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Horst Seehofer

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Seehofer weist Rücktrittsforderungen zurück

Er verstehe das alles nicht. So hat Bundesinnenminister Horst Seehofer den Sturm an Entrüstung kommentiert, den er mit seiner Äußerung zu Abschiebungen ausgelöst hat. Der Sturm ist damit aber nicht vorbei. Von Eva Böck

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

"Zutiefst bedauerlich" findet Seehofer nach eigenen Worten die Nachricht, dass sich ein Flüchtling das Leben genommen hat, kurz nachdem er von Deutschland nach Afghanistan abgeschoben worden war. Mit dieser Nachricht müsse man aber sachlich und rücksichtsvoll umgehen, so Seehofer.

Seehofer: Länder wählen Abschiebe-Flüchtlinge aus

Außerdem wies der Minister darauf hin, dass nicht der Bund auswähle, welche Flüchtlinge abzuschieben sind und welche nicht: "Die Bundesländer führen uns diese Personen zu, und wir unterstützen die Bundesländer bei diesen Abschiebungen." Im Fall des verstorbenen Afghanen müsse man die Hamburger Behörden fragen, "warum sie diese Person vorgeschlagen haben".

Ein Sprecher der Hamburger Ausländerbehörde wiederum wies darauf hin, der Mann sei rechtskräftig wegen Diebstahls, versuchter gefährlicher Körperverletzung, Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte und Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz verurteilt worden.

"Das wusste ich gestern nicht"

Seinen Tonfall bedauerte Seehofer auch nach dem Freitod des Afghanen nicht. Der Suizid des Mannes sei erst später bekannt geworden. Er, Seehofer, habe am Dienstag gesagt: "Wie das Leben oft so spielt. Hab sogar noch dazu gesagt: Nicht organisiert. Und dann wird da etwas draus gemacht."

Umstrittenes Wortspiel mit der Zahl 69

Stein des Anstoßes ist eine Bemerkung Seehofers, die er vorgestern gemacht hat, als er seinen "Masterplan Migration" vorstellte. Ausgerechnet an seinem 69. Geburtstag seien 69 Menschen aus Deutschland nach Afghanistan zurückgeführt worden, sagte der Minister. Das sei von ihm "so nicht bestellt" gewesen. Ein Scherz?

Oppermann: "Damit macht man keine Späße"

Bundestagsvizepräsident Thomas Oppermann, SPD, findet Seehofers Bemerkung jedenfalls alles andere als komisch. Abschiebungen seien eine ernste Angelegenheit, damit mache man keine Späße, sagte Oppermann in einem Zeitungsinterview. Juso-Chef Kevin Kühnert geht noch weiter: Seehofer sei ein erbärmlicher Zyniker und seinem Amt charakterlich nicht gewachsen, schrieb Kühnert auf Twitter. Der Rücktritt des Ministers sei überfällig, so Kühnert.

Linke: Seehofer hat ein "Defizit an Mitmenschlichkeit"

Auch die Linke verlangt, dass Seehofer seinen Hut nimmt. Die Innenpolitikerin Ulla Jelpke betonte, Seehofer habe "ganz offenbar ein unheilbares Defizit an Mitmenschlichkeit". Es sei höchste Zeit, dass Bundeskanzlerin Merkel "den Mann rausschmeißt". Jelpke verlangt außerdem, dass die Abschiebungen nach Afghanistan ein Ende haben: "Die Lage dort wird immer schlimmer, aber Deutschland weitet die Abschiebungen aus. Es war nur eine Frage der Zeit, bis das tödliche Folgen hat."

Rege Diskussion in den sozialen Medien

Nicht nur die schon zitierte Twitter-Botschaft von Juso-Chef Kühnert ist mittlerweile tausendfach retweetet. Auch einzelne private Posts bekommen viel Zuspruch im Netz. Zum Beispiel derjenige von dem Buch- und "Zeit"-Autor Lars Weisbrod: "Der wahre Kontrollverlust in Deutschland ist, dass ein Minister wie Seehofer heute nicht mehr zurücktreten muss, sondern einfach weitermachen kann."

Auch Prominente haben sich eingeschaltet. Der Schauspieler Armin Rohde, der 106.000 Follower auf Twitter hat, verlangt: "Herr #Seehofer, machen Sie Ihre Ankündigung wahr: Treten Sie zurück!" Rohde wirbt für seine gleichnamige Online-Petition, die gerade kräftig Stimmen sammelt.

Einzelne User stärken Seehofer den Rücken

Die Mehrheit der Twitter-User scheint gerade gegen Seehofer zu sein. Aber es gibt auch solche, die ihm den Rücken stärken. Ein User schreibt zum Beispiel: "Ein rechtskräftig verurteilter Straftäter erhängt sich nach seiner Abschiebung. Bedauerlich! Und trotzdem: acht Jahre hier leben, sich nicht an unsere Gesetze halten und unsere Werte nicht respektieren: raus damit! Was heult Ihr denn alle?"