Flüchtlinge in einer Notunterkunft
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Flüchtlinge in einer Notunterkunft

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Flüchtlingsgipfel: Bund und Länder vor schwierigen Verhandlungen

Verhärtete Fronten vor dem Flüchtlingsgipfel. Die Länder wollen mehr Geld. Der Bund weigert sich und setzt auf einen konsequenteren Kurs in der Migrationspolitik. Auch in Bayern gehen die Meinungen auseinander. Söder spricht von "schlechtem Gefühl".

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Die Städte und Gemeinden sind am Limit – so erlebt es der CSU-Bundestagsabgeordnete Alexander Hoffmann in seiner Region Main-Spessart. Sie hätten keinen Platz mehr für Unterkünfte, in Kitas, in den Schulen. Hoffmann fordert einen Kurswechsel in der Flüchtlingspolitik, im BR24 Streitgespräch mit seinem Bundestagskollegen Stephan Thomae von der FDP.

Zumindest in der Einschätzung der Situation der Kommunen sind sich beide einig. Die angespannte Lage sei auch in seiner Region, dem Allgäu, spürbar, sagt FDP-Politiker Thomae. Bleibt die Frage, was tun? Darum werden Kanzler und Ministerpräsidentinnen und -präsidenten beim heutigen Bund-Länder-Treffen ringen. Dabei geht’s ums Geld, aber nicht nur.

FDP-Politiker Thomae: Migration mehr steuern

Stephan Thomae sieht andere Lösung im Vordergrund. Der parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion betont, die Migration müsse mehr kontrolliert und gesteuert werden. Zum Beispiel durch mehr Kontrollen an den deutschen Grenzen, unter anderem zur Schweiz, Tschechien oder Polen, indem die Schleierfahndung dort ausgeweitet wird. Er plädiert auch für gemeinsame Asylverfahren an den EU-Außengrenzen.

Ampel will Maßnahmen ausweiten

Die Bundesregierung setzt bei der Lösung der angespannten Situation auf einen konsequenteren Kurs in der Migrationspolitik und will Maßnahmen ausweiten. Bundeskanzler Olaf Scholz will, dass Asylverfahren schneller gehen, indem die Ausländerbehörden konsequent digitalisiert werden und es ausreichend Verwaltungsrichter gibt. Da sind die Bundesländer gefragt. Außerdem will er schnellere Abschiebungen ermöglichen. Er wird versuchen, diese Punkte beim Bund-Länder-Treffen am Nachmittag in den Vordergrund zu stellen, denn mehr Geld will er den Ländern und Kommunen nicht geben.

CSU-Politiker Hoffmann: Kommunen brauchen mehr Geld

Es sind kleinteilige Maßnahmen, die in der Summe den Gemeinden und Städten Entlastung bringen könnten – und sie stoßen prinzipiell auch bei Oppositionspolitiker Alexander Hoffmann auf Zustimmung. Doch mit diesen Punkten allein die Bundesländer zufrieden zu stellen, wird wohl nicht gelingen. Die Signale, die der Bund sendet, seien in "höchstem Maße irritierend", sagt Innenpolitiker Hoffmann. Der Bund lasse Länder und Kommunen im Regen stehen.

Söder geht mit schlechtem Gefühl in den Gipfel

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder fordert von der Ampel-Regierung, die Situation in den Kommunen nicht länger zu ignorieren. "Wenn der Bund sagt: ne, das Problem gibt's gar nicht und das wollen wir nicht und das lösen wir nicht, müsst ihr selber lösen, dann ist das schon ein Bruch in einer gemeinsamen gesamtstaatlichen Verantwortung", so Söder im Interview mit dem Bayerischen Rundfunk.

Nach eigener Aussage geht Söder deshalb mit einem "sehr schlechten Gefühl" in den heutigen Migrationsgipfel. Denn bislang nehme der Bund laut Söder die Lage in den Ländern nicht richtig wahr. "Die Menschen sind ja da, die Menschen brauchen eine menschenwürdige Unterkunft und deswegen muss der Bund etwas tun."

Söder fordert sinnvolle Steuerung der Zuwanderung

In punkto Kostenübernahme ist Bayern aus Sicht Söders "ein Musterland". Denn der Freistaat übernehme bislang schon mehr Kosten als alle anderen Bundesländer. Der Bund wiederum trage lediglich 18,6 Prozent der Kosten. Nach Ansicht des Ministerpräsidenten müsse der Bund für "Hilfe jetzt" sorgen, also "für mehr Geld und mehr Unterbringungsmöglichkeiten". Außerdem solle sich die Ampel-Regierung für eine "sinnvolle Steuerung der Zuwanderung" stark machen. Dafür fehlt aus seiner Sicht bislang ein Konzept.  

Bundesländer fordern Pro-Kopf-Pauschale

Es ist eine Klage, die in den letzten Tagen lautstark von Bundesländern und kommunalen Vertretern geäußert wurde. Sie fordern, dass der Bund sich deutlich stärker an den Kosten beteiligt und wollen von ihm eine Pro-Kopf-Pauschale für jeden Geflüchteten. Außerdem müsse der Bund die Kosten für Unterkunft und Heizung komplett übernehmen und auch Integrationsangebote finanzieren.

Der Bund will nicht mehr zahlen und entgegnet, er übernehme schon den größten Teil der Flüchtlingskosten, unter anderem, weil er 90 Prozent der Kosten für ukrainische Geflüchtete schultere. Auf dieser Stelle tritt die Diskussion seit Tagen. Bisher ist nicht absehbar, wie ein Kompromiss bei den Verhandlungen am Nachmittag aussehen könnte.

Georgien und Moldau als sichere Herkunftsländer?

Unabhängig davon, lassen sich mit diesem Gipfel auch nicht alle Probleme lösen. Vieles wird auf EU-Ebene verhandelt. Anderes muss noch in der Ampelkoalition selbst diskutiert werden. Im Gespräch ist zum Beispiel, die Staaten Georgien und Moldau als sicherere Herkunftsländer einzustufen. Asylverfahren von Flüchtlingen aus diesen Ländern würden dadurch beschleunigt.

Doch das könnte mit den Grünen schwierig werden. Parteichefin Ricarda Lang betonte vor kurzem, es sei kein Geheimnis, dass die Grünen das Prinzip der sicheren Herkunftsstaaten nicht für sinnvoll halten. Der Frage, wie sie konkret zu Georgien und Moldau stehe, wich sie aus. In einem Papier aus dem Bundeskanzleramt in Vorbereitung zum Bund-Länder-Treffen tauchen die beiden Länder aber durchaus auf. Die Bundesregierung werde dazu zeitnah einen Gesetzentwurf vorlegen, heißt es dort. Konflikte in der Asylpolitik gibt es also nicht nur zwischen Bund und Ländern, sondern auch innerhalb der Ampel.

Im Audio: Streitgespräch zwischen den Abgeordneten Hoffmann und Thomae

Symbolbild zur Integration von Asylanten
Bildrechte: picture alliance | Ralph Peters
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Streitgespräch zwischen den Abgeordneten Hoffmann und Thomae

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