Schüler in einem Klassenzimmer
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"Host mi?" Bairisch-Unterricht an der Volkshochschule

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"Host mi?" Bairisch-Unterricht an der Volkshochschule

Helmut Ettenhuber kämpft gegen das Verschwinden des bairischen Dialekts. An der Münchner Volkshochschule gibt er Bairisch-Unterricht. Seine Beobachtung: Ausländischen Mitbürgern fällt das Dialektlernen leichter als Muttersprachlern.

Über dieses Thema berichtet: Capriccio am .

Doppelstunde Bairisch an der Münchner Volkshochschule. Eine Schülerin liest einen Beispielsatz aus dem Lehrmaterial vor: "Wenn er ned so vui saufad, schaugata bessa aus." Etwas hart für Dialektsprecherohren klingt das noch, aber eigentlich schon ganz gut. Helmut Ettenhuber wiederholt die Schlusssequenz in seinem sonoren Münchnerisch. "Schaugata bessa aus, ganz genau!"

Helmut Ettenhuber ist studierter Dolmetscher, ein sympathischer älterer Herr mit grauem Almöhi-Bart. Früher war er Reiseleiter für Fernreisen. Neben Englisch und Deutsch als Fremdsprache unterrichtet er jetzt an der Münchner Volkshochschule seit 18 Jahren auch seine Muttersprache: Bairisch. Genauer: Münchnerisch. Seine Schüler sind international, wie er sagt. "Die größte Gruppe sind Leute, die nicht Deutsch als Muttersprache haben." Marta aus der Ukraine, George aus Ecuador oder Nermina aus Bosnien-Herzegowina zum Beispiel.

Bairisch für Neubürger und Wieder-Lernerinnen

"Die zweite Gruppe sind relativ junge, bairische Leute, so um die 30 oder 40, die Bairisch sprechende Eltern hatten und denen es in ihrer Jugend ausgetrieben wurde. Sowohl von den Eltern als auch von der Schule", sagt Ettenhuber. Wer bei ihm Bairisch lernen will, muss Aussprache, Vokabeln und Grammatik pauken. Wie bei jedem anderen Fremdsprachenkurs auch.

"Hinab heißt auf bairisch 'ab hin', also 'obi''. Und herab heißt auf bairisch 'ab her', also 'oba'. Das ist Struktur!" Das verstünden Ausländer teilweise besser als Muttersprachler. Am schwersten mit der bairischen Aussprache tun sich Rheinländer, sagt Ettenhuber. Die kriegen Ihr "L" nicht weg. Gefolgt von den Norddeutschen, die das rollende "R" nicht hinbekommen.

Dialektlernen als Mittel zur Integration

Marta aus der Ukraine hat es da einfacher: "Gangs am nächsten Donnerstag? Des war ma recht, des passad guad, wenns eana recht war, kamad i umara hoibe zwoa. Pfiat eana und Dankschee." "Pfenningguad" findet Ettenhuber ihre Performance.

Marta hat sich angemeldet, weil sie die Programme von bairischen Kabarettisten besser verstehen wollte. "Also für mich ist es tatsächlich auch ein Ankommen. Ich lebe seit 30 Jahren in Deutschland, aber kann auch nach 30 Jahren ankommen." Sie empfindet Bairisch als ist eine sehr warme Sprache. "Deutsch hat so ein bisschen was Hartes. So ein bisschen Befehlston, so ganz leicht. Bairisch ist einfach so herzlich!"

Ole ist in Hamburg aufgewachsen und wohnt jetzt im Chiemgau. Der Bairischkurs ist für ihn ein Schritt auf dem Weg zur Integration in der neuen Heimat: "Man hat ein besseres Gefühl mit den Leuten. Man kennt die Sprüche, die genutzt werden, die Höflichkeitsform. Man versteht die Verben."

Verschwindet der Dialekt?

Eigentlich sprechen immer weniger Menschen Dialekt. Vor allem in den Großstädten. Die Unesco stufte 2009 Bairisch sogar als gefährdete Sprache ein. Helmut Ettenhuber hält da mit seinem Bairisch-Kurs dagegen. Gleichzeitig sagt er: "Ich bin nicht so pessimistisch, weil Sprachen ändern sich und das Bairische, das Münchnerische, wird sich auch ändern." Er verweist auf die geschmeidige Überführung von Anglizismen in den Dialekt. Wie selbstverständlich werde heute etwa vom "E-Baik" gesprochen. Oder es sei eben "ois easy". Bairisch lebt! Vor allem im Kurs von Helmut Ettenhuber.

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