Skifahrer sind auf einer Piste unterwegs, im Hintergrund ein Wald.
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Ist ein Klassenausflug zum Skifahren noch zeitgemäß? In dieser Frage gehen die Meinungen auch an und zwischen den Schulen auseinander.

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Warum manche Schulen noch ins Skilager fahren und andere nicht

Ist es in flacheren Regionen in Franken noch zeitgemäß, Schülern das Skifahren beizubringen? Manche Schulen sagen klar nein und tauschen den Kurs etwa gegen eine Sommersportwoche. Andere halten am Skikurs fest und nennen gute Gründe.

Über dieses Thema berichtet: regionalZeit - Franken am .

Etwa 80 Siebtklässler das Bayreuther Markgräfin-Wilhelmine-Gymnasiums (MWG) starten am kommenden Sonntag mit Bussen nach Wagrain in Österreich. Das fünftägige Schulskilager ist nach zwei Jahren Corona-Pause wieder möglich und das MWG möchte den Schülerinnen und Schülern, die wegen Corona auf vieles verzichten mussten, dieses Erlebnis ermöglichen.

Alle Klassenfahrten würden immer wieder auf den Prüfstand gestellt, versichert Schulleiterin Elisabeth Götz. Und das Skilager hat die Prüfung in diesem Schuljahr wieder bestanden. "Wir haben zum Beispiel einen Kleiderkreisel, um Skiausrüstung günstig erwerben zu können", sagt Elisabeth Götz. Vielerorts wird diskutiert, ob sich der Neukauf von Skiausrüstung aufgrund des Klimawandels noch lohnt.

Nachhaltigkeit ist Thema am Skiort

Neben den Kosten von ein paar hundert Euro ist die Nachhaltigkeit das zweite große Argument gegen einen Schulskikurs. "Als Klimaschule setzen wir uns damit auseinander", erklärt die Schulleiterin des MWG und berichtet von entsprechenden Abendprogrammen im Skilager. "Die Auswirkungen des Skifahrens können die Schülerinnen und Schülern am besten dort nachvollziehen, wo sie auftreten." Zudem gehöre das "Gleiten auf Schnee und Eis" in den bayerischen Lehrplan. Elisabeth Götz ist es auch ein Anliegen, den Schülern vielfältige Bewegungs- und Erfahrungsangebote zu machen. "Da geht es um Gesundheit und Fitness. Manchmal gibt solch ein Kurs einen Impuls, der ein Leben lang wirkt."

Wenige Gehminuten vom MWG entfernt befindet sich das Gymnasium Christian-Ernestinum (GCE). Auch hier wurde die Notwendigkeit des Skilagers besprochen. In mehreren Gremien, in denen auch Schüler und Eltern vertreten waren, bekam der Schulskikurs die Rote Karte. "Die Gründe sind vielschichtig", erklärt Schulleiter Franz Eisentraut. "Von den Kosten bis hin zur Ökologie sprach vieles gegen die Fahrt. Ich denke auch, dass Skifahren hier in Oberfranken nicht zur zentralen Erfahrungswelt gehört." Das Gemeinschaftserlebnis bei solchen Fahrten könne auch in einem anderen Rahmen gewonnen werden, deshalb hat das GCE das Skilager nicht einfach abgesagt, sondern ausgetauscht.

Sommersportwoche ersetzt Schulskikurs

Statt Skilager setzt die Schule nun auf eine Sommersportwoche: eine Klassenfahrt nach Bischofsgrün im Fichtelgebirge, wo es zahlreiche Sport-, Wander- und Ausflugsmöglichkeiten gibt. "Damit schaffen wir auch eine stärkere Klassengemeinschaft und unvergessliche Eindrücke", ist Franz Eisentraut überzeugt. Der Schulleiter fügt hinzu: "Ob die Entscheidung richtig war, wird sich noch zeigen. Wir wollen zwei Jahre das neue Konzept testen und dann schauen wir, wie wir weitermachen."

  • Zum Artikel: Wandern statt Skifahren: Bergsteigerdörfer und Klimawandel

Ein ähnliches Konzept hat auch die Leopold-Sonnemann-Realschule Höchberg bei Würzburg. Dort wird auch auf eine Skifreizeit verzichtet. Zusammenhalt sei aber sehr wichtig, heißt es von der Realschule. Damit die Kinder aber trotzdem die Chance auf ein Gemeinschaftserlebnis haben, gibt es die Sommersportwoche. Die findet anstelle des Skikurses statt.

