Albrecht von Lucke
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Von Lucke: Impfpflicht ist an Parteipolitik gescheitert

Der Politikwissenschaftler Albrecht von Lucke kritisiert nach dem Aus für eine Impfpflicht Regierung und Opposition gleichermaßen. "Man denkt zuerst an die Selbstprofilierung und nicht an die Sache", erklärte von Lucke im Interview mit Bayern 2.

Über dieses Thema berichtet: radioWelt am .

Gestern war im Bundestag eine allgemeine Impfpflicht gegen das Coronavirus gescheitert. Keine der Gesetzesvorlagen bekam eine Mehrheit.

Der Politikwissenschaftler Albrecht von Lucke hat im Interview mit Bayern 2 Regierung und Opposition gleichermaßen kritisiert. "Wir stehen jetzt als Bevölkerung nackt da - ohne jede Entscheidung im Bereich der Corona-Pandemie. Das ist natürlich in der Sache fatal."

Steilvorlagen und Selbstprofilierung

Von Lucke betonte, dass die Ampel-Koalition von Anfang an keine eigene Mehrheit für eine allgemeine Impfpflicht oder die ab 60 Jahren hatte: "Das ist das Kardinalproblem. Sie hatte nie eine Mehrheit und insofern war dieser Vorschlag, der am Anfang auf eine allgemeine Impfpflicht zielte und von Kanzler Olaf Scholz selbst verfochten wurde, [...] so etwas wie eine Steilvorlage für eine Opposition - angeführt von dem neuen CDU-Parteivorsitzenden Friedrich Merz, um diese Ampel in eine Falle zu locken."

Die Union sei von Anfang an auch für eine Impfpflicht gewesen, habe aber "gewissermaßen Olaf Scholz im Regen stehen lassen in dem Wissen darum, dass die FDP nicht auf Seiten des Kanzlers steht", so von Lucke. Er fügte bezogen auf alle beteiligten Parteien an: "Man denkt zuerst an die Selbstprofilierung und nicht an die Sache."

Corona-Regelungen mittlerweile "vermintes Terrain"

Insgesamt sieht Albrecht von Lucke durch die Entscheidungen im Bundestag das Vertrauen in die Politik geschwächt: "Ich befürchte, dass das ganze Terrain der Regelungen gegen Corona ein mittlerweile so vermintes Terrain ist, dass die beiden großen Lager - Opposition wie Regierung - ganz große Schwierigkeiten haben, aufeinander zuzugehen."

Warnung vor zunehmender Politikverdrossenheit

Albrecht von Lucke ging mit kritischen Worten auch auf die Ablehnung eines befristeten Tempolimits in der Energiekrise ein: "Es ist ein ganz fatales Signal. Dieses Argument auch vorübergehend in einer solchen Krisensituation, nicht ein Tempolimit einführen zu wollen, aus reinem egoistischem Parteiendenken der FDP, die sich ihren Besserverdienenden verpflichtet fühlt."

Wenn nicht einmal in dieser Lage ein Umsteuern möglich sei, dann werde die Politikverdrossenheit zunehmen, sagte von Lucke. "Und dann wird auch das Vertrauen in eine Regierung abnehmen - nämlich das Misstrauen wachsen, dass diese Regierung nicht in der Lage ist, auf eine noch größere Krise, nämlich den Krieg in der Ukraine, adäquat zu reagieren."

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