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In der Debatte um den Umgang mit Geflüchteten dient die Asylpolitik Dänemarks und Österreichs immer wieder als Vorbild für Deutschland. CDU-Parteichef Friedrich Merz sagte zuletzt in der "Augsburger Allgemeinen", man solle sich am Vorgehen der dänischen Regierung orientieren: Dort würden Asylsuchende nur noch Sachleistungen erhalten und in Sammelunterkünften untergebracht, ausreisepflichtige Menschen würden unverzüglich abgeschoben. Man müsse sich auch in Deutschland "an eine härtere Gangart" gewöhnen.
Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) äußerte sich ähnlich und bezeichnete Österreich oder Dänemark als Vorbilder hinsichtlich ihrer Migrationspolitik. Gegenwind kam von Innenministerin Nancy Faeser (SPD): Dänemarks "unsolidarisches Verhalten" gehe zu Lasten Deutschlands, wo die abgewiesenen Geflüchteten stattdessen Schutz suchen würden, sagte sie in einem TV-Interview
So sieht die Asylpolitik Dänemarks aus
Harte Kante gegen Asylbewerber, damit machen wechselnde dänische Regierungen seit Jahren auf sich aufmerksam. Früher war das ein Thema, das auch in Dänemark die Parteien des rechten Spektrums besetzt haben. Doch spätestens seit der Flüchtlingskrise 2015 gehen auch die Sozialdemokraten damit auf Stimmenfang. Mit Erfolg; 2019 eroberten die Sozialdemokraten mit Mette Frederiksen an der Spitze die Regierungsmacht zurück und setzen die strenge Ausländerpolitik ihrer Vorgänger fort.
Abschrecken, Leistungen kürzen, abschieben
Dänemark nimmt an der Bevölkerung gemessen weniger Asylbewerber auf als die meisten anderen EU-Staaten. Asylbewerber müssen in Sammellagern leben und dürfen nicht arbeiten. Geldzahlungen wurden verringert und der Familiennachzug erschwert. Sprach- und Einbürgerungstests wurden schwieriger. In sozial benachteiligten Stadtteilen sollen maximal 30 Prozent "nicht-westlicher" Ausländer leben. Das Land setzte sogar noch einen drauf und plante ein Asyl-Lager in Ruanda. Außerdem sollten Syrerinnen und Syrer in ihre Heimat abgeschoben werden. Diese Pläne sind mittlerweile vom Tisch.
Vieles ist Symbolpolitik: Weil Dänemark nicht mit Assads Regime zusammenarbeitet, bleiben ausgewiesene Syrer vorerst im Land, und auch die Pläne für ein Asylzentrum außerhalb Europas sind auf Eis gelegt.
EU und UN protestieren
Scharfe Kritik an den Plänen kam nicht nur von NGOs und linken Parteien im eigenen Land, sondern auch von der UN-Flüchtlingsorganisation UNHCR und der EU-Kommission. Die dänische Regierung beeindruckt solche Kritik offenbar kaum. Befürworter der harten Asylpolitik verweisen darauf, dass der Wählerzuspruch für die Rechten extrem zurückgegangen sei, seit die Sozialdemokraten selbst eine harte Asylpolitik betreiben.
Für Dänemark gelten Sonderregeln in der EU
Größere Freiheiten in der Asylpolitik als Deutschland hat Dänemark auch deshalb, weil das EU-Recht für das Land aufgrund einer Sonderregelung im Justizbereich nur zum Teil verbindlich ist. Außerdem, betonen Experten, ziehe Dänemark aufgrund seiner Lage zwischen den großen Einwanderungsländern Deutschland und Schweden weniger Asylsuchende an.
So sieht die Asylpolitik Österreichs aus
Österreich gehört in der EU, wie Dänemark, zu den Hardlinern bei der Migrationspolitik. Die ÖVP-geführte Regierung drängt auf möglichst harte Maßnahmen europaweit. Der grüne Koalitionspartner lässt der ÖVP bei dem Thema weitgehend freie Hand.
Getrieben wird die Debatte außerdem von der in Teilen rechtsextremen FPÖ, die in Österreich seit Monaten mit rund 30 Prozent die Umfragen anführt. Die FPÖ fordert unter anderem Pushbacks an den Außengrenzen und macht Wahlkampf mit dem Slogan "Festung Österreich", den sie von der rechtsextremen Identitären Bewegung übernommen hat.
Grenzkontrollen und Blockade neuer Schengen-Mitglieder
So wie Deutschland seine Grenze zu Österreich kontrolliert, tut es Österreich mit den süd-östlichen Nachbarn Ungarn und Slowenien. Zudem blockiert die Regierung in Wien weiter die Schengen-Beitritte Bulgariens und Rumäniens, trotz Zugeständnissen wie etwa einer schnelleren Rückübernahme von Asylbewerbern durch Rumänien.
Asylanträge gehen zurück
Die Asylanträge in Österreich sind zuletzt stark zurückgegangen und es haben mehr Asylantragssteller Österreich verlassen als neue Anträge gestellt wurden. Diese Entwicklung führt man im Innenministerium auf mehrere Faktoren zurück: einerseits auf die Grenzpunkt- und Grenzraumkontrollen, andererseits auf die Bekämpfung von Schleppern bereits auf den Routen im Ausland. Denn österreichische Polizisten sind auf der sogenannten Balkanroute im Einsatz, etwa in Serbien und Montenegro sowie in Ungarn. Auch würden die internationalen Kooperationen, die etwa das Ende der Visa-Freiheit für Inder und Tunesier in Serbien brachten, und schließlich schnellere Verfahren in Österreich selbst ihre Wirkung zeigen.
Asylsuchende sollen gemeinnützige Arbeit leisten
Derzeit wird eine Verpflichtung zur gemeinnützigen Arbeit für Asylbewerber diskutiert. Den asylsuchenden Menschen könnte dann die Grundversorgung gekürzt werden, wenn sie die Arbeit ablehnen – also das Geld für Verpflegung, Unterkunft und Bekleidung. Bislang können Asylsuchende gemeinnützige Tätigkeiten für Bund, Länder und Gemeinden in den ersten drei Monaten für einen geringen Geldbetrag von maximal 110 Euro monatlich leisten.
Kritiker der Maßnahmen fordern hingegen einen erleichterten Zugang zum Arbeitsmarkt für Asylbewerber. Bislang dürfen Asylbewerber in den ersten drei Monaten gar nicht arbeiten und danach geht dies bis zum Abschluss des Asylverfahrens nur mit einer Beschäftigungsbewilligung. Darin muss nachgewiesen werden, dass für die Stelle keine Österreicher, EWR-Bürger oder fortgeschritten integrierte Bürger aus Drittstaaten infrage kommen.
Grafik: Wie viele Asylanträge wurden im ersten Halbjahr 2023 in den EU-Staaten gestellt?
Im Audio: Diskussion um Arbeitspflicht für Asylbewerber in Österreich
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