Nach den schweren Überschwemmungen und Erdrutschen in Folge ungewöhnlich heftiger Regenfälle schwanken die Menschen in der italienischen Region Emilia Romagna zwischen Angst, Verzweiflung und hektischer Aktivität.
"Ich besitze nur noch den Schlafanzug, den ich trage. Ich habe alles verloren", sagte ein 58-jähriger Bewohner der Stadt Faenza der Nachrichtenagentur AFP. Er und seine Frau wateten durch den Schlamm und räumten mit Hilfe von Freunden die letzten persönlichen Habseligkeiten aus dem Haus.
Er blickte verstört, doch dann fügte er hinzu, als wollte er sich selbst trösten: "Gott sei Dank sind wir wohlauf, meine Familie und ich." Kurz darauf setzte wieder der Regen ein. In der rund 40 Kilometer von Ravenna entfernten Stadt Faenza waren die Menschen am Freitag unermüdlich damit beschäftigt, Schlamm aus ihren Häusern zu schaufeln und durchnässte Matratzen, Kleidung und Möbel zu Abfallbergen aufzutürmen.
Mehr als 3.000 Einsätze
In einigen Gebieten der Region an der Adriaküste gilt weiterhin die höchste Alarmstufe rot, wie der italienische Zivilschutz am späten Freitagabend mitteilte. Am Wochenende wird weiter mit Niederschlägen gerechnet. Mindestens 14 Menschen sind durch die Überschwemmungen in dieser Woche ums Leben gekommen und rund 15.000 Menschen mussten evakuiert werden, meldete die Nachrichtenagentur Ansa.
Das Hochwasser und die vielen Erdrutsche machen den betroffenen Gebieten weiter zu schaffen. In einigen Gegenden zieht sich das Wasser langsam zurück. Hunderte Rettungskräfte und Freiwillige sind nun im Einsatz, um die Straßen vom Schlamm zu befreien. Seit Beginn der heftigen Unwetter rückte die italienische Feuerwehr zu mehr als 3.000 Einsätzen aus, an denen rund 1.000 Feuerwehrleute beteiligt waren, hieß es am Samstagmorgen. Die meisten Einsätze liefen demnach in den Gegenden rund um Bologna, Ravenna sowie Forlì-Cesena.
Wetterextreme suchen Norditalien heim
Italien wird in diesem Jahr wiederholt von Wetterextremen geplagt: Während es im Winter und zu Beginn des Frühlings noch sehr trocken war und Flüsse sowie Seen außergewöhnlich wenig Wasser führten, kam es nun zu heftigen Niederschlägen.
"Überschwemmungen und Dürre sind sich ergänzende Ereignisse, die sich nicht gegenseitig aufheben", erklärte der Klimaforscher Massimiliano Pasqui vom italienischen Nationalen Forschungsrat im "Corriere della Sera". "Die Böden haben monatelang Feuchtigkeit verloren. Aber da sie ausgetrocknet sind, können sie das Regenwasser nicht mehr aufnehmen, das in diesen Stunden in enormen Mengen über die ausgetrockneten Flächen läuft und den Weg für Überschwemmungen ebnete."
Angst, dass es wieder regnet
Die Sorge ist nun erneut groß vor dem neuen Regen, der am Wochenende erwartet wird. Vor allem in der Provinz rund um die Stadt Ravenna spitzte sich die Lage bereits am Freitag wieder zu. Es traten erneut Flüsse über die Ufer. Vor allem Erdrutsche erweisen sich aktuell als große Gefahr. Mehrere Gemeinden kämpften zudem mit Problemen bei der Lebensmittel- und Trinkwasserversorgung.
Italiens Regierung unter Ministerpräsidentin Giorgia Meloni plant unterdessen am Dienstag eine Kabinettssitzung, um Hilfsmaßnahmen für die betroffenen Gebiete zu beschließen. Aus Japan, wo Meloni am G7-Gipfel teilnimmt, sicherte sie ihre "vollste Solidarität" zu.
Mit Informationen von dpa und AFP
Zum Video: Erneut Regen im Überschwemmungsgebiet
Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.
"Hier ist Bayern": Der neue BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!