Unterschiedliche Konzepte und Einstellungen

Das Thema Skifreizeiten ist sehr subjektiv. Es gibt Schulen, wie die Mittelschule Zellerau in Würzburg, die waren noch nie im Skilager und denken auch nicht drüber nach. Es gibt aber auch Schulen, die sehr begeistert sind, wie das Johann-Schöner-Gymnasium Karlstadt. Hier waren heuer auch die 8. Klassen bei der Skifreizeit dabei, weil die Fahrt wegen Corona im vergangenen Jahr nicht stattfinden konnte. Auch an der David-Schuster-Realschule in Würzburg sind Lehrer, Eltern und Schüler klar für einen Skikurs – der Schulleiter selbst ist zwar skeptisch, aber beugt sich der begeisterten Mehrheit.

Schüler des Armin-Knab-Gymnasium in Kitzingen fuhren im Januar auf Skifreizeit nach Österreich. Vor Ort war aber zu wenig Schnee, deswegen mussten alle mit Bussen in benachbarte Skigebiete fahren. Auch am Röntgen-Gymnasium in Würzburg läuft aktuell eine Eltern-Umfrage. Inhalt sind der finanzielle Spielraum für eine solche Fahrt und auch die ökologische Frage. An beiden Schulen werden die Ergebnisse derzeit ausgewertet und gemeinsam überlegt, wie die Zukunft aussehen soll.

Wintersport in Bayern im Lehrplan verankert

Grundsätzlich steht Wintersport im Bayerischen Lehrplan für das Fach Sport in der 7. Jahrgangsstufe. Der Überbegriff heißt "Sich auf Eis und Schnee bewegen". Als Begründung heißt es vom Kultusministerium, dass man in und um Bayern nach wie vor Wintersport ausüben kann. Zentrale Aufgabe des Schulsports sei, die Kinder und Jugendlichen langfristig für Sport zu begeistern. Da gehöre auch der Wintersport dazu.

Auf die Frage, ob Skikurse heutzutage noch zeitgemäß sind, ging das Ministerium nicht direkt ein. Aber als Gründe für Wintersport heißt es auf Anfrage von BR24, dass die Kinder durch Sport in der Natur "umweltbewusstes Verhalten" lernen sollen, zum Beispiel den Schutz von Landschaft, Tieren oder Pflanzen. Skikurse würden hierbei erzieherisch eine Rolle spielen. Eine Änderung des Lehrplans ist vom Ministerium aktuell nicht angedacht.

Pro und Contra aus Sicht eines Sportwissenschaftlers

Professor Peter Kuhn vom Bayreuther Zentrum für Sportwissenschaft an der Universität Bayreuth kann alle Argumente pro und contra Schulskikurs nachvollziehen. Er selbst könne sich nicht eindeutig für oder gegen ein Skilager aussprechen. Zur Diskussion kann er allerdings einige Fakten beitragen. Zum Beispiel gebe es Untersuchungen von Schulskikursen, die durch Messungen belegen, dass das sogenannte Selbstkonzept der Kinder beim Skikurs profitiert. Dabei geht es zum Beispiel um körperliche und soziale Fortschritte. "Voraussetzung dafür ist, dass der Sport in einem herausfordernden Umfeld stattfindet – den verschneiten Alpen zum Beispiel", sagt Kuhn. Das funktioniere aber zum Beispiel auch bei einem Kletterkurs in der Fränkischen Schweiz.

Autofahrt schlimmer als Kunstschnee

Peter Kuhn beschäftigt sich im Rahmen seiner Studien und Lehre auch mit der Nachhaltigkeit von verschiedenen Sportarten. Skifahren wird derzeit heiß diskutiert, vor allem wegen des Einsatzes von Kunstschnee. Diesen betrachtet Kuhn aber gar nicht als das Hauptproblem. Vielleicht ist es überraschend, aber das größte ökologische Problem ist laut Kuhn die Anfahrt zum Skiort, vor allem, wenn Einzelpersonen oder Familien mit dem Auto von Franken nach Österreich oder Frankreich fahren. "Dagegen ist der Einfluss von Schneekanonen auf die Natur marginal", betont er. Weil Schulen mit Bussen zum Skiort fahren, in denen bis zu 50 Kinder sitzen, und der Kohlendioxidausstoß-Ausstoß auf alle Mitfahrer umgelegt werden muss, hält der Sportwissenschaftler Schulskikurse aus ökologischer Sicht dementsprechend für kein großes Problem.

Eine Skipiste mit Ski- und Snowboardfahrern.
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Ist ein Klassenausflug zum Skifahren noch zeitgemäß? In dieser Frage gehen die Meinungen auch an und zwischen den Schulen auseinander.

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