Archivbild, 09.09.2023: Friedrich Merz (Parteivorsitzender, CDU), Wahlkampfauftakt der CDU Hessen zur Landtagswahl in Hessen, Union Halle Frankfurt am Main
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CDU-Chef Friedrich Merz sorgt mit einer Äußerung über die Gesundheitsversorgung von Asylbewerbern für Aufsehen. Belegen lässt sich diese nicht.

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Merz, die Asylbewerber und deren Zähne – Was ist dran?

CDU-Chef Friedrich Merz sorgt mit einer Äußerung über die Gesundheitsversorgung von Asylbewerbern für Aufsehen. Werden diese beim Zahnarzt besser behandelt als deutsche Versicherte? Belegen lässt sich das nicht.

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Am Anfang steht eine Interview-Aussage. In einer Talkrunde des Senders "Welt" über die Flüchtlingspolitik sprach der CDU-Vorsitzende über "Pull-Faktoren" und meinte damit angebliche Anreize, wegen derer viele Flüchtlinge in Deutschland Asyl beantragen würden.

Eine Aussage in der Kritik

Die Bürger, sagte Friedrich Merz, würden doch wahnsinnig "wenn die sehen, dass 300.000 Asylbewerber abgelehnt sind, nicht ausreisen, die vollen Leistungen bekommen". Im Anschluss sagte Merz über Asylbewerber dann den Satz, wegen dem er nun in der Kritik steht: "Die sitzen beim Arzt und lassen sich die Zähne neu machen, und die deutschen Bürger nebendran kriegen keine Termine."

Vom politischen Gegner wird Merz für diesen Satz scharf kritisiert. Bundesinnenministerin Faeser (SPD) wirft dem CDU-Chef "erbärmlichen Populismus" und einen Beitrag zur Spaltung der Gesellschaft vor. Asylbewerber könnten nur in Notfällen überhaupt zum Zahnarzt gehen, sagt Faeser. Was ist also dran an der Merz-Aussage?

Versorgung von Asylbewerbern ist zunächst eingeschränkt

Asylbewerber haben in Deutschland in den ersten eineinhalb Jahren nach Antragsstellung nur Anspruch auf eine eingeschränkte medizinische Versorgung, die von staatlichen Stellen bezahlt wird. Die Migranten sind in dieser Zeit nicht krankenversichert. Welche Leistungen sie bekommen, regelt das Asylbewerberleistungsgesetz.

Darin ist zum Beispiel festgelegt, dass eine Versorgung mit Zahnersatz nur im Einzelfall und auch dann nur übernommen wird, wenn sie aus medizinischen Gründen unaufschiebbar ist. Die Behandlungsmöglichkeiten für Flüchtlinge sind in dieser Zeit also im Umfang geringer, als die von normalen Krankenversicherten. Das gilt auch für Zahnbehandlungen.

"Gesundheitskarte für Flüchtlinge" gibt es nach 18 Monaten

Nach 18 Monaten erhalten Asylbewerber und abgelehnte, aber geduldete Antragssteller dann eine "Gesundheitskarte für Flüchtlinge" mit einem ähnlichen Leistungsumfang wie Mitglieder einer gesetzlichen Krankenversicherung, auch im Bereich der Zahnmedizin.

Eine Ausnahme bilden die rund eine Million Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine. Sie haben von Anfang an vollen Zugang zu den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung.

Auch aus der CDU kommt nicht nur Rückendeckung

Eine bevorzugte Vergabe von Zahnarztterminen an abgelehnte Asylbewerber gibt es nicht. CDU-Chef Merz nannte für seine entsprechende Behauptung keinen Beleg. Sein Parteifreund Tino Sorge, gesundheitspolitischer Sprecher der Unionsfraktion, erklärte, durch eine hohe Zahl von Migranten würden Arzttermine vielerorts grundsätzlich knapp.

Aus seiner Partei erhielt Friedrich Merz für seine Aussagen zum Teil Rückendeckung, aber auch vereinzelte Kritik. Der ehemalige CDU-Generalsekretär und Merz-Kritiker Ruprecht Polenz warf dem CDU-Chef vor, dumpfe Vorurteile zu bestätigen.

Vorwurf der Falschbehauptung

Die Kritik der Grünen-Vorsitzenden Ricarda Lang geht in eine ähnliche Richtung. Friedrich Merz spiele ganz bewusst Gruppen gegeneinander aus, in dem er Falschinformationen verbreite, erklärte Lang und ergänzte, das sei des Vorsitzenden einer Volkspartei unwürdig. Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, die SPD-Politikerin Reem Alabali-Radovan, betonte, Merz mache mit Falschbehauptungen Stimmung gegen die Schwächsten.

Im Video: Spaltet der Populismus Deutschland?

Ein Mann im weißen Hemd, es ist der bayerische Vize-Ministerpräsident Hubert Aiwanger, neben ihm ein Schild mit der Aufschrift "Stoppt die Heizungsideologie".
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Aufgeheizte Stimmung in der Heizungsdebatte: Spaltet der Populismus Deutschland?

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