Stromleitungen vor Sonne
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Wo neue Stromleitungen gebaut werden müssen, zum Beispiel um Windräder anzuschließen, steigt bisher der Strompreis. Viele sehen Änderungsbedarf.

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Wie der Strompreis gerechter werden soll - auch in Bayern

Bisher bezahlt man in Bayern oft weniger für Strom als an der Küste, obwohl in Norddeutschland viel mehr Windräder stehen. Das soll sich ändern durch eine Reform der sogenannten Verteilnetzentgelte - sogar Bayerns Staatsregierung ist dafür.

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Die Kosten für die lokalen Strom-Verteilnetze sollen in Deutschland gerechter verteilt werden. Dazu will Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) bei der Ministerpräsidentenkonferenz heute einen Vorschlag machen. Für viele bayerische Stromkunden könnte es dadurch erstmal teurer werden - für manche aber auch billiger.

  • Zum Artikel: Neue Preiszonen: Muss Bayern bald mehr für Strom bezahlen?

Wo Windräder stehen, wird der Strom bisher eher teurer

Bisher ist es so: Wenn in einer Gegend viele Windräder oder Solarparks entstehen, werden die Stromkunden dort dafür auch noch bestraft. Denn der Beschaffungspreis für Strom ist in ganz Deutschland gleich - egal, wie das Verhältnis zwischen Stromangebot und -nachfrage vor Ort aussieht. Im Gegensatz zu anderen europäischen Ländern wie Dänemark, Schweden oder Italien gibt es in Deutschland nur eine einzige Strompreiszone.

Fast 900 unterschiedliche Netzentgelte in Deutschland

Wie ein Flickenteppich sieht dagegen die Deutschlandkarte bei den Kosten für das Stromnetz aus. Die sogenannten Netzentgelte sind in jedem regionalen oder lokalen Verteilnetz unterschiedlich. Allein in Bayern gibt es 228 Verteilnetzbetreiber - vom großen Bayernwerk bis zum kleinen Gemeindewerk Gangkofen. Bundesweit sind es fast 900. Und das Netzentgelt unterscheidet sich sehr stark. Die Extrembeispiele sind 3,48 Cent pro Kilowattstunde in einem nordrhein-westfälischen Regionalnetz und 18,67 Cent in einem baden-württembergischen.

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In Bayern sind die Netzentgelte für Haushaltskunden bisher im Durchschnitt niedrig. Doch es gibt auch Ausreißer.

In Bayern ist der Strom tendenziell billiger

Bayern als Ganzes gehört in diesem System bisher zu den Gewinnern. Im Durchschnitt zahlen bayerische Haushalte bisher mit 6,95 Cent pro Kilowattstunde das geringste Netzentgelt aller Flächenländer, Schleswig-Holstein mit seinen vielen Windrädern dagegen 9,79 Cent und damit das höchste. Bundesländer im Norden und Osten Deutschlands drängen schon lange darauf, die Kosten bundesweit einheitlicher zu verteilen. Der Energieminister von Schleswig-Holstein, Tobias Goldschmidt (Grüne), etwa nennt das bisherige System "schreiend ungerecht". Die Menschen im ländlichen Raum des Nordens nähmen einerseits hin, dass sich ihre Heimat durch Windräder verändert, und müssten dann auch noch die Infrastrukturkosten für die vielen Menschen in den Städten schultern.

Das System benachteiligt das Land gegenüber Städten

Aber auch die bayerische Staatsregierung spricht sich inzwischen für eine Reform der Verteilnetzentgelte aus - eben, weil das bisherige System oft Stromkunden auf dem Land gegenüber den Städten benachteiligt. Die Netzkosten variieren auch innerhalb des Freistaats um bis zu Faktor drei. Im Allgäu zum Beispiel werden Netzentgelte genommen, die genauso hoch sind wie an Nord- und Ostsee. Ähnlich ist es in kleinen Teilen Oberbayerns, Oberfrankens oder des Bayerischen Walds. Und: Auch im Freistaat sollen ja künftig mehr Windräder und noch mehr Solarparks gebaut werden, wofür es weiteren Netzausbau braucht.

Bayern will nur einen Teil der Unterschiede ausgleichen

Trotzdem gibt es Unterschiede. Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (FW) will kein bundesweit einheitliches Netzentgelt, wie es Schleswig-Holstein vorschwebt. Schließlich bilde der Unterschied bei den Entgelten ja unter anderem auch die Effizienz der einzelnen Netzbetreiber ab. Der Vorschlag Bayerns, den Aiwanger "fair und für alle tragbar" nennt, sieht nur eine Teilangleichung vor. Nur Regionen, die mehr als doppelt so viel erneuerbaren Strom erzeugen wie sie selbst verbrauchen, sollen einen Teil der dadurch verursachten Netzkosten abwälzen dürfen. Dadurch würden die Mehrkosten für die Landbevölkerung zwar nur um ein bis zwei Cent pro Kilowattstunde abgemildert, aber andererseits würde für bayerische Städter die Kilowattstunde Strom dafür auch nur um 0,2 Cent pro Kilowattstunde teurer.

Bundesnetzagentur hat das letzte Wort

Weil die Bundesländer sich nicht einig sind, wie die Netzentgelt-Reform aussehen soll, hat jetzt Bundeswirtschaftsminister Habeck einen eigenen Vorschlag angekündigt. Eine Reform der Netzentgelte, die die "Kosten der Integration der Erneuerbaren Energien fair verteilt" steht auch im Koalitionsvertrag der Ampelregierung. Schon die schwarz-rote Bundesregierung davor hatte sich eine solche Reform vorgenommen, dann aber nicht umgesetzt. "Bayern hat seine Hausaufgaben gemacht", heißt es von Aiwanger. Am Ende wird die Bundesnetzagentur entscheiden. Für die überregionalen Stromleitungen, das sogenannte Übertragungsnetz, gelten seit diesem Jahr bereits bundesweit einheitliche Netzentgelte.

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