Gerhard Henschel , aufgenommen im Oktober 2015, auf der 67. Frankfurter Buchmesse
Bildrechte: picture alliance / Uwe Zucchi | Uwe Zucchi

Gerhard Henschel , aufgenommen im Oktober 2015, auf der 67. Frankfurter Buchmesse

Per Mail sharen
Artikel mit Audio-InhaltenAudiobeitrag

Große Satire: Gerhard Henschel fälscht russische Fake News

Der Kampf gegen Propaganda ist zäh. Ihr mit der Wahrheit beizukommen, ist schwierig. Spott indes trifft sofort, weiß der Schriftsteller Gerhard Henschel und präsentiert in seinem Buch falsche Fake News des russischen Geheimdienstes. Eine Rezension.

Über dieses Thema berichtet: kulturWelt am .

Die Propaganda im russischen Staatsfernsehen ist in vielen Fällen eine Steilvorlage für Satiriker. Der Schriftsteller Gerhard Henschel findet einen kongenialen Hebel, allen russischen Ernst mit den Mitteln des Humors, des Schalks und des Schabernacks zu überführen. Er hatte schon die angeblichen Tagebücher von US-Präsident Donald Trump mit gehobenem Unernst gefälscht. "Putins nutzlose Idioten" heißt nun sein neuestes, reich bebildertes Buch, das im Untertitel "Die schlechtesten Fälschungen des russischen Geheimdienstes" ankündigt. Eine Buchrezension.

Schwer für den Satiriker, die Realität zu toppen

Weder Titel noch Vorwort geben einen Hinweis darauf, dass das Buch Satire ist, dass es Fälschungen von russischen Fake-News präsentiert. Der Autor schlüpft dabei in die Rolle eines fiktiven Ermittlers und Investigativ-Journalisten: Er konsultiert vermeintliche Experten, sieht angebliche Vernehmungsprotokolle des BND ein, hat fiktiven Zugriff auf sehr viel Fotomaterial und ist bestens vernetzt. Das erlaubt es ihm scheinbar, die manipulativen Einmischungen des russischen Geheimdienstes aufzudecken.

Sogar ihm als Satiriker sei es nicht leicht gefallen, die Realität noch zu überbieten, sagt Henschel im Interview mit dem BR. "Ich habe es immer mal wieder versucht, aber ich habe inzwischen tatsächlich eingesehen, dass der russische Geheimdienst mir da in vielem überlegen ist." Also erfindet Gerhard Henschel besonders miserable Fälschungen: Da tritt etwa ein hageres Männchen im Ersten Kanal des russischen Staatsfernsehens auf und gibt vor, Iwan Rebroff zu sein, der Lieblingsrusse der Deutschen, der eigentlich Hans Rolf Rippert hieß, aber schön kosakisch von der Wolga und der Mamotschka sang.

Einzige Ähnlichkeit des Männchens mit Rebroff: die Kosakenmütze. Dazu erläutert der Text: "Dummerwiese war Ivan Rebreoff jedoch bereits im Februar 2008 gestorben. Bei dem Mann, der sich auf Geheiß des russischen Geheimdienstes FSB als Rebroff ausgab, handelte es sich in Wahrheit um Pjotr Paustovsky, einem Rebroff nur sehr mäßig ähnelnden Hühnerzüchter aus einem Vorort der südwestrussischen Stadt Schelesnogorsk in der Oblast Kursk. Vor 20 Jahren war er bei einem Iwan-Rebroff-Ähnlichkeitswettbewerb in seiner Heimatstadt bereits in der Vorrunde ausgeschieden."

Dicht an der irren Wirklichkeit

Humor für Fortgeschrittene: Henschel stößt mitten hinein in den Machtapparat von Wladimir Putin. Denn er macht sich genau dieselben Methoden der Propaganda und des Geheimdienstes zu eigen und führt sie ad absurdum. Putin sei nun mal ein Tyrann, meint Henschel. Es bereite ihm deshalb großes Vergnügen, ihn und seine Leute auszulachen. Und das gelingt ihm auch – immer dicht an der irren Wirklichkeit, die aufgehoben wird in feinste Satire und Humor.

Gerhard Henschels "Putins nutzlose Idioten. Die schlechtesten Fälschungen des russischen Geheimdienstes" ist bei Hoffmann und Campe erschienen und kostet 22 Euro.

Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.

Verpassen war gestern, der BR Kultur-Newsletter ist heute: Einmal die Woche mit Kultur-Sendungen und -Podcasts, aktuellen Debatten und großen Kulturdokumentationen. Hier geht's zur Anmeldung!