Archiv (22.04.2024): Bijan Djir-Sarai, FDP-Generalsekretär, spricht beim Bundesparteitag seiner Partei zu den Delegierten.
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Die FDP stellt mit dem Abgang von Wirtschaftsstaatssekretär Graichen den Zeitplan für das Heizungsgesetz in Frage.

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Nach Graichen-Rückzug: Streit über Zeitplan für Heizungsgesetz

Die FDP stellt mit dem Abgang von Wirtschaftsstaatssekretär Graichen den Zeitplan für das umstrittene Heizungsgesetz in Frage – zum Missfallen von SPD und Grünen. Währenddessen sieht die Linke Bundeswirtschaftsminister Habeck "schwer beschädigt".

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Der angekündigte Abgang von Wirtschaftsstaatssekretär Patrick Graichen hat in der Ampel-Koalition eine Debatte über den Zeitplan für das umstrittene Gebäudeenergiegesetz (GEG) ausgelöst. Die FDP spricht sich dafür aus, den Zeitplan für das auch Heizungsgesetz genannte Projekt zu strecken – mit der Begründung, dem Parlament sei der Ansprechpartner für das Thema abhanden gekommen. SPD und Grüne sehen aber keinen Zusammenhang zwischen beiden Sachverhalten.

Zeitplan für Heizungsgesetz laut FDP fraglich

Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatte am Mittwoch den Rückzug seines Staatssekretärs Graichen angekündigt, nachdem dieser in mindestens zwei Fällen Privates und Berufliches nicht ausreichend getrennt haben soll. Graichen spielte eine zentrale Rolle bei der Energiewende. Habeck strebt noch vor der am 7. Juli beginnenden parlamentarischen Sommerpause eine Verabschiedung des Gesetzes an.

"Ich halte eine Verabschiedung vor der Sommerpause für ausgeschlossen", sagte dagegen FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai der "Bild"-Zeitung. "Es ist nicht entscheidend, wann das GEG verabschiedet wird. Entscheidend ist, dass es ein gutes Gesetz wird, das niemanden überfordert und viele Technologien ermöglicht", betonte Djir-Sarai. Er kündigte einen Fragenkatalog seiner Fraktion an Habeck an. "Die FDP-Fraktion hat noch rund 100 Fragen an Robert Habeck. Solange die nicht beantwortet sind, können die Beratungen über das Gesetz gar nicht beginnen", sagte er.

SPD und Grüne gegen Aufschub

Von SPD und Grünen kommt Widerstand gegen die FDP-Forderung zum Aufschub beim Zeitplan. SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert sagte im ZDF-"heute journal" mit Blick auf den Abgang von Graichen: "Beide Sachverhalte haben nichts miteinander zu tun." Es gebe keine Klimaneutralität in Deutschland, ohne dass man an die Art des Heizens herangehe. An dieser Notwendigkeit habe sich nichts geändert.

Nach dem vom Bundeskabinett beschlossenen Gesetzentwurf soll von 2024 an möglichst jede neu eingebaute Heizung zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Das soll für alle Eigentümer unter 80 Jahre gelten. Bestehende Öl- und Gasheizungen können weiter betrieben werden, kaputte Heizungen dürfen repariert werden.

Linken-Fraktionschefin Amira Mohamed Ali sieht durch die Fehler von Graichen auch Minister Habeck "schwer beschädigt". Je nachdem, was jetzt noch zu Tage gefördert werde, "muss auch sein Verbleib im Amt zur Disposition gestellt werden", sagte sie der "Rheinischen Post". "Die Aufklärung muss weitergehen." Auch die Union sieht noch Aufklärungsbedarf.

CSU-Generalsekretär Huber sieht "Eingriff ins Eigentum"

Als "weltfremd, arrogant und sozial ungerecht" hat der Generalsekretär der CSU, Martin Huber, die Heizungspläne der Ampel kritisiert. Viele Menschen, die sich ein Leben lang ihr Eigenheim hart erarbeitet hätten, würden jetzt benachteiligt, sagte Huber im BR-Interview. "Es ist respektlos gegenüber der Lebensleistung dieser Menschen, und deswegen ist für uns klipp und klar: die Heizungspläne der Ampel, sie müssen weg!", fordert Huber. In den Ampel-Plänen sieht er einen "massiven Eingriff ins Eigentum".

Der Wirtschaftsausschuss des Bundestages will sich am nächsten Mittwoch mit weiteren offenen Fragen zur Politik des Wirtschaftsministeriums befassen. Das geht aus der Tagesordnung hervor, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt.

Wirtschaftsausschuss: Personalpolitik und Compliance-Verstöße

Der Ausschuss soll am Morgen zunächst entscheiden, ob am Mittag in einer gemeinsamen Sitzung mit dem Ausschuss für Klimaschutz und Energie und in öffentlicher Sitzung beraten wird. Beides hatte die CDU/CSU-Fraktion beantragt. Thema soll laut Tagesordnung die "Weitere Aufarbeitung der Stellenbesetzung des Vorsitzenden der dena-Geschäftsführung sowie aktuelle Berichterstattung zu möglichen Compliance-Verstößen und zur Personalpolitik des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz" sein.

Der Wirtschaftsausschuss erwartet auch einen Bericht des Ministeriums zu Medienberichten über "mögliche Interessenkonflikte in der Leitungsebene des BMWK bei der Industriepolitik, Außenwirtschaftspolitik, Digital- und Innovationspolitik und hier insbesondere bei der Startup-Förderung". Für diese Bereiche ist Staatssekretär Udo Philipp zuständig. Nach einem Bericht von "Business Insider" hat Philipp privates Geld in mehrere Startups investiert, was angesichts seiner Position im Ministerium Fragen bei der Opposition aufwirft.

Staatssekretär Philipp war als "Business-Angel" tätig

Das Ministerium erklärte, Philipp habe seine Vermögensverhältnisse den Verhaltensvorschriften entsprechend bei Amtsantritt angezeigt, seine Aktien würden von Dritten verwaltet und er habe keinen Einfluss auf Einzelgeschäfte. Vor Amtsantritt habe er als "Business Angel" kleine Firmen unterstützt. Er sei dort schon seit Amtsantritt als Staatssekretär im Finanzministerium Schleswig-Holstein im März 2019 nicht mehr aktiv.

"Aufgrund der Illiquidität der Unternehmensanteile ist ein Verkauf der Anteile nicht möglich", erklärte das Ministerium. Vorsorglich sei aber geregelt, dass Philipp keine Entscheidungen treffe, von denen diese Unternehmen finanziell profitieren könnten. Die Förderung von Unternehmensgründungen und finanzielle Hilfen in der Wachstumsphase liegen laut Ministerium in der Zuständigkeit der Abteilung von Staatssekretär Sven Giegold (Grüne).

Mit Informationen von dpa

Nach knapp drei Wochen erhitzter Diskussionen um Fehlverhalten eines seiner wichtigsten Mitarbeiter versucht Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) den Befreiungsschlag: Staatssekretär Patrick Graichen muss gehen.
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Staatssekretär Graichen muss gehen

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