Hinweisschild zur Kleiderordnung vor dem Petersdom
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Hinweisschild zur Kleiderordnung vor dem Petersdom

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Minirock, Hut und bauchfrei ? Was erlaubt der Kirchenknigge

Gerade im Sommer tragen viele Minirock, Hotpants, Spaghettiträger, Sonnenhüte oder gehen bauchfrei: Doch dürfen Touristen in solcher Kleidung Kirchen, Moscheen oder Synagogen betreten - oder riskieren sie damit sogar ein Hausverbot?

Über dieses Thema berichtet: radioWelt am .

Temperaturen über 30 Grad Celsius vielerorts in Bayern: Alle schwitzen. Da kommt eine kühle Kirche beim Sightseeing gerade recht. Auch Nichtgläubige besuchen im Urlaub gerne bekannte Kirchen, wie die Frauenkirche in München, Notre Dame in Paris oder der Petersdom in Rom. In vielen Kirchen gibt es sogenannte Kirchenschweizer - also Aufseher, die dafür sorgen, dass sich die Besucher angemessen verhalten und gläubige Kirchgänger trotz der Touristen ungestört beten können.

"Wenn Sie in die Kirche kommen, als Tourist oder als Gast, Fotos machen wollen, dann dürfen Sie das gerne machen. Beim Gottesdienst ist das Fotografieren in der Regel verboten, weil es dort einfach die Atmosphäre stört", sagt Judith Seipel, Patoralreferentin und in der Dompfarrei München für die City- und Tourismuspastoral zuständig. Manchen Touristen sei auch nicht bewusst, dass Tiere nicht in Kirchen dürften. "Auch wenn Franziskus gesagt hat, er hat Tiere gerne und er predigt auch zu ihnen, ist es in den Kirchenräumen nicht gerne gesehen", sagt Judith Seipel. Häufig gehe es schlicht und ergreifend darum, dass Kirchen auch sauber gehalten werden müssen.

Keine Jogginghose, kein Baseballcap, keine zerrissenen Jeans

Auf der Website des Petersdoms in Rom wird deutlich kommuniziert, welche Kleiderregeln zu welchem Anlass gelten. "Die grundlegenden Richtlinien schreiben vor, dass Knie und Schultern bedeckt sein müssen". Kurze Hosen und Röcke seien erlaubt, "solange die Knielänge eingehalten wird". Leinenhosen und T-Shirts seien zulässig. Zerrissene Jeans und Jogginghosen sind dagegen nicht gerne gesehen, ebenso wie Männer mit einem Baseballcap oder einem Hut. Männer müssen Kopfbedeckungen vor dem Betreten einer Kirche abnehmen. Anders ist es bei Frauen: Sie dürfen in katholischen Kirchen Hüte tragen. "Warum da unterschieden wird, hängt damit zusammen, wie sich in den vergangenen Jahrhunderten Männer und Frauen bedeckt haben. Bei Männern war es eher ein Zeichen des Respekts und des Vertrauens, den Hut abzunehmen. Und Frauen haben, um ihre Demut und ihr Vertrauen in Gott zu zeigen, den Kopf bedeckt", erklärt die Münchner Pastoralreferentin.

Judith Seipel macht außerdem darauf aufmerksam, dass in Kirchen Essen und Trinken verboten ist - auch eine Kugel Eis darf an heißen Tagen nicht mit in das Gotteshaus genommen werden.

Synagoge Regensburg: Männer müssen Kippa tragen

Nicht nur in christlichen Kirchen gibt es eine Kleiderordnung. Synagogen und Moscheen haben teilweise noch strengere Regeln. In der jüdischen Gemeinde zum Beispiel in Regensburg müssen sich Männer vor Betreten der Synagoge eine Kippa aufsetzen. Das ist Vorschrift. Die Kippa als Kopfbedeckung ist ein Zeichen der Demut und lasse einen nicht vergessen, dass Gott über einem ist. Während Männer verpflichtet sind, zum Gemeinschaftsgebet zu kommen, ist es für Frauen freiwillig. Diese sollen so wenig Haut wie möglich zeigen: Ohne Dekolleté, ohne kurze Ärmel und die Knie müssen bedeckt sein.

