Das älteste Hochhaus in Erlangen.
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In Erlangen steht eines der ersten Hochhäuser Bayerns. Trotz moderner Sanierung in den vergangenen zwei Jahren wurde der Altbau-Charme erhalten.

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Erstes Appartementhaus – modernes Wohnen im 1950er-Jahre-Flair

Erbaut wurde das Erlanger Hochhaus einst als Junggesellenwohnheim für Siemens-Mitarbeiter. Jede Wohnung verfügte über einen Balkon und ein Badezimmer – damals ein Novum. Jetzt wurde das Haus saniert und technisch erneuert, der Charme aber blieb.

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Als das Haus 1956 in der Paul-Gossen-Straße gebaut wurde, ragte es hoch über Erlangen auf – es war eines der ersten Appartement-Hochhäuser überhaupt in Bayern. Siemens hatte den Bau in Auftrag gegeben, als Wohnhaus für seine (männlichen) Mitarbeiter.

Damals war das Haus hochmodern: Jede Wohnung verfügte über Einbauschränke, ein eigenes Bad und einen Balkon. In den vergangenen zwei Jahren wurde das Haus saniert. Jetzt verfügt jede Wohnung über eine Einbauküche mit Induktionsherd und Glasfaseranschluss. Doch der Charme und viele Details des Baus aus den 1950er-Jahren wurden erhalten. Das war dem Bezirk Mittelfranken eine Prämierung des Denkmals wert.

Wohnheim für Junggesellen

Siemens hat das Haus von einem Architekten aus einem eigenen Baubüro entwerfen lassen, als Wohnheim für Junggesellen – die Bewohner mussten männlich, ledig und Siemens-Mitarbeiter sein, erzählt Karl Gattinger vom Landesamt für Denkmalpflege. "Mit dem Haus wollte Siemens auch ein Statement für den Standort Erlangen abgeben. Es war damals schon eine Aussage für den Wirtschaftsstandort, hier ein elfgeschossiges Wohnhaus mit über 80 Wohneinheiten hinzustellen." Dadurch hat das Haus eine geschichtliche Bedeutung, weil es am Anfang von Erlangen als Industrie- und Siemensstadt steht, so Gattinger.

Klimaschonende Sanierung

Vor zwei Jahren wurde das inzwischen abgewohnte Objekt saniert und damit energetisch und technisch auf den neuesten Stand gebracht. Die historische Fassade mit den roten Balkonen blieb zwar erhalten. Doch auf dem Dach gibt es nun eine Photovoltaikanlage, die Originaltüren und -fenster wurden von außen zweifach verglast, die Gasheizung durch Fernwärme ersetzt. Das Haus erfüllt nicht die Energiestandards eine Neubaus – doch die Emissionen bei einem Beton-Neubau in dieser Größe wären immens. Deshalb geht der Trend dahin, bestehende Gebäude zu erhalten.

Wohnungen mit Einbauschrank und Glasfaseranschluss

Auch beim Innenleben der Wohnungen wurde einerseits auf modernen Komfort geachtet, andererseits sollte möglichst viel von den Originaleinbauten erhalten werden. So wurden die Einbauschränke im Eingangsbereich einer jeden Wohnung nur neu gestrichen. Auch Türgriffe und Fensterheber sind noch original. Das Treppenhaus und die Flure strahlen ebenfalls noch das 1950er-Jahre-Flair aus. So wurden beispielsweise alte Sicherungskästen zwar stillgelegt, aber hinter Glas sichtbar erhalten. Gleichzeitig verfügen alle Wohnungen heute über eine Videogegensprechanlage, Glasfaseranschluss und Multifunktionsbacköfen.

Denkmalprämie für Mid-Century-Flair

Weil diese Sanierung im Einklang mit den Denkmalschutzvorgaben gelungen ist, wurde der Bau im Februar vom Bezirk Mittelfranken ausgezeichnet. In der Würdigung des Bezirkes heißt es: "Zusätzlich baute man ins Erdgeschoss, wo vorher Hausmeisterwohnung und Keller lagen, sechs neue Appartements ein. In Zeiten der Wohnungsknappheit war die Revitalisierung des außergewöhnlichen Wohnturms absolut sinnvoll. Das gelang unter Beibehaltung des Mid-Century-Flairs des Baudenkmals, der erst seit wenigen Jahren steigende Wertschätzung erfährt." Es werde damit ein wichtiger stadt-, wirtschafts- und sozialgeschichtlicher Zeuge gesichert, der in der Formensprache seiner Zeit für den Aufstieg Erlangens zur Großstadt steht.

Modernes Wohnen für Expats aus aller Welt

Auch nach der Sanierung sind im vergangenen Jahr wieder hauptsächlich Siemens-Mitarbeitende eingezogen – denn das Haus liegt für sie sehr günstig, direkt gegenüber dem neuen Siemens Campus. Doch heute sind es überwiegend internationale Mitarbeiter, sogenannte Expats, die vorübergehend in Deutschland sind. Sie kommen aus China, Indien oder Nordamerika und bleiben oft nur für sechs bis zwölf Monate. Deshalb sind alle Appartements möbliert. Auf Wunsch stellt die Immobilienfirma sogar Startersets mit Bettwäsche, Geschirr und allem, was man für das Wohnen auf Zeit braucht, zur Verfügung.

Ein Quartiermanager kümmert sich um alle Belange – diese können ihm per App mitgeteilt werden. Egal, ob in ihrer Wohnung etwas repariert werden muss oder ein Paket erwartet wird. Die rund 30 Quadratmeter großen Appartements kosten rund 700 Euro Miete pro Monat und stehen heute jedem offen, egal wo er herkommt, welches Geschlecht jemand hat und wer der Arbeitgeber ist. Die Zeiten, in denen hier nur Junggesellen von Siemens wohnen durften, sind vorbei.

Blick von unten auf eines der ersten Appartementhäuser in Bayern, 1956 von Siemens errichtet.
Bildrechte: BR/Julia Demel
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Das erste Hochhaus in Erlangen aus den 1950er Jahren hat eine Denkmalprämierung erhalten.

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