KI-Nachrichtensprecher im chinesischen Fernsehen 2018.
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KI-Nachrichtensprecher im chinesischen Fernsehen 2018.

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KI und Journalismus: Chance oder echte Gefahr?

Künstliche Intelligenz halluziniert falsche Fakten, ist voreingenommen und hat keinen Begriff von Wahrheit. Kann ihr Einsatz im Journalismus dennoch Vorteile haben?

Über dieses Thema berichtet: kulturWelt am .

Ein Artikel über künstliche Intelligenz im Journalismus muss natürlich so anfangen: Frage an den Bing-Chatbot: "Schreibe mir einen Text fürs Radio zum Thema Künstliche Intelligenz im Journalismus!"

"Guten Morgen, liebe Hörerinnen und Hörer, heute wollen wir uns mit einem spannenden Thema beschäftigen: Künstliche Intelligenz im Journalismus. KI kann einen ausgewogenen, vertrauenswürdigen Journalismus im digitalen Zeitalter unterstützen. Selbstlernende KI Systeme entlasten Journalistinnen und Journalisten bei Recherche, Verbreitung sowie dem Erstellen von Medieninhalten und schaffen so Freiräume für hochwertige journalistische Tätigkeiten."

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KI kennt keine Wahrheit

Texte, verfasst von KI, gibt es im Journalismus bereits. Nachrichtenagenturen experimentieren dabei zum Beispiel für die Quartals-Berichterstattung, bei der man vor allem viele Zahlen zusammenfassen muss. Die Vorteile von KI für Verlage und Medienhäuser liegen auf der Hand: Weniger Personalkosten, mehr Effizienz. Das US-Tech-Magazin CNET hat im vergangenen Jahr ebenfalls Texte mithilfe von KI schreiben lassen. Allerdings schlichen sich sehr bald viele Fehler ein, die KI kopierte Texte auch aus Quellen heraus und verletzte damit das Urheberrecht. CNET stellte die KI generierten Texte wieder ein.

Es gebe absolut keine Garantie, dass Texte von KI auch wahr sind, sagt Meredith Broussard. Sie ist Datenjournalisten an der New York University und beschäftigt sich mit den Schattenseiten von künstlicher Intelligenz. Das Problem sei, dass Künstliche Intelligenz Texte verarbeitet, aber nicht bewerten könne, was vertrauenswürdige Quellen sind. Chat-GPT und andere KI-Sprachmodelle halluzinierten oft, sagt sie. Sie würden also Unwahrheiten in Texte schreiben.

Computer sind nicht neutral

Broussard neues Buch "More than a glitch" beschäftigt sich auch mit dem Problem von Bias in KI, also Vorurteilen: "Was ich in dem Buch aufgreife, ist eine Idee, die ich Tech-Chauvinismus nenne", erklärt Broussard, "also eine Art Pro-Computer-Voreingenommenheit. Diese besagt, dass technologische Lösungen anderen überlegen sind. Dass Computer objektiv, neutral und unvoreingenommen sind. Und das ist eben nicht wahr. Was in technologischen Systemen passiert ist, dass der Code die bewussten und unbewussten Vorurteile der Schöpfer übernimmt."

Und das seien immer noch - vor allem in der Tech-Industrie - weiße Männer, meint Broussard. Ob Rassismus oder Sexismus: Die KI wird mit dem Wissen über die Welt gefüttert, und damit auch mit Problemen, die in unserer Welt bestehen. Und diese Voreingenommenheit kann wiederum in die computergenerierten Texte einfließen.

Vertrauen als Geschäftsmodell

Nicht nur Texte können im Journalismus mit KI erstellt werden, auch Nachrichtensprecher. Schon 2018 präsentierte eine chinesische Nachrichtenagentur Avatare von Nachrichtensprechern. Die immer realistischeren KI-Avatare, -Videos oder auch -Bilder bergen das Potenzial, missbraucht zu werden für Fake News und Propaganda.

Journalisten müssen in Zukunft neue Werkzeuge nutzen, um Fake-Videos und computergenerierte Bilder von echten zu unterscheiden. Für die Presse stehe einiges auf dem Spiel, meint Journalistin Broussard: "Nachrichtenorganisationen müssen darüber nachdenken, wie sehr ihnen ihre Leser vertrauen. Vertrauen ist dabei ein Geschäftsmodell. Denn wenn wir Organisation haben, die nur KI-generierte Unwahrheiten und Unsinn verbreiten, wird das unser kollektives Informations-Ökosystem verstopfen und unbrauchbar machen."

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