In der jüdisch-orthodoxen Synagoge in München gibt es zwei separate Eingänge und Bereiche - für Frauen und Männer. Während des Gottesdienstes darf der Bereich nicht gewechselt werden. Anders als Kirchen sind Synagogen in Deutschland aus Sicherheitsgründen streng bewacht. So einfach hineinspazieren geht also nicht. "Man muss mit dem Rabbinat oder mit unserer Gemeinde reden, muss einen Termin ausmachen. Das ist jederzeit möglich", erklärt Peter Merkin, Vorstandsmitglied der Israelitischen Kultusgemeinde in München. Deshalb gibt es zwar keine Verbote aus religiöser Sicht, aber durchaus aus Sicherheitsgründen.

Synagoge: Festlichere Kleidung am Schabbat

Welche Regeln in einer Synagoge gelten, hängt auch vom Tag ab. An Feiertagen wie an Schabbat gelten strengere Kleiderregeln als an normalen Wochentagen. Während unter der Woche normale Kleidung völlig ausreichend sei, werde an Feiertagen festlichere Kleidung erwartet. "Wenn Sie beim englischen König eingeladen sind, werden Sie sich bestimmt entsprechend kleiden und so macht man das auch in Synagogen", vergleicht Merkin.

In der jüdisch-orthodoxen Gemeinde werde außerdem ein Unterschied zwischen Gemeindemitgliedern und Besuchern bzw. Touristen gemacht. Für Besucherinnen sei das Tragen einer langen Hose völlig in Ordnung, während weibliche Gemeindemitglieder mit Hose schon mal einen skeptischen Blick ernten können. Ebenso müssten verheiratete Jüdinnen in der Synagoge eine Kopfbedeckung tragen. Abgesehen davon ist die Kleiderordnung in einer Synagoge mit der in einer Kirche oder einer Moschee vergleichbar. Zu einer angemessenen Kleidung gehören T-Shirts, Kleider und Röcke, die Knie, Schultern und Ellenbogen bedecken.

Moschee: Frauen müssen Kopftuch tragen

In den deutschen Moscheen ähneln die Kleidervorschriften denen von Katholiken und Juden. Während in muslimischen Ländern, zum Beispiel in Marokko, in vielen Moscheen Frauen Kopftuch tragen müssen, ist das in vielen deutschen Moscheen keine Pflicht. "Das ist zwar eine nette Geste, wenn es freiwillig und aus Respekt gegenüber einer Gebetsstätte und den Gläubigen gemacht wird, aber Pflicht ist es nicht", heißt es auf einer Website, die den Tag der offenen Moschee bewirbt. Trotzdem wird empfohlen, keine aufreizende Kleidung anzuziehen. Manche Moscheen haben noch detailliertere Regeln: keine Dekolletés, keine Miniröcke, keine Strandkleidung. Am Eingang der Moschee müssen außerdem die Schuhe ausgezogen werden.

Egal ob man eine Kirche, eine Moschee oder eine Synagoge besucht - Touristen sollten sich immer bewusst sein, dass es sich dabei um ein Gotteshaus und einen Gebetsort handelt und nicht um ein Museum. "In einer Kirche ist jeder herzlich willkommen und eine Kirche ist ein Haus, in dem Gläubige ihre Beziehung zu Gott leben. Das heißt, wenn man in eine Kirche kommt, sollte man genau das respektieren", sagt Judith Seipel. Deshalb sollte das Herumlaufen und Fotografieren auf ein Minimum beschränkt werden. Doch selbst wenn man mit Spaghettiträger-Tops oder einem Minirock in der Frauenkirche "erwischt" wird - Hausverbot bekomme man dafür nicht.

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