Irgendwann wurde es zu viel: zuerst die rassistischen Beleidigungen eines CSU Politikers, dann die Morddrohungen und die Angst: Anfang März vergangenen Jahres hat Pfarrer Olivier Ndjimbi-Tshiende seine Pfarrgemeinde in Zorneding verlassen. Er ist geflohen.
"Ja das ist tatsächlich eine Flucht. Das ist das Ende meiner Flucht aus Zorneding." Olivier Ndjimbi-Tshiende
Das Ende der Flucht liegt in Eichstätt. Zuerst war der Pfarrer bei einer befreundeten Familie untergekommen, dann in einem Kloster. Seit gut einem Jahr arbeitet Ndjimbi-Tshiende wieder – als Dozent und Forscher an der Katholischen Universität in Eichstätt.
"Ich habe einen Abstand genommen, deswegen fühle ich mich ganz, ganz wohl jetzt. Das bedeutet nicht, dass ich keine Angstzustände bekommen kann. Wenn jemand mich in einer Wirtschaft fragt, ob ich der Pfarrer von Zorneding war, dann überlege ich zunächst einmal, ob ich ehrlich antworten soll. Weil ich nicht weiß, mit wem ich es zu tun habe." Olivier Ndjimbi-Tshiende
"Wo der Glaube schwindet"
Am beschaulichen Marktplatz der barocken Bischofs- und Universitätsstadt liegt das neue Büro des 68-jährigen Theologen. Er forscht am "Zentrum Migration und Flucht" der Hochschule und er hat ein Buch geschrieben, in dem er die Erfahrungen seiner Zornedinger Zeit theologisch verarbeitet. Der Titel: eine provokante These "Und wenn Gott schwarz wäre…" Ndjimbi-Tshiende hat Rassismus erlebt. Seine Antwort auf Fremdenfeindlichkeit: "Wo der Glaube schwindet, wächst der Hass." Auch im gut katholischen Oberbayern. Zu den größten Enttäuschungen von Ndjimbi-Tshiende gehört es, dass sich in Zorneding selbst Gemeindemitglieder gegen ihren Pfarrer gewandt haben.
"Plötzlich war ich jemand, den man nach Auschwitz schicken musste. Das ist schmerzlich." Olivier Ndjimbi-Tshiende
Nur eine Minderheit
Olivier Ndjimbi-Tshiende sagt aber auch: Das ist nur eine Minderheit, die meisten Katholiken in Zorneding standen hinter ihm, und die Kirchenleitung erklärte sich solidarisch mit dem Priester und kümmerte sich um ihn. Dennoch wünscht er sich eine andere Kirche. In seinem neuen Buch fordert der Theologe aus dem Kongo die Abschaffung des Pflichzölibats. Warum nicht berufstätige, verheiratete Männer als Priester? Oder Frauen als Priesterinnen. Schließlich verehre die katholische Kirche eine Frau, Maria, als Mutter Gottes.
Früher habe er sich über solche Fragen keine Gedanken gemacht, verrät Olivier Ndjimbi-Tshiende. Doch die Erfahrungen in Zorneding hätten ihn verändert und ihn motiviert, seine Vision von einer anderen Kirche zu Papier zu bringen