Archivbild: Ein Jugendoffizier der Bundeswehr im Austausch mit Schülern auf einer Bildungsmesse. (Aufnahmedatum: 15.04.2005)
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Archivbild: Ein Jugendoffizier der Bundeswehr im Austausch mit Schülern auf einer Bildungsmesse.

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Vorstoß von Stark-Watzinger: Zeitenwende im Klassenzimmer?

Zeitenwende – der vom Kanzler geprägte Begriff bedeutet seit dem Ukraine-Krieg vor allem die Aufrüstung der Bundeswehr. Bundesbildungsministerin Stark-Watzinger will nun auch eine Zeitenwende in deutschen Klassenzimmern. Die Debatte ist entbrannt.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

In der Zeitenwende brauche es ein unverkrampftes Verhältnis zur Bundeswehr – auch an Schulen. Davon ist Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) überzeugt.

Unterstützung für Stark-Watzinger

Unterstützung erhält sie von ihrer Parteikollegin, Ria Schröder. Sie ist bildungspolitische Sprecherin der FDP und meint: Kinder und Jugendliche müssten in der Schule auf Krisen und Kriege vorbereitet werden: "Wie verhalte ich mich, wenn eine Krise passiert – das kann auch so etwas wie das Hochwasser im Ahrtal sein. Auch Erste-Hilfe-Kurse sollten in Schulen dazugehören. Es ist auch wichtig, dass Jugendoffiziere an allen Schulen eine offene Tür finden, um mit jungen Menschen über ihre Arbeit