Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD)
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Kanzler spricht Machtwort im Streit um Kindergrundsicherung

Die Finanzierung der geplanten Kindergrundsicherung sorgt für Streit in der Ampel-Koalition. Nun hat sich der Kanzler eingeschaltet: Olaf Scholz fordert einen geeinten Referentenentwurf bis Ende August.

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Im Streit um die Finanzierung der Kindergrundsicherung hat sich nun Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) eingeschaltet. In einem Brief an die Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne), der dem ARD-Hauptstadtstudio vorliegt, fordert er einen geeinten Referentenentwurf bis Ende August.

Der Kanzler will, dass die Kindergrundsicherung nach Ende der parlamentarischen Sommerpause kommt. In dem Schreiben ist im Zusammenhang mit der Kindergrundsicherung von einer "beabsichtigten Leistungsverbesserung" die Rede.

Scholz unterstützt offenbar Forderung nach ausreichend Finanzmitteln

Scholz bittet Paus zudem verschiedene Varianten und Alternativen zur Ausgestaltung der Kindergrundsicherung zu erarbeiten, beispielsweise für den Pauschalbetrag des Bildungs- und Teilhabepakets. Der Kanzler schreibt: "Die Ressortabstimmung sollte dann zeitnah eingeleitet werden, so dass eine Kabinettsbefassung Ende August realisiert werden kann."

Damit bestätigt Scholz offenbar die Position der Bundesfamilienministerin, die für die Kindergrundsicherung ausreichend Haushaltmittel fordert, um das zentrale sozialpolitische Reformprojekt der Ampel umzusetzen. Paus hat immer wieder eine Kindergrundsicherung gefordert, die Leistungsverbesserungen enthält und damit mehr sei als eine Verwaltungsreform.

Etappensieg für das Familienministerium

Paus begrüßte in einer Erklärung, dass der Kanzler "mit seiner Entscheidung Klarheit bei der Kindergrundsicherung geschaffen hat". Die Kindergrundsicherung werde "als wichtige gemeinsame sozialpolitische Reform der Bundesregierung kommen". Scholz habe "deutlich gemacht, dass es sich um eine wirksame Leistung handeln muss, die armutsbedrohte Kinder und ihre Familien tatsächlich unterstützt und Leistungsverbesserungen enthält und durch eine moderne, digitale Verwaltung mehr Kinder erreicht als heute".

Aus Regierungskreisen hieß es: "Die Strategie (...), die Verabschiedung des Bundeshaushalts mit einer Entscheidung für eine wirksame Kindergrundsicherung zu koppeln, war richtig. Anders wäre keine Bewegung (...) möglich gewesen". Für das Familienministerium sei das ein Etappensieg, für die Bekämpfung der strukturellen Kinderarmut ein wichtiger Schritt nach vorne. Auch die breite Unterstützung der Sozialverbände in den vergangenen Tagen habe geholfen.

Immer wieder Streit in der Ampel bei Kindergrundsicherung

Die zwei Milliarden Euro für 2025 in der mittelfristigen Finanzplanung des Bundeshaushalts seien als "Platzhalter" für die inhaltlichen Reformschritte zu verstehen, bis die gesetzgeberischen Arbeiten abgeschlossen sind, hieß es weiter.

In den letzten Monaten kam es immer wieder zu Meinungsverschiedenheiten in der Ampel beim Thema Kindergrundsicherung. Familienministerin Paus fordert zwölf Milliarden Euro für ihr Projekt. Finanzminister Lindner (FDP) hat für die Haushaltsplanung für 2025 als Merkposten zwei Milliarden eingeplant.

FDP: Kritik an intransparenter Summe für Kindergrundsicherung

Unterstützung erhalten die Grünen von der Opposition: Für die Bundesparteivorsitzende der Linken, Janine Wissler, opfere Lindner das wichtigste sozialpolitische Vorhaben der Ampel-Regierung. Für Wissler habe die FDP kein Herz für Kinder. Sie bezeichnete den Finanzstreit um die Kindergrundsicherung als "würdeloses Geschacher um die Grundsicherung, die benachteiligte Kinder mehr Teilhabe ermöglichen sollte".

Bijan Djir-Sarai, FDP-Generalsekretär, kritisiert hingegen die von Paus veranschlagte Summe von zwölf Milliarden Euro: "Wir haben sie damals darum gebeten zu erklären, wofür die zwölf Milliarden Euro sind. Bis zum heutigen Tag konnte sie eine Erklärung dafür nicht geben." Unstrittig sei hingegen die grundsätzliche Einführung der Kindergrundsicherung, "eine Verwaltungsreform vorzunehmen", wie der FDP-Generalsekretär es bezeichnete. Das habe sich die Koalition als Ziel genommen – nur die Finanzierung sei noch nicht finalisiert.

Bayerische Familienministerin bekräftigt Ablehnung

Die bayerische Familien- und Sozialministerin Ulrike Scharf (CSU) hat ihre ablehnende Haltung zur geplanten Kindergrundsicherung der Bundesregierung im BR-Interview erneut bekräftigt. Bei BR24 forderte sie stattdessen eine sofortige Neubemessung des Existenzminimums. So könne schneller Geld direkt bei den Familien und den Kindern ankommen.

Die Diskussion um die Kindergrundsicherung würde sich jetzt schon zu lange hin ziehen. "Dieses Verfahren der Kindergrundsicherung, das Zusammenfassen der verschiedenen Leistungen ist ein Riesenprojekt, bei dem wir nicht den Eindruck verspüren, dass hier Bewegung reinkommt", sagte Scharf.

  • Zum Artikel: Debatte ums Geld: Fragen und Antworten zur Kindergrundsicherung

Im Video: Ekin Deligöz, Staatssekretärin im Familienministerium, verteidigt die geplante Grundsicherung

Die Grünen wollen armen Familien mit der sogenannten Kindergrundsicherung künftig besser helfen. Doch das Vorhaben ist umstritten. Bayern lehnt es ab. Ekin Deligöz, Staatssekretärin im Familienministerium, verteidigt die geplante Grundsicherung.
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Ekin Deligöz, Staatssekretärin im Familienministerium, verteidigt die geplante Grundsicherung

💡 Was ist Kindergrundsicherung?

Mit der Kindergrundsicherung sollen Kindergeld, Kinderzuschlag sowie Bürgergeld für Kinder und Teile des Bildungs- und Teilhabepakets zu einer einheitlichen Leistung zusammengefasst werden.

Geplant wird eine Auszahlung in zwei Komponenten: Ein Teil soll für jedes Kind garantiert gleich hoch sein (rund 250 Euro), der zweite Teil wird nach dem Einkommen der Eltern gestaffelt. So sollen vor allem einkommensschwache Familien unterstützt werden. Zudem sollen Familien die Kindergrundsicherung möglichst einfach und unbürokratisch über ein digitales Kindergrundsicherungsportal beantragen und erhalten können. Bisher müssen sich Familien mit Kindern durch einen Bürokratie-Dschungel aus verschiedenen Angeboten und Behörden durchschlagen, um Zuschüsse für ihre Kinder zu erhalten. Bürokratische Hürden sowie Unkenntnis über Zuschüsse führe nach Familienministerin Paus zu verdeckter Armut.

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