Achivbild (2020). Berlin: Gerhard Schröder (SPD) wartet auf den Beginn der Anhörung im Wirtschaftsausschuss des Bundestags zu Nord Stream 2.
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Achivbild (2020). Berlin: Gerhard Schröder (SPD) wartet auf den Beginn der Anhörung im Wirtschaftsausschuss des Bundestags zu Nord Stream 2.

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Russlands Krieg: Altkanzler Schröder laufen Mitarbeiter davon

Schröder hat den Krieg Russlands gegen die Ukraine verurteilt, seine bezahlten Funktionen für den russischen Energiesektor will der ehemalige Bundeskanzler aber nicht aufgeben. Die Mitarbeiter in seinem Büro ziehen deswegen offenbar Konsequenzen.

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Albrecht Funk hat mehr als 20 Jahre lang das Büro von Gerhard Schröder geleitet. Er hat die Reden des Altkanzlers geschrieben. Man darf sagen, Funk kennt Schröder wirklich gut - und damit wohl auch dessen Geschäftsverbindungen nach Russland.

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Funk und das Kanzleramt bestätigten Medienberichte, wonach alle vier Mitarbeiter in Schröders Bundestagsbüro gebeten hätten, in anderen Funktionen zu arbeiten. Sie sind formal im Kanzleramt angestellt. Über die Gründe wollte Funk nicht sprechen. Die Vermutung liegt nahe, dass sich Schröders Mitarbeiter – wie viele in der SPD – klar von Schröder distanzieren wollen.

Putin-Freund verdient gut mit Russland

Gerhard Schröder hat nie einen Hehl daraus gemacht, dass er in Russland gut und gerne Geld verdient. Der 77-Jährige ist Vorsitzender des Gesellschafterausschusses der Nord Stream AG und Präsident des Verwaltungsrats bei der Nord Stream 2 AG, außerdem Aufsichtsratschef beim staatlichen russischen Energiekonzern Rosneft. Im Juni soll er Aufsichtsrat im russischen Staatskonzern Gazprom werden.

Mit Russlands Präsidenten Wladimir Putin verbindet Schröder eine jahrelange Freundschaft. Er hat sich öffentlich nie kritisch über Putin geäußert. Zum geflügelten Wort wurde Schröders Spruch, Putin sei ein "lupenreiner Demokrat".

Schröder verurteilt Russlands Krieg – und kritisiert Ukraine

Gerhard Schröder hat klar Russland für den Krieg verantwortlich gemacht. Er forderte zwar die Regierung in Moskau auf, den Krieg in der Ukraine schnellstmöglich zu beenden, sah aber Fehler "auf beiden Seiten". Bereits im Vorfeld des russischen Angriffs hatte Schröder der Ukraine "Säbelrasseln" vorgeworfen. Forderungen der SPD-Spitze, er solle nun endlich seine Posten in russischen Energieunternehmen ruhen lassen, ignoriert der Altkanzler bis jetzt.

SPD-Spitze schon lange verärgert

Die Vorsitzende der SPD, Saskia Esken, ist nicht die einzige führende Sozialdemokratin, die mit Beginn des Krieges versuchte, den Druck auf Schröder zu erhöhen. Mit Blick auf Schröders Posten bei russischen Unternehmen schrieb sie auf Twitter: "Geschäfte mit einem Kriegstreiber sind mit der Rolle eines Altkanzlers unvereinbar."

Eskens Co-Parteichef Lars Klingbeil versuchte, dieselbe Botschaft auf Facebook unterzubringen. Er erwarte "unmissverständlich", dass Schröder geschäftliche Beziehungen zur russischen Führung aufgebe. Klingbeil wird stets besondere Nähe zu Schröder nachgesagt.

Die Diskussion über Schröders lukrative Russland-Verbindungen treiben die Sozialdemokraten immer wieder um. Generalsekretär Kevin Kühnert hatte zuletzt aber auch deutlich gemacht, bis zum äußersten Schritt werde es nicht kommen: Schröder drohe kein Parteiausschlussverfahren, so Kühnert.

Größter SPD-Unterbezirk fordert Schröder zu Verzicht auf

Unterdessen hat der bundesweit größte Unterbezirk der Sozialdemokraten, die Kölner SPD, Schröder in einem offenen Brief aufgefordert, sich sofort von Russlands Präsidenten Putin zu distanzieren. Zudem soll er unverzüglich sämtliche Mandate und Positionen niederlegen und die privaten geschäftlichen Beziehungen zu russischen Firmen aufgeben.

Mit den massiven Angriffen auf zivile Ziele habe die lange überfällige Distanzierung von Putins Regime eine ultimative Dringlichkeit erreicht, schrieb die Vorsitzende der Kölner SPD, Christiane Jäger. "Wer unter diesen Umständen noch die Loyalität zum Präsidenten Russlands hält, hat mit unserem Verständnis sozialdemokratischer Werte nichts mehr zu tun".

Altkanzler haben Anspruch auf ein Büro

Als Altkanzler hat Schröder, wie auch frühere Bundespräsidenten, einen Anspruch auf ein Büro. Diese Privilegien kann man ihm nicht so einfach wegnehmen. Bezahlt werden die Büros und die Mitarbeiter von ehemaligen Regierungschefs aus dem Etat des Bundeskanzleramts. Am Ende könnte also Olaf Scholz vor der Entscheidung stehen, was mit dem nun verwaisten Büro von Gerhard Schröder passiert.

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