Fanny Ardent (l.) und Melvil Poupaud
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Fanny Ardent (l.) und Melvil Poupaud

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"Im Herzen jung": Französisches Liebesdrama mit Fanny Ardant

Sie 70, er 45: Regisseurin Carine Tardieu erzählt in ihrem neuen Film "Im Herzen jung" von einer unwahrscheinlichen Liebe. Das pilchert stellenweise ein bisschen, doch die Darsteller, allen voran die fantastische Fanny Ardant, retten den Film.

Über dieses Thema berichtet: kulturWelt am .

Manchmal ist es nur ein Lächeln. Ein Blick, der die Welt kurz stillstehen lässt. Oder ein Gespräch, das lange nachhallt. Wann und warum sich zwei Menschen ineinander verlieben, können sie oft nicht mal selbst erklären. Müssen sie auch nicht. Normalerweise. Ist ihre Beziehung in mehrfacher Hinsicht ein Tabubruch, wird die Sache komplizierter. Von einer solchen Liaison erzählt das französische Drama "Im Herzen jung".

Eine unwahrscheinliche Liebe

Shauna ist 70 und wird von Pierre, einem 25 Jahre jüngeren Arzt, umgarnt. Er ist glücklich verheiratet, hat zwei Kinder. Und dennoch fühlt er sich wie magisch angezogen von dieser verwitweten Architektin, die mit der Liebe schon lange abgeschlossen hat. Sie ist kein Vamp, sondern eine elegante, in sich ruhende Frau, perfekt besetzt mit Fanny Ardant, einer der Grande Dames des französischen Kinos.

Während ihrer Ehe wurde Shauna ignoriert und betrogen, ihren Stolz aber hat sie sich bewahrt. Ihre Unabhängigkeit trägt sie wie eine unsichtbare Rüstung, ihre Lebensdevise hat sie in ein Buch notiert: "Ich möchte lernen, zu denken. Denken, um zu leben. Leben, um zu lernen. Und das mit stets neuer Einsicht, Liebe und neuem Verständnis."

Zeigen statt erklären

Den Zauber der Anziehung inszeniert Regisseurin Carine Tardieu äußerst sensibel. Geschickt lenkt sie so das Publikum, das diese sich urplötzlich und allen Widrigkeiten zum Trotz entwickelnde Beziehung zunächst von oben herab beurteilt. Erklärende Dialoge sind selten, viel funktioniert über nonverbale Kommunikation: Sie lässt Pierre vor dem ersten Date euphorisch durch die Straßen von Paris rennen, zeigt Shaunas glückliche Unbeholfenheit vor dem ersten Kuss in einer dunklen Seitenstraße, ihre Scham, den nicht mehr jungen Körper nach Jahren des Alleinseins wieder einem anderen zu zeigen.

Potenziert wird das Auf und Ab der Emotionen durch das familiäre Umfeld der beiden. Pierre zum Beispiel will ehrlich sein zu seiner Frau, nicht im Verborgenen agieren, wie es noch Shaunas Ehemann eine Generation zuvor getan hat. Doch als er zur Beichte ansetzen will, wird diese schroff abgewiesen. Er sei der Mann ihres Lebens, sagt sie ihm. Was diese Idee gefährdet, muss unsichtbar bleiben.

Fanny Ardant und Melvil Poupaud tragen den Film

Shauna wiederum ist hin- und hergerissen zwischen dem eigenen Glück und der Sorge, ihre Tochter zu verletzen, die selbst seit Jahren Single ist und gerade eine Krise durchmacht. Und just in dem Moment, als Shauna aufzublühen beginnt, erhält sie eine lebensverändernde Diagnose.

Vieles an "Im Herzen jung" erinnert an einen Rosamunde-Pilcher-Roman, insbesondere eine Szene vor malerischer Kulisse in Irland. Doch obwohl die Grenze zum Kitsch oft greifbar nah ist, fasziniert das Melodrama bis zum Schluss. Großen Anteil daran hat neben der zurückhaltenden Inszenierung von Carine Tardieu die Chemie zwischen den beiden Darstellern. Arthouse-Star Melvil Poupaud und die 74-jährige Fanny Ardant sind der Anker des Films, der auf die typisch französische Freizügigkeit verzichtet und stattdessen psychologische und gesellschaftliche Aspekte beleuchtet, die das Für und Wider einer Beziehung definieren. Allein schon diese analytische Perspektive macht "Im Herzen jung" sehenswert.

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