Judith Epstein, Vorsitzende der Gesellschaft zur Förderung jüdischer Kultur und Tradition, auf den Jüdischen Kulturtagen 2022 in München
Bildrechte: picture alliance/dpa | Felix Hörhager

Judith Epstein, Vorsitzende der Gesellschaft zur Förderung jüdischer Kultur und Tradition, auf den Jüdischen Kulturtagen 2022 in München

Per Mail sharen
Artikel mit Audio-InhaltenAudiobeitrag

Nahostkonflikt: Jüdische Kulturtage München wollen Brücken bauen

Die 37. Jüdischen Kulturtage in München geben ab sofort einen Einblick in die Vielfalt und Reichtum jüdischer Kultur und Tradition. Eine Absage wegen der Lage in Nahost sei nicht infrage gekommen, sagt die Veranstalterin. Kultur könne Brücken bauen.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Oberbayern am .

In München haben die 37. Jüdischen Kulturtage begonnen. Bis 11. Dezember geben sie traditionell einen Einblick in die Vielfalt und den Reichtum jüdischer Kultur und Tradition. Angesichts der schrecklichen Geschehnisse in Nahost sagte Veranstalterin Judith Epstein: "Ich denke, Kultur kann in diesen Tagen besänftigen und Brücken bauen." Denn die Sprache der Kultur verbinde.

Eine Absage wegen der Ereignisse in Nahost mit ihren Auswirkungen auch hierzulande sei nicht infrage gekommen, erklärte Epstein im BR: "Nach dem Massaker des 7. Oktobers haben wir unsere Aufgabe dahingehend nochmal neu justiert und wollen die Wertegemeinschaft stärken, mit Aufklärung, mit Begegnung und mit Austausch."

Erinnerung an 1,5 Millionen Kinder als Holocaust-Opfer

Eröffnet werden die Kulturtage mit der Vernissage "Zeichnen gegen das Vergessen" am Abend im Jüdischen Zentrum am St. Jakobsplatz. Auf mannshohen Leinwänden sind dort mit Kohle gemalte Porträts von Kindern in KZ-Kleidung zu sehen. Sie wurden alle von den Nazis ermordet. Die Zeichnungen stammen vom Künstler Manfred Bockelmann, dem Bruder des verstorbenen Sängers Udo Jürgens.

Über seine Bilder-Ausstellung sagte Bockelmann: "Ich möchte diese Kinder zurückholen aus der Dunkelheit und ich werde meine Porträts weiter zeichnen, solange ich kann." Gezeigt wird auch der mehrfach ausgezeichnete Film von Regisseurin Bärbel Jacks über das Kunstprojekt. Er sei "eine Verneigung vor den mehr als 1,5 Millionen Kindern, die von den Nazis ermordet wurden, und erinnert zugleich an die Überlebenden, die mit dem Unbegreiflichen bis heute leben", so die Veranstalter. Die Ausstellung ist nur kurz bis zum 16. November zu sehen.

Erstmals in Deutschland zu sehen: Operation Adolf Eichmann

Eine weitere Ausstellung der Jüdischen Kulturtage gibt Einblicke in die Entdeckung und Ergreifung von Adolf Eichmann, einem der Organisatoren der des Holocaust, in seinem argentinischen Versteck: "Operation Finale: Die Ergreifung & der Prozess von Adolf Eichmann" heißt die Schau. Sie wurde in den USA mit Unterstützung des israelischen Geheimdienstes Mossad und dem Museum des jüdischen Volkes entwickelt. Erstmals ist sie nun in Deutschland zu sehen.

Der Eichmann-Prozess war das erste Strafverfahren gegen einen Holocaust-Täter. In historischer, pädagogischer, juristischer und kultureller Hinsicht verankerte der Prozess den Massenmord an den europäischen Juden im Bewusstsein der Weltöffentlichkeit.

Theater, Filme, Lesungen

Neben Ausstellungen sind aber auch Theaterperfomances, Diskussionsrunden, Filmvorführungen und Lesungen geplant. Unter dem Titel "Ich bin ein Zebra: Eine jüdische Odyssee" liest etwa der Schauspieler und Kabarettist Heinz Marecek aus dem Buch des österreichischen Unternehmers und Publizisten Erwin Javor. Vom osteuropäischen Schtetl und der versunkenen jiddischen Welt dort führt die Zeitreise nach Budapest, Wien und hinein in dessen Kaffeehausliteraten-Kultur bis nach Israel. Javors Eltern, deren Geschichten und Erzählungen über eine heute verlorene Welt haben ihn geprägt, den jüdische Humor und seine Witze hat er verwoben mit persönlichen Anekdoten aus Historie und Familiengeschichte.

Festakt am 29. November

Seit 37 Jahren setzen die Jüdischen Kulturtage München ein Zeichen für Toleranz und damit gegen Rassismus und Antisemitismus. Das Programm wurde wegen des Terroranschlags auf Israel vom 7. Oktober noch einmal angepasst, so die Organisatoren. Höhepunkt der Jüdischen Kulturtage ist der Festakt am 29. November, für den Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter die Schirmherrschaft übernommen hat.

Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!