Touristenströme in Venedig
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Touristenströme in Venedig

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Venedig: Eintritt für Tagestouristen überzeugt nicht alle

Venedig leidet, die Lagunenstadt wird von Touristen überschwemmt. Nach jahrelangen Diskussionen hat nun der Stadtrat beschlossen, ab dem Frühjahr vorerst an rund 30 Tagen eine Eintrittsgebühr von fünf Euro zu verlangen - Kritikern genügt das nicht.

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Ein spätsommerlicher Septembertag in Venedig. In Scharen sind die Besucher unterwegs, wie etwa entlang des Canale Grande. Frederik Guhl ist aus Bremen gekommen. Ein Eintrittsgeld für Venedig ist okay für ihn, er wäre bereit, fünf Euro zu bezahlen: "Ich finde, es ist ein supertolles Erlebnis, was man auf jeden Fall mal gesehen haben sollte."

Hoffnung auf bessere Regelung der Besuchermassen

Ab dem Frühjahr wird Venedig fünf Euro von den Tagesbesuchern verlangen. Allerdings zunächst nur an rund 30 Tagen im Jahr, nach einer ersten Testphase könnten es mehr werden. Damit wollen die politisch Verantwortlichen die Besucherströme besser regeln, wie der Stadtrat für den Haushalt, Michele Zuin erklärt.

"Es ist ein Beitrag, den wir nicht leisten, um Geld zu verdienen, wie man in Italien sagt", so Zuin, "aber er dient wirklich dazu, den täglichen Tourismus zu unterbinden, der die Stadt an bestimmten Tagen des Jahres lähmt und die Stadt somit sowohl für Touristen als auch für die Einwohner selbst weniger zugänglich macht".

Zugang nur noch mit QR-Code

An manchen Tagen wie etwa an Ostern sind mehr als 100.000 Fremde in der Stadt, auch an den langen Wochenenden mit Brückentagen oder im August fallen die Massen ein. Vor allem die Touristen der Kreuzfahrtschiffe, die für wenige Stunden kommen und zudem kaum Geld ausgeben, sind umstritten.

Sie alle sollen sich künftig über eine Online-Plattform einen QR-Code besorgen und diesen aufs Handy laden. Nach den Worten von Zuin sei es ein Experiment, mit dem man verstehen könne, wie viele und welche Auswirkungen die Einführung dieser Zugangsgebühr haben wird: "Also ein Experiment, das wir nutzen, um dann die Regelung 2025 und 2026 auf den neuesten Stand zu bringen."

Kritik an Ausnahme für Übernachtungsgäste

Kontrollen soll es vor allem am Bahnhof und an den Anlegestellen der Vaporetti geben. Erwachsene, die ohne QR-Code erwischt werden, zahlen Strafen zwischen 50 und 300 Euro. Kinder bis 14 Jahren müssen keinen Eintritt bezahlen, auch Übernachtungsgäste sind von der Regelung ausgenommen.

Doch inzwischen gebe es in Venedig mehr Betten für Fremde als für Einwohner, kritisiert Remi Wacogne von der Bürgerinitiative "Ocio". Das Eintrittsgeld löst in seinen Augen nicht das Problem. Vielmehr sieht er keinen wirklichen Willen, die Touristenströme einzudämmen. Denn, so Wacogne, man beginnt nicht damit, die Zahl der Betten für Touristen zu begrenzen.

Viele Besucher zeigen Verständnis

Tatsächlich haben die meisten Besucher offensichtlich nichts gegen ein Eintrittsgeld. Eine Touristin aus Glasgow meint, dass es ihr nichts ausmachen würde, sie würde fünf Euro bezahlen. Auch ein deutscher Besucher findet eine Eintrittsgebühr in Ordnung, Venedig sei schon sehr von Touristen überlaufen.

Hört Venedig auf, ein "Freilichtmuseum" zu sein?

Die Einnahmen aus der Gebühr, so teilt die Stadt mit, würden für das neue Zugangssystem verwendet. Auch deshalb, so kritisieren Aktivisten, bringe es nichts.

Giovanni Leone von der Organisation "ATA" hat vor allem die sogenannten touristischen Kurzzeitvermietungen im Blick, sie seien ein großes Problem: "Die haben den Markt für die Anwohner, die zur Miete wohnen, versaut. Man findet keine Wohnungen mehr oder die Wohnungen, die zum Verkauf stehen, kosten viel mehr, weil sie einen hohen Ertrag haben. Es gibt niemanden, der das unterbindet und es gibt keinerlei Regeln."

Venedig, so fordern er und seine Mitstreiter, solle kein Freilichtmuseum mehr sein, das vom Tourismus zerstört wird - sondern wieder zu einer Stadt werden, in der Menschen gerne leben. Druck kommt auch von der Weltkulturorganisation Unesco. Sie berät momentan, ob Venedig als gefährdetes Welterbe eingestuft wird. Denn die bisherigen Maßnahmen zum Schutz der Stadt seien nicht ausreichend gewesen.

Im Video: An manchen Tagen kostet Venedig bald 5 Euro

An 30 Tagen im Jahr sollen in Vendig nicht nur die Gondel-Fahrten etwas kosten, sondern schon der Eintritt in die Stadt
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An 30 Tagen im Jahr sollen in Vendig nicht nur die Gondel-Fahrten etwas kosten, sondern schon der Eintritt in die Stadt

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