Der Eingang des Staatstheaters Nürnberg mit einem Transparent mit der Aufschrift "Kein Schlussstrich".
Bildrechte: Staatstheater Nürnberg/David Klumpp

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"Kein Schlussstrich!": Theaterprojekt zum NSU in Nürnberg

"Kein Schlussstrich!" fordert ein bundesweites Theaterprojekt. Gemeint ist, dass der rechtsterroristische NSU-Komplex noch lange nicht aufgeklärt ist. Auch Nürnberg ist beim Projekt dabei – schließlich gab es hier gleich drei Opfer des NSU.

Zehn Menschen sind den Rechtsterroristen des NSU zum Opfer gefallen, drei davon in Nürnberg – Enver Şimşek, Abdurrahim Özüdoğru und İsmail Yaşar. Auch mit den Urteilen im Münchner NSU-Prozess sind die Taten aus Sicht der Macher des bundesweiten Theaterprojekts noch nicht vollständig aufgeklärt. In 15 Städten in Deutschland haben deshalb Theater und andere Organisationen ein umfangreiches Programm auf die Beine gestellt. Die Forderung an das Publikum: Stellt euch Rassismus und Antisemitismus entgegen. In Bayern sind Nürnberg und München mit dabei.

Drei Stücke von Elfriede Jelinek in 3,5 Stunden

Das Staatstheater Nürnberg wartet mit einer Premiere aus drei Werken der Literaturnobelpreisträgerin Elfriede Jelinek auf. Der Direktor des Schauspielhauses, Jan-Philipp Gloger, führt in einer Marathonaufführung die Stücke "Wolken.Heim", "Rechnitz (Der Würgeengel)" und "Das schweigende Mädchen" zusammen. Die Stücke werden streng hintereinander gespielt, freilich mit Kürzungen. Glogers Ziel ist es, die rechten bis rechtextremen Kontinuitäten der deutschen Geschichte bis heute aufzuzeigen. Es geht um die Geistesgeschichte von Rassismus und Faschismus im deutschen Idealismus, um die Gräueltaten der Nazis und um den NSU-Prozess.

Nürnberg hat "immense Nazi-Geschichte"

Dass es eine mit dreieinhalb Stunden durchaus lange und gehaltvolle Aufführung wird, hat nach Ansicht des Schauspieldirektors seine Berechtigung. Nürnberg habe eine "immense Nazi-Geschichte", und hier habe "der NSU mithin am heftigsten sein Unwesen getrieben", erinnert Gloger. Die Premiere ist heute Abend um 18.30 Uhr im Staatstheater Nürnberg.

Bildrechte: Staatstheater Nürnberg/Konrad Fersterer
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Im Staatstheater Nürnberg werden im Rahmen des Theaterprojekts "Kein Schlussstrich!" drei Stücke von Elfriede Jelinek gezeigt.

Weshalb haben sich die NSU-Mitglieder radikalisiert?

Im Foyer des Schauspielhauses widmet sich eine multimediale Ausstellung dem Thema. Die Schau "Offener Prozess" fragt: Was ist verkehrt gelaufen, dass sich Neonazis für eine beispiellose Mordserie an Migranten und einer deutschen Polizistin radikalisiert haben? Betroffene und zivilgesellschaftliche Initiativen, die gegen strukturellen und institutionellen Rassismus ankämpfen, versuchen, darauf Antworten zu geben. Die von der Kasseler Pädagogin und Aktivistin Ayşe Güleç kuratierte Ausstellung präsentiert Lebenswege, Erfahrungen und Erinnerungen von Menschen, die zum Ziel von Diskriminierung und Gewalt geworden sind – auch auf Türkisch, Arabisch und Englisch.

Wanderausstellung wächst von Ort zu Ort

Die Schau soll einen Beitrag dazu leisten, dass die Ursachen, die den NSU möglich gemacht haben, aufgearbeitet werden. Dem Namen der Wanderausstellung entsprechend versteht sie sich als offener Prozess, bei dem immer wieder auch weitere Institutionen Anregungen geben und mitarbeiten dürfen, erläutert Hannah Zimmermann vom Trägerverein der Ausstellung, ASA-FF e.V. in Chemnitz. So könne die Wanderausstellung wachsen, sich verändern und weiterentwickeln.

Diskussionen an den Schlüsselorten des NSU-Komplexes

Die in Berlin lebende Schauspielerin und Kabarettistin Idil Baydar reist zu 15 Schlüsselorten des NSU-Komplexes. Am 3. November kommt sie auch nach Nürnberg. Auf ihrer Reise fragt sie gerade hier – wo es die meisten NSU-Opfer zu beklagen gibt – wie es um Gedenken, Aufarbeitung und Verantwortung bestellt ist.

Live-Oratorium aus Nürnberg und Jena

Ein Höhepunkt des Projekts "Kein Schlusstrich!" soll das Oratorium mit dem Titel "Manifest(O)" werden. Es wird in sieben öffentliche Orte in Deutschland übertragen. Die Konzertmusik kommt aus Jena und Nürnberg zugleich. In allen sieben Städten werden begleitend dazu Teile eines Performanceprogramms auf Videoleinwänden gezeigt. Die Idee dahinter ist es, Orte, Haltungen, Kulturen, Musiker und das Publikum miteinander zu verbinden, heißt es im Programmtext.

Mehr Informationen über das Programm und inhaltliche Hintergründe sind auf der Website www.kein-schlusstrich.de zu finden. Gefördert wird das Theaterprojekt insbesondere von der Kulturstiftung des Bundes und dem Bundesfamilienministerium.

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