-InhaltenBildbeitrag

Pflanzenkohle: Baustein im Kampf gegen den Klimawandel?

Pflanzenkohle kann Böden verbessern, indem diese mehr Humus aufbauen. Weil sie nur langsam verrottet, speichert sie auch länger CO₂. In Amberg experimentiert Michael Wiederer seit Jahren mit der Kohle – und hat Erfolg. Erste Landwirte sind überzeugt.

Über dieses Thema berichtet: STATIONEN am .

Mit Kohle das Klima schützen, das will Michael Wiederer: Indem das Sedimentgestein nicht verbrannt wird, sondern in den Boden eingelassen wird. In Vilshofen bei Amberg hat er die Firma Carbon Cycle GmbH gegründet, die Pflanzenkohle herstellt. Seine Motivation: "Der Wald ist zum einen Klimaretter, weil er natürlich beim Wuchs sehr viel CO₂ bindet. Und durch unsere Technologie können wir das gespeicherte CO₂ fixieren. Und mit einer Tonne Pflanzenkohle lagern wir hier mit unserer Produktionstechnik 3,1 Tonnen CO₂ dauerhaft im Boden ein."

Wiederer liefert nicht nur an Erdenwerke oder Batteriehersteller weltweit, sondern auch an Landwirte. Wie der ehemalige Bundespolizist auf die Unternehmensidee kam? "Ganz simpel gesagt: bei einer Unterhaltung am Biertisch."

Die Stärken der "schwarzen Erde"

Dabei ging es um das Thema Pflanzenkohle. "Bei der Suche im Internet bin ich darauf gestoßen, welche positiven Eigenschaften dieses Material hat", sagt Wiederer. "'Terra preta' heißt das Stichwort, schwarze Erde. Es ist uralt und vergessen worden." Die "Terra preta" stammt aus Südamerika. Über Jahrhunderte brachten die Indios im Regenwald ihre Abfälle, verbunden mit Holzkohle, in den Boden ein. So entstand eine äußerst fruchtbare Humusschicht.

Heutzutage hat das Einbringen von Pflanzenkohle den Weg in den Koalitionsvertrag in Baden-Württemberg gefunden. Das Bundeslandwirtschaftsministerium und der Deutsche Bauernverband führen derzeit eine Studie zum Humusaufbau durch, bei der auch mit Pflanzenkohle experimentiert wird. Forscher der Universität Gießen beschäftigen sich ebenfalls gerade intensiv damit – auch für den Klimaschutz. Das bayerische Landesamt für Landwirtschaft stellte ebenfalls eine Untersuchung an, ist aber aktuell etwas zurückhaltender, was die positiven Effekte angeht. Es gibt auch Kritiker der Pflanzenkohle. So könne diese etwa mit gefährlichen Stoffen, sogenannten polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK) kontaminiert sein.

Dem entgegnet Wiederer: Seine Kohle sei Bio- und als Tierfutter zertifiziert, Grenzwerte würden weit unterschritten. Entstehende Reststoffe würden rückstandsfrei verbrannt. Die so entstehenden Abwärme nutzt er gleich, um seine Hackschnitzel zu trocknen. Eine geplante neuen Anlage will er ans Fernwärmenetz anschließen, damit jede Energie genutzt wird. Allerdings kennt er die Goldgräberstimmung in der Branche. Da finde man auch Asche von Holzvergaseranlagen auf dem Markt, die weitaus weniger sauber, dafür aber viel billiger angeboten werde. Und was sagen die Anwender?

Pflanzenkohle kommt in der Landwirtschaft zum Einsatz

Albert Fiehl ist weder Indio noch aus Südamerika, sondern Landwirt aus Berngau bei Neumarkt. Doch auch er nutzt die Pflanzenkohle. Zum einen, indem er sie an seine Tiere verfüttert. "Ich streue ins Futter einen Bruchteil an Pflanzenkohle rein. Und im Endeffekt machen die Hühner dann am Schluss mir unentgeltlich einen Kompost daraus", sagt Fiehl. "Ohne Kohle hat man natürlich einen höheren Ammoniumanteil im Stall, das ist belastend für die Atemwege der Tiere."

Anschließend bringt der Landwirt sie auf seinen Feldern aus. Die Kohle soll wegen ihrer porösen Oberfläche auch als Wasserspeicher dienen. Nützliche Mikroben können auf ihr siedeln. Da Kohle nur sehr langsam verrottet, speichert sie das CO₂ im Boden. Und noch mehr: Sie soll helfen, wertvollen Humus aufzubauen, der ebenfalls gut fürs Klima ist. "Für jedes Prozent Humus, das ich mehr im Boden habe, speichere ich 40 Tonnen CO₂."

Fiehl sieht sich als Landwirt in einer besonderen Verantwortung: Klimaschutz vom Wald über die Kohle aufs Feld zu bringen. "Wir sind die Betroffenen, wir sind die Verursacher, und wir sind die, die die Lösung haben. Die Praktiker. Und es wäre an der Zeit, hier umzudenken." Neue Bäume pflanzt Fiehl in ein Depot mit Kohle und Kompost, damit sie besser gedeihen. Diese Methode kann er sich auch für die Bäume im Wald vorstellen.

Im Video: Hobbyköhler stellen im Frankenwald aus Buchenholz Kohle her

Eine uralte Tradition: Hobbyköhler stellen im Frankenwald aus Buchenholz Kohle her.
Bildrechte: BR/ Johannes Winkler
Artikel mit Video-InhaltenVideobeitrag

Eine uralte Tradition: Hobbyköhler stellen im Frankenwald aus Buchenholz Kohle her.

Rund um das Thema "Ist der Wald zu retten?" ging es in der Sendung STATIONEN, am Mittwoch, 27. September 2023 um 19 Uhr im BR Fernsehen und in der ARD Mediathek.

Dieser Artikel ist erstmals am 01. Oktober 2023 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel erneut aktualisiert.

Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.

Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.

Sie interessieren sich für Themen rund um Religion, Kirche, Spiritualität und ethische Fragestellungen? Dann abonnieren Sie unseren Newsletter. Jeden Freitag die wichtigsten Meldungen der Woche direkt in Ihr Postfach. Hier geht's zur Anmeldung.

Sie interessieren sich für Themen rund um Religion, Kirche, Spiritualität und ethische Fragestellungen? Dann abonnieren Sie unseren Newsletter. Jeden Freitag die wichtigsten Meldungen der Woche direkt in Ihr Postfach. Hier geht's zur Anmeldung.