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Radioaktives Gas in Gebäuden

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Radioaktives Gas in Gebäuden: Kommunen vor Sanierungswelle

Radon, ein natürlich vorkommendes radioaktives Edelgas, ist nach dem Rauchen die zweit häufigste Ursache für Lungenkrebs. Im Freistaat sind vor allem das Voralpenland und der Bayerische Wald betroffen. Von Ulrich Hagmann und Iska Schreglmann

Über dieses Thema berichtet: report MÜNCHEN am .

Nach dem neuen Strahlenschutzgesetz müssen ab 2019 Arbeitsplätze mit einem Durchschnittswert von über 300 Becquerel (pro Kubikmeter Luft) saniert werden. Auf die Kommunen kommen Kosten in unbestimmter Höhe zu, weil sie öffentliche Gebäude, Schulen und Kindergärten radonsicher machen müssen. Das berichtet das ARD-Magazin report München.

Radon dringt aus uranhaltigem Gestein im Boden durch Ritzen im Fundament in Häuser ein und verteilt sich vom Keller aus in die oberen Stockwerke. Betroffen sind vor allem alte und schlecht abgedichtete Häuser.

Vor allem bayerisches Voralpenland und Bayerischer Wald mit Radon belastet

Die geologische Belastung mit Radon ist regional sehr unterschiedlich. In Deutschland sind vor allem Gebiete im bayerischen Voralpenland und Bayerischen Wald, im sächsischen Erzgebirge und im Schwarzwald betroffen. Schon seit Jahren warnt die Weltgesundheitsorganisation WHO vor einer Verharmlosung des Risikos durch Radon. Auch Wissenschaftler des Bundesamts für Strahlenschutz setzten sich lange erfolglos für einen bundesweiten Grenzwert für Radon ein.

"Risiko absolut unterschätzt"

"Das Risiko wird absolut unterschätzt. Radon ist ein natürlicher Stoff, da ist niemand verantwortlich zu machen. Wenn wir jetzt die Diskussion zu Stickoxiden verfolgen, das wird viel kritischer gesehen. Da kennen wir den Verursacher, die Dieselfahrzeuge. Aber das Risiko durch Radon ist unbestritten wesentlich höher als durch Diesel-Emissionen!" Prof. Hans Drexler, Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Friedrich-Alexander –Universität Erlangen-Nürnberg

Mit dem sogenannten "Radonbrunnen" kann man radioaktiv belastete Häuser sanieren: Er saugt das radioaktive Gas aus dem Untergrund des Hauses ab.

Inzwischen verpflichtet eine EU- Richtlinie die Mitgliedsstaaten, für einen gesetzlichen Schutz vor Radon zu sorgen. Im neuen deutschen Strahlenschutzgesetz, das am 31.12.2018 in Kraft tritt, wurde für Innenräume ein Referenzwert von 300 Becquerel pro Kubikmeter Luft festgelegt. Wird dieser dauerhaft überschritten, muss der Radonschutz durch Lüftungsanlagen und bauliche Maßnahmen verbessert werden. Bis Ende 2020 sollen die Bundesländer Risikogebiete identifizieren, in denen die Radonwerte an allen Arbeitsplätzen im Erdgeschoss und Untergeschoss verpflichtend gemessen werden müssen.

Kommunen vor Sanierungswelle unbekannten Ausmaßes

Auf die deutschen Kommunen rollt eine Sanierungswelle und Kosten unbekannten Ausmaßes zu. Schon heute sind etliche Überschreitungen der Radonwerte bekannt.

So berichtet das ARD-Magazin report München über einen Kindergarten im baden-württembergischen Lörrach, in dem Werte von über 2000 Becquerel festgestellt wurden:

"Es war überraschend, denn wir hatten, wie alle anderen Kommunen bisher auch, nicht gemessen. Wir stehen bei der Problematik tatsächlich ganz am Anfang. Man muss auch das Bewusstsein dafür schärfen. Dass ich in meinem Arbeits- und Lebensumfeld einem Edelgas ausgesetzt bin, was gesundheitsschädliche Folgen ab einer gewissen Konzentration hat - das ist, glaube ich, eine neue Erkenntnis, die in der Bevölkerung auch nicht großartig verbreitet ist." Jörg Lutz, Oberbürgermeister von Lörrach

Auch in Freyung im Bayerischen Wald stehen umfangreiche Sanierungen an, nachdem ein Mitarbeiter des Landratsamts in seinem Arbeitszimmer über 1200 Becquerel gemessen hatte.

Sachsen und Baden-Württemberg – die einzigen Bundesländer, die bislang systematisch die Radonwerte in Schulen erhoben haben - wurden mehr als fündig: In Sachsen wurde der gesetzliche Referenzwert sogar in über einem Drittel der untersuchten Schulen überschritten.

Mehr Informationen zum Thema Radon am 24.04.2018 im ARD-Magazin report München und in der Wissenschaftssendung des BR-Fernsehens "Gut zu wissen."