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Ingo Lierheimer, Teamleitung Politik und Hintergrund.

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Kommentar: Merkel zieht vor dem Abgrund die Notbremse

Kommentar: Merkel zieht vor dem Abgrund die Notbremse

Angela Merkel hat die Idee der "Osterruhe" als Fehler bezeichnet und sich entschuldigt. Damit verhindert sie einen noch größeren Vertrauensverlust in den politischen Betrieb, der konzeptlos und erschöpft wirkt. Ein Kommentar von Ingo Lierheimer.

Über dieses Thema berichtet: radioWelt am .

Ä – es war nur dieser eine, aus Versehen abgeschickte Buchstabe, mit dem Reiner Haseloff die Twitter-Community eroberte. Ä – dieser eine Buchstabe stieß deshalb auf so große Resonanz, weil er in der kürzest möglichen Form wiedergibt, was viele Menschen über das Corona-Management der Bundesregierung und der Landesregierungen denken. Zum Beispiel Anfang März, als sie entgegen aller Warnungen Öffnungen beschlossen, die völlig absehbar in die dritte Welle münden mussten.

Schwerer handwerklicher Fehler

Am Dienstagmorgen blieb dann aber vielen sogar das Ä im Halse stecken nach dem umnachteten Beschluss des sogenannten Oster-Lockdowns. Am Gründonnerstag zu Hause bleiben, damit sich alle gemeinsam am Karsamstag in den Lebensmittelläden treffen?

Und ist der Ruhetag dann auch ein Feiertag? Mit welchen rechtlichen Folgen? Und geht das überhaupt? Einen Tag lang fragte sich das ganz Deutschland – die Ministerpräsidentenrunde und die Kanzlerin hatten diese Frage leider nicht vorab zur Klärung gegeben. Ein grober handwerklicher Fehler, der auch noch garniert wurde mit delikaten Berichten aus der Runde. Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow zum Beispiel plauderte offen darüber, dass er zwischendurch gar nicht wusste, wo die Kanzlerin und ein Teil seiner Kollegen geblieben seien. Ironisch könnte man anmerken, dass er vielleicht ab und zu vom Candy Crush hätte aufschauen sollen. Aber für Ironie ist die Lage eigentlich zu ernst. Also bleibt nur Haseloffs Ä? Kann das alles wirklich sein?

Nötige Notbremse

Diese kurze Zusammenfassung verdeutlicht, wie nötig Merkels Notbremse tatsächlich war: Sie hat sich hingestellt, einen Fehler eingestanden, die Verantwortung auf sich genommen und die Menschen um Verzeihung gebeten. Damit hat sie das getan, was in dieser Pandemie insgesamt sehr selten passiert: Sie hat eindeutig kommuniziert. Krisenkommunikation muss transparent, verlässlich und klar sein.

Keine klare Krisenkommunikation

An allem mangelt es. Oder wissen Sie genau, welche Regel gerade wo für wen gilt? Verlassen Sie sich darauf, dass zum Beispiel die 100-Grenze auch morgen noch gilt? Und ist Ihnen klar, warum Urlaub auf Mallorca geht und in der Ferienwohnung nicht? Merkel hat mit ihrem Schritt das absolute Desaster verhindert. Trotzdem wirken die Regierenden ratlos, erschöpft und leider auch konzeptlos.

Die Exekutive, aber auch die Regierungsparteien in Bund und Ländern sind ein halbes Jahr vor der Bundestagswahl angezählt. Viel Vertrauen ist verloren gegangen durch grobe Managementfehler in der Krise, in der Unionspolitiker auch noch in die eigenen Taschen gewirtschaftet haben. Dieses Vertrauen zurück zu gewinnen, wird mühsam. Der einzige Weg ist der über eine unmissverständliche, offene und zuverlässige Kommunikation, also der Weg, der keine "Ähs" hinterlässt.

Ein Kommentar von Ingo Lierheimer, Teamleitung Politik und Hintergrund

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