Skipiste bei Schneemangel
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Skipiste bei Schneemangel

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Wie umweltverträglich ist Skifahren?

Vielerorts setzen Betreiber von Skipisten aktuell auf Kunstschnee. Denn sonst ließe sich eine Piste bei Schneemangel kaum betreiben. So stellt sich eine Frage: Wie ökologisch verträglich ist der Alpinskitourismus? Ein Überblick.

Über dieses Thema berichtet: Abendschau am .

Mit dem Paradox, dass der Natursport Skifahren für seine Pisten die energieintensive Beschneiungsindustrie braucht, muss die Branche umgehen. Und natürlich provoziert allein diese Tatsache auch Diskussionen. Der Bund Naturschutz hatte zu Saisonbeginn die Skigebietsbetreiber aufgefordert, wegen der Energiekrise ganz auf Kunstschnee zu verzichten. Da die Skigebiete alpenweit mit "Schneegarantie" werben, wurde hier praktisch nicht gespart. Es gibt aber durchaus Kriterien, die helfen, eine Umweltbilanz des Skitourismus zu skizzieren.

Woher kommt der Strom?

Viele Seilbahnen geben an, ausschließlich "grünen" Strom zu benutzen und meinen damit vor allem in Österreich die Wasserkraft. Zahlreiche Seilbahnbetreiber produzieren auch selbst Energie, ein kleines Beispiel ist das Skigebiet Götschen im Berchtesgadner Land, das mit Wasserkraftwerken übers Jahr mehr Energie erzeugt als für den Betrieb der Lifte und Beschneiungsanlage benötigt wird. Inwieweit die "regenerative Energie" aus Wasserkraft als "grün" beurteilt werden kann, ist allerdings umstritten vor dem Hintergrund der zum Teil massiven Eingriffe in die Natur. Da Wasserkraft in den niederschlagsärmeren Wintermonaten geringere Erträge liefert, kann der Strombedarf der Pisteninfrastruktur in den meisten Fällen nicht 1:1 gedeckt werden. Dann wird der übliche Strommix aus verschiedensten Energiequellen angezapft. Das größte Stromeinsparpotential sieht beispielsweise die Bayerische Zugspitzbahn dennoch bei der künstlichen Beschneiung.

Das Wasser

Das beschränkte Wasserangebot im Winter ist der nächste Faktor für die Beschneiuung. Grundsätzlich gibt es in allen Fällen genau abgestimmte behördliche Genehmigungen für die Wasserentnahme. In Lech am Arlberg dürfen die Seilbahnen etwa dem dort noch jungen Lech bis zu zehn Prozent seines Wassers entnehmen. Weil das Angebot der Naturbäche oft nicht ausreicht, gibt es in den Alpen über 1.000 Speicherbecken, in denen Wasser bereits im Sommer gesammelt wird. Gegen Bayerns mit einem Fassungsvermögen von 150.000 m³ größten Wasserspeicher am Sudelfeld hatten Naturschutzverbände und der Deutsche Alpenverein 2014 wegen des Eingriffs in die Naturlandschaft erfolglos geklagt.

Pistenautobahnen und Leitungssysteme

Skipisten sind längst nicht mehr einfach nur freie Flächen am Berghang. Im Boden verbergen sich Leitungssysteme für den Betrieb der Beschneiungsanlage. Die Pistenoberfläche wird planiert, natürliche Unebenheiten werden beseitigt. Das ermöglicht die GPS-gesteuerte, gleichmäßige und damit sparsame Nutzung des Kunstschnees, verändert aber die natürliche Bodenstruktur und Bodenzusammensetzung. Betonierte Pumpstationen und Speicherteiche kommen zu diesen massiven Landschaftseingriffen hinzu. Seitens der Seilbahnen wurden Gutachten vorgelegt, wonach Skipisten im Sommer ähnlich hohe Artenvielfalt aufweisen wie vergleichbare natürliche Flächen.

Experten wie der Rosenheimer Biologe Alfred Ringler stellen das infrage. Mit schwerem Gerät müssen seit einigen Jahren auch Gletscherskigebiete in die Landschaft eingreifen. So musste Sölden am Rettenbachferner einen mehrere hundert Meter hohen Felshang abflachen, da nach dem Schmelzen des Gletschers der Felsuntergrund zu steil für die Weltcuppiste gewesen wäre. Weil Seilbahnen, Pisten und Beschneiungsanlagen tourismuswirtschaftlich wichtig sind, wird der Ausbau in allen Alpenländern auch staatlich subventioniert, in Bayern mit dem Seilbahnförderprogramm.

Wie finde ich das richtige Skigebiet?

Leider gibt es kein Öko-Siegel oder eine ähnliche Bewertung, die denen helfen würde, die Skifahren wollen, aber das möglichst umweltfreundlich. Auch im Marketing der Skigebiete geht es vor allem um Schneegarantie und Pistenkilometer. Die Alpenschutzorganisation Mountain Wilderness hat vor drei Jahren einen Skiführer herausgebracht, wo Naturschneegebiete vorgestellt werden, die auf Speicherbecken und Schneekanonen verzichten. Er kann direkt über diese NGO bezogen werden. Von solchen Skigebieten gibt es aber nicht mehr viele. Bei allen anderen müssen Interessierte selbst über die jeweiligen Webseiten herausfinden, wie nachhaltig die Betreiber ihr Skigebiet bewirtschaften.

  • Mehr zum Thema: Bedeutung und Zukunft der bayerischen Skigebiete

Der tiefe Fußabdruck der Anreise

Seilbahnverbände und einzelne Skigebiete wie in Oberstdorf haben den Energieaufwand mit 18 kWh berechnet, den ein Skitag verursacht. Mit diesem Energieaufwand schafft ein Mittelklassefahrzeug rund 25 Kilometer. Die Anreise im eigenen PKW wiegt also in der Ökobilanz deutlich schwerer als die eigentlichen Skitage. Die meisten Skigebiete würden aber zu wenig unternehmen, um ihren Gästen eine Anreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln nahezulegen oder zu erleichtern, betont Uwe Roth, Geschäftsführer der Alpenschutzkommission Cipra Deutschland. Bisher reist die größte Zahl der Skitouristinnen und -touristen mit dem Privatfahrzeug an.

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