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Archivbild aus Deutschland: Warnhinweis für Alkohol

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Warnhinweise: Wie Irland beim Kampf gegen Alkohol vorangeht

Auf Zigarettenschachteln sind Schockbilder seit Jahren Standard. Übertragen werden soll diese Art von Warnung auch auf Alkohol, daran arbeitet die EU. Dem irischen Gesundheitsminister geht das zu langsam. Nun prescht er nach vorn – und erntet Kritik.

Über dieses Thema berichtet: BAYERN 3-Nachrichten am .

Stephen Donnelly, Irlands Gesundheitsminister, sorgt für Schlagzeilen und Diskussionen in Europa. Schon im Mai 2023 unterzeichnete er die "Public Health Alcohol Labeling Regulations 2023". Das Gesetz schreibt vor, in Zukunft alkoholische Getränke mit Warnhinweisen zu Gesundheitsrisiken zu kennzeichnen.

Zwar gibt es zum Beispiel in Frankreich schon seit dem Jahr 2007 auf Wein Warnhinweise für Schwangere. Die irischen Vorschriften sollen aber deutlich weitergehen, richten sich an alle Konsumenten und gelten für alle alkoholischen Getränke.

Lob dafür kommt von der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Auch Burkhard Blienert, Sucht- und Drogenbeauftragter der Bundesregierung, sieht im irischen Vorstoß einen Schritt in die richtige Richtung.

Konkrete Warnhinweise in Irland ab 2026

Ab dem 22. Mai 2026 muss in Irland auf den Getränken vor alkoholbedingten Leberschäden, dem Zusammenhang zwischen Alkohol und Krebserkrankungen und den Risiken des Alkoholkonsums bei Schwangerschaften gewarnt werden. Für weitere Informationen wird zusätzlich die Adresse "Visit www.askaboutalcohol.ie" aufgedruckt. Bei Online-Angeboten alkoholischer Getränke soll auch die jeweils enthaltene Menge Alkohol in Gramm und die Energiemenge in Kilojoule ausgewiesen werden.

Schon im vergangenen Jahr hatte der irische Gesetzesvorschlag eine wichtige Hürde innerhalb der EU erfolgreich durchlaufen, das sogenannte TRIS-Notifikationsverfahren. Dabei sollen mögliche Hemmnisse für den europäischen Binnenmarkt durch nationale Regelungen und Gesetze bereits im Vorfeld ausgeräumt werden.

Kritik: Verstoß gegen EU-Harmonisierung und Vorschriften

Kritik daran hatte es von einigen EU-Ländern und vielen Branchenverbänden gegeben. Der Alleingang Irlands widerspräche der gesetzlichen Harmonisierung in der EU, führt der Deutsche Weinbauverband in seiner Stellungnahme an. Außerdem verstoße das Gesetz gegen geltende EU-Rechtsvorschriften, verhindere den freien Warenverkehr und tangiere den Handlungsspielraum von Herstellern und Verbrauchern. Die vorgeschriebenen Maßnahmen seien nicht verhältnismäßig, es fehle die Abgrenzung zwischen moderatem Konsum und Alkoholmissbrauch.

Warnhinweise auf Zigaretten: Ein wirksames Vorbild?

Vorbild für die Maßnahmen Irlands waren unter anderem die Warnhinweise und Schockbilder auf Tabakerzeugnissen. Die wurden 2016 aufgrund einer EU-Richtlinie auch in Deutschland eingeführt. Schon 2017 hatte der wissenschaftliche Dienst des Bundestages unterschiedliche Studien zusammengestellt, die Wirkungen bildlicher Warnhinweise belegen.

Der Anteil der rauchenden Jugendlichen ist laut Deutschem Tabakatlas in den zurückliegenden Jahren deutlich gesunken. Auch aktuell gebe es einige Studien, die den Einfluss der Warnhinweise und Schockbilder einbeziehen, erklärt Claas Germelmann, Professor am Lehrstuhl für Marketing und Konsumverhalten der Universität Bayreuth. Doch wie groß der Effekt speziell dieser Maßnahmen ist, lasse sich nicht genau ermitteln. Sicher sei aber, so Germelmann zum BR, dass die Aufdrucke und Bilder gerade bei jungen Menschen zur Aufklärung beitragen und das Verhalten beeinflussen können.

Das bestätigt Suchtexperte Oliver Pogarell, Professor an der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU). Neurobiologische Effekte zeigten sich im Falle von Zigaretten und Tabak auch in Untersuchungen im Klinikum der LMU an Probanden anhand bildgebender Verfahren. Warnhinweise und Bilder sind demnach ein Baustein von vielen, um auf gesundheitliche Risiken aufmerksam zu machen.

Alkohol verursacht Krebs

Was viele nicht wissen: Nicht nur Rauchen, auch Alkoholkonsum ist grundsätzlich mit einem erhöhten Krebsrisiko verbunden. Einen Schwellenwert dafür gäbe es nicht, erklärt Fachmann Pogarell. Das Risiko steige entsprechend der Konsummenge.

Einer der Gründe: Beim Abbau des Alkohols im Körper entsteht Acetaldehyd, ein krebserregender Stoff. Mehr als 20.000 Krebs-Neuerkrankungen, darunter auch Brust- oder Prostatakrebserkrankungen, lassen sich nach Schätzungen des Deutschen Alkoholatlas allein im Jahr 2022 auf den Konsum von Alkohol zurückführen. Rund 8.000 Menschen sterben jährlich an durch Alkohol verursachten Krebserkrankungen.

Doch das ist nicht die einzige Gefahr für die Gesundheit. Alkohol wirkt auf jede Zelle und alle Organe unseres Körpers. Er beeinflusst Oliver Pogarell zufolge die Verdauung, das Nerven- und Herz-Kreislaufsystem. Bei Jugendlichen hat er negativen Einfluss auf Entwicklung und Reifung des Gehirns. Alkoholgenuss während der Schwangerschaft kann zu Wachstums-, Entwicklungsstörungen und Fehlbildungen bei Ungeborenen führen.

Alkoholabhängigkeit als Krankheit sehen

Zwischen 80 und 90 Prozent der Menschen in Deutschland haben Erfahrungen mit Alkohol. Selbst wer lange Zeit nur moderat Alkohol konsumiert, kann – wie Suchtexperte Pogarell warnt – nicht sicher sein, schließlich nicht doch eine Sucht zu entwickeln.

Eine Alkoholabhängigkeit wird oft von vielen Faktoren beeinflusst. Dazu gehören auch genetische Dispositionen und familiäre Häufungen. Eine Alkoholsucht sei, so der Experte, keine Charakterschwäche, sondern eine ernste Erkrankung, die nicht nur in jungen Jahren, sondern auch in fortgeschrittenem Alter auftreten kann und dringend behandelt werden muss.

"In Deutschland gibt es rund 1,7 Millionen Alkoholabhängige, rund 1,7 Millionen Menschen mit einem missbräuchlichen Alkoholkonsum und rund 10 Millionen Menschen, die Alkohol riskant konsumieren. Die Unterscheidungen verlieren inzwischen aber an Bedeutung, wir Mediziner sprechen grundsätzlich von Substanzkonsumstörungen. Alkoholabhängigkeit ist eines der großen Probleme in der Klinik." Oliver Pogarell, Professor an der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Klinikum der LMU München

Aufklärung und Warnhinweise aus Sicht von Experten sinnvoll

Alkohol ist in unserer Gesellschaft allgegenwärtig. Oliver Pogarell ist überzeugt: Aufklärung und Warnhinweise sind sinnvoll und wirksam. Alkoholabhängigkeit sei oft mit großer Scham besetzt. Das hindere viele daran, professionelle Hilfe zu suchen und anzunehmen.

Gesellschaftlich ist Alkoholabhängigkeit nach wie vor ein Tabuthema und, wie das Rauchen, ein Problem mit enormen gesellschaftlichen Folgen. Laut Deutschen Alkoholatlas belaufen sich die direkten und indirekten Kosten jährlich auf rund 57 Milliarden Euro. Rund 40.000 Menschen sterben jedes Jahr vorzeitig an den Folgen ihres Alkoholkonsums.

Im Video: Alkohol - Der globale Rausch

Strand in Nigeria - Afrika gilt als Bier-Zukunftsmarkt.
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Alkohol - Der globale Rausch

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