Blick in einen mit Radongas gefüllten Behälter im Radon-Labor des Bundesamts für Strahlenschutz (BfS).
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Blick in einen mit Radongas gefüllten Behälter im Radon-Labor des Bundesamts für Strahlenschutz (BfS).

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Überhöhter Wert in Bayern: So gefährlich ist radioaktives Radon

Bis zu 17-fach überhöhte Radon-Werte im Landkreis Wunsiedel: Diese Nachricht hat viele beunruhigt. Doch was bedeutet das eigentlich? Wie sieht es in anderen Regionen Bayerns aus? Und: wie kann man messen und sich schützen? Unser FAQ gibt Antworten.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten Franken am .

Es trägt seine Radioaktivität bereits im Namen: das Edelgas Radon (Rn), vom lateinischen Wort Radius, der Strahl. Dass die Ordnungszahl 86 des chemischen Elements an das Jahr der Tschernobyl-Katastrophe erinnert, ist jedoch purer Zufall - die Gefahr kommt in diesem Fall nicht aus Atomkraftwerken, sondern aus der Natur. Woher genau, wann man was dagegen tun sollte und was es mit den amerikanischen "Radium Girls" auf sich hat, erfahren Sie hier.

Was ist Radon?

In Kürze: Radon ist ein erstmals im Jahr 1900 entdecktes radioaktives Edelgas. Es entsteht beim Zerfall von Uran und breitet sich in der Bodenluft aus. Über Ritzen und undichte Stellen kann es aus dem Untergrund entweichen und in Häuser gelangen. In geschlossenen, wenig gelüfteten Räumen kann die Konzentration dann ein gesundheitsschädliches Maß erreichen.

Was macht Radon für uns gefährlich?

Das Radon-Gas an sich ist für Menschen ungefährlich – es wird fast komplett wieder ausgeatmet. Problematisch sind seine kurzlebigen Zerfallsprodukte Polonium, Wismut und Blei. Sie lagern sich auf dem Lungengewebe ab und schädigen beim radioaktiven Zerfall die DNA. Erste Studien an Bergleuten im DDR-Uran-Abbau der 1960er-Jahre sind längst bestätigt: eine Radon-Aufnahme erhöht die Wahrscheinlichkeit, später an Krebs zu erkranken. So ist Radon nach dem Rauchen die zweithäufigste Ursache für Lungenkrebs.

Welcher Radon-Konzentration gilt als bedenklich?

Auch hier gilt: die Dosis macht das Gift. Das Ende 2018 in Kraft getretene Strahlenschutzgesetz gibt einen Referenzwert für Radon in Höhe von 300 Becquerel pro Kubikmeter Luft vor. In Deutschland kann dieser Wert vor allem im Mittelgebirgsraum, im Alpenvorland und in Gegenden mit Gesteinsmoränen der letzten Eiszeit überschritten werden. Die schlechte Nachricht aus bayerischer Sicht: viele potentielle Problemzonen befinden sich auf dem respektive im Boden des Freistaats. Das Bundesamt für Strahlenschutz stellt im Netz eine Karte zur groben Orientierung bereit.

Zu beachten ist allerdings, dass Radonstrahlung punktuell auftritt. Das heißt: Wenn in einem Haus erhöhte Werte gemessen werden, muss das noch nichts über die Nachbargebäude aussagen.

Video: Die wichtigsten Informationen zu Radon

Radon (Symbolbild)
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Radon

Wie lässt sich Radon nachweisen?

Das bekannte Problem bei Radioaktivität: Man sieht, hört, riecht und schmeckt sie nicht, und sie löst keine kurzfristigen Beschwerden wie etwa Kopfschmerzen aus. Durch eine zwölfmonatige Langzeitmessung lässt sich in potenziell betroffenen Räumen ein Jahresmittelwert feststellen.

Am einfachsten lässt sich die Radon-Konzentration in der Raumluft mit einem sogenannten passiven Detektor ("Kernspurdosimeter") messen. Passive Detektoren sind kleine Plastikbehälter, die keinen Strom benötigen, weder Licht noch Geräusche aussenden, sondern lediglich ausgelegt werden.

Das Bundesamt für Strahlenschutz hat eine Liste seriöser Anbieter von Radon-Messungen herausgegeben.

Was tun, wenn die gemessene Belastung zu hoch ist?

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, sich vor dem radioaktiven Edelgas Radon zu schützen: aufwendige und ziemlich schlichte. "Fenster aufmachen, durchlüften und den ganzen Luftraum austauschen. Das ist die schnellste Methode", empfiehlt BfS-Präsidentin Inge Paulini.

In einem weiteren Schritt können bauliche Maßnahmen erforderlich sein. Weil Radon sich nach seiner Entstehung zunächst im Erdboden ausbreitet, dann an die Erdoberfläche und schließlich über den Keller und die unteren Geschosse in Gebäude eindringt, lohnt es sich, Undichtigkeiten aufzuspüren und das Haus gegen Bodenfeuchte zu isolieren - was auch in energetischer Hinsicht Vorteile bringt.

Zudem kann das Absaugen radonhaltiger Bodenluft unter oder neben dem Gebäude helfen. Die am häufigsten dafür verwendeten technischen Gerätschaften heißen Radonbrunnen.

Wie sieht es in öffentlichen Räumen in Bayern aus?

Eine EU-Richtlinie verpflichtet die Mitgliedsstaaten, in öffentlichen Räumen wie Büros, Schulen oder Kindergärten für einen gesetzlichen Schutz vor Radon zu sorgen. Die Bundesländer sind verpflichtet, Risikogebiete zu identifizieren; in diesen müssen die Radonwerte an allen Arbeitsplätzen im Erdgeschoss und Untergeschoss verpflichtend gemessen werden.

Nach Baden-Württemberg und Sachsen hat auch Bayerns Staatsregierung 2021 reagiert und den Raum Wunsiedel zum Vorsorgegebiet erklärt. Der höchste im Landkreis gemessene Einzelwert liegt bei 5.300 Bq/m3 – das entspricht mehr als dem 17-fachen des gesetzlichen Referenzwerts. Im Januar musste daher eine Polizeistation in Selb umziehen.

Die Feststellung von Wunsiedel bedeutet im Umkehrschluss freilich nicht, dass es jenseits der Landkreisgrenzen von Wunsiedel keine Radon-Problematik gäbe. In Freyung im Bayerischen Wald beispielsweise hat ein Mitarbeiter des Landratsamts in seinem Arbeitszimmer bereits 2017 über 1.200 Becquerel gemessen, woraufhin entsprechende Sanierungen eingeleitet wurden. Das Bundesamt für Strahlenschutz betont, dass es Messdaten nur anonymisiert zu Forschungszwecken erhalte und nicht überprüfe, ob Arbeitgeber ihrer Messpflicht nachkommen und ob bei Überschreitungen Gegenmaßnahmen ergriffen werden. Wer sicher gehen will, sollte sich an die örtlichen Behörden oder die Radon-Fachstelle Bayern (RFB) wenden.

Anmerkung der Redaktion: Dieser Artikel ist erstmals am 28.06.2023 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir den Artikel erneut publiziert. Ein Absatz wurde gelöscht - er bezog sich auf Radium statt auf Radon.

Audio: BfS-Präsidentin Paulini im BR-Gespräch zu Radon

Symbolbild: Radonmessung
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BR-Reporter Stefan Heier im Gespräch mit Inge Paulini, Präsidentin des Bundesamtes für Strahlenschutz. - Symbolbild: Radonmessung

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