Mitte Dezember warb der ukrainische Präsident Selenskyj in Washington um die weitere Unterstützung, hier mit den US-Senatoren McConnell und Schumer.
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Der ukrainische Staatspräsident Selenskyj Mitte Dezember 2023 in Washington mit den US-Senatoren McConell (Republikaner) und Schumer (Demokraten)

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Kein Geld für die Ukraine - US-Senat lässt Deal platzen

Gestern hat der US-Senat eine folgenschwere Entscheidung getroffen: Mit knapper Mehrheit scheiterte der Gesetzesentwurf, 118 Milliarden Dollar für die US-Grenze, die Ukraine und Israel auszugeben. Was passiert jetzt? Können die Europäer einspringen?

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Das dürften zahllose Spitzenpolitiker in Brüssel, Berlin und Kiew zwar befürchtet haben. Jetzt ist es aber eingetreten: Die mühseligen, wochenlangen Verhandlungen zwischen Republikanern und Demokraten im US-Kongress sind gescheitert. Es ist eine herbe Enttäuschung für die Ukraine, die seit November letzten Jahres auf die Freigabe der milliardenschweren Militärhilfe durch Washington wartet. Das umfangreiche Finanzpaket von insgesamt 118 Milliarden Dollar hätte für die Ukraine den Betrag von 60 Milliarden Dollar vorgesehen. Die übrigen Bestandteile des Gesetzesentwurfs sahen unter anderem weitere 14 Milliarden Dollar für Israel vor und knapp 30 Milliarden für den Ausbau der US-Grenze zu Mexiko.

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Trumps Einfluss auf das Nein zur Ukraine-Hilfe

Auf ausdrückliches Drängen der Republikaner war im Herbst 2023 in den Gesetzentwurf, in dem es ursprünglich um die Bereitstellung weiterer Militärhilfe für die Ukraine gehen sollte, das Lieblingsthema von Ex-Präsident Donald Trump aufgenommen worden: die Grenze zu Mexiko und deren faktische Schließung für mittel- und südamerikanische Migranten. Als es am Mittwoch dieser Woche zur Abstimmung im US-Senat kam, votierten mit Ausnahme von vier republikanischen Senatoren alle gegen das Finanzpaket, das für die Ukraine essenziell ist. Unter seinen republikanischen Kollegen im Senat "waren viele, die das Gesetz vermutlich unterstützt hätten", so der demokratische US-Senator Chris Murphy am Donnerstagmorgen in der "Washington Post". "Aber sie konnten es nicht unterstützen, weil Donald Trump ihnen gesagt hat, dass sie es nicht könnten."

Wie verlässlich sind noch die Zusagen der US-Regierung?

Es gebe keine andere Möglichkeit, als erneut dem US-Kongress die Freigabe der Ukraine-Hilfe vorzulegen. So lautet die Marschroute des Weißen Hauses. "Wir konzentrieren uns nicht auf Plan B", beschwor Bidens nationaler Sicherheitsberater Jack Sullivan am Mittwoch NATO-Partner in Brüssel. Es gebe nur den Plan A, also die Verabschiedung eines gemeinsamen Hilfspakets für die Ukraine durch Demokraten und Republikaner im Kongress. Das erscheint angesichts der hoffnungslos untereinander zerstrittenen Republikaner und der Dominanz Trumps über deren Abstimmungsverhalten fraglicher denn je zuvor. Für die Ukraine setzt sich das wochen- und monatelange bange Warten auf die dringend benötigten Militärgüter fort.

Nur die US-Waffendepots sind groß genug

Nur die US-Waffendepots seien in der Lage, die Ukraine mit weiteren Luftabwehrsystemen, gepanzerten Fahrzeugen, Raketen und vor allem Munition in ausreichender Anzahl zu versorgen. Für ehemalige, enge Berater von Ex-Präsident Trump stehe das militärische Überleben der Ukraine auf dem Spiel. So zitiert die "New York Times" den früheren nationalen Sicherheitsberater H.R. McMaster mit der Warnung: Die USA hätten eine klare Entscheidung zu treffen. Entweder würden sie die Ukrainer mit den Waffen zu versorgen, die sie zur Verteidigung benötigten oder "die Hilfe einstellen und die demokratische Ukraine in ihrem Kampf um das nationale Überleben gegen Putins Aggression im Stich lassen". Mit Sachargumenten seien die unter Trumps Einfluss stehenden Republikaner kaum mehr zu erreichen. So seien die weltweiten Konsequenzen im Falle eines weiteren Neins zur Ukraine-Hilfe kaum abzusehen. Trumps Ex-Sicherheitsberater McMaster: Kiew aufzugeben, wäre ein "Geschenk an die Aggressionsachse Moskau-Teheran-Peking-Pjöngjang". Zudem würden Partner und Verbündete das Vertrauen in Amerika verlieren.

Scholz ruft zu mehr Militärhilfe für die Ukraine auf

Genau diese Sorgen treiben Bundeskanzler Olaf Scholz an, der in Washington mit US-Präsident Joe Biden sowie anschließend mit Kongressmitgliedern der Demokraten und Republikaner sprechen wird. Die bisherigen Militärhilfen der Europäer und Amerikaner seien nicht ausreichend. Putin müsse das "sehr klare Signal" erhalten, dass der Westen in seiner Unterstützung der Ukraine nicht nachlassen werde, so der Kanzler vor seinem Abflug nach Washington. Erst vor Kurzem hatten die EU-Staats- und Regierungschefs das 50 Milliarden Euro Hilfspaket für Kiew auf den Weg gebracht, um die finanziellen Verpflichtungen der Ukraine gegenüber ihren Staatsbürgern in den nächsten vier Jahren abzusichern. Zudem haben Deutschland und Norwegen weiteren Waffenlieferungen an die Ukraine angekündigt. Doch an einer Freigabe der US-Gelder durch den Kongress führt kein Weg vorbei, sollte die Ukraine das dritte Kriegsjahr den russischen Besatzern widerstehen können. Offen hat EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen eingeräumt, dass die Europäer nicht in der Lage waren, ihr Versprechen vom letzten März einzulösen: Statt der zugesagten eine Million Artilleriegranaten, die der Ukraine hatte erhalten sollen, wurde nur die Hälfte geliefert. In den kommenden Monaten müssten aber, so die EU-Kommissionspräsidentin, "über eine halbe Million Artilleriegranaten“ an Kiew gehen. Das sei allerdings "sicherlich nicht genug".

Erneute Abstimmung im US-Senat

Am Donnerstagabend deutscher Zeit will der US-Senat erneut zusammenkommen, um in einem zweiten Anlauf abzustimmen - dieses Mal nur über die finanziellen Ukraine- und Israel-Hilfen. Die im ursprünglich vorgeschlagenen Gesetzes-Paket enthaltenen schärferen Regeln in der US-Einwanderungspolitik werden jetzt ausgeklammert.

Im Video: Gesetzesentwurf für Ukraine-Hilfen scheitert im US-Senat

Die Demokraten von US-Präsident Biden sind mit einem milliardenschweren Hilfspaket für die Ukraine im Senat gescheitert.
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Die Demokraten von US-Präsident Biden sind mit einem milliardenschweren Hilfspaket für die Ukraine im Senat gescheitert.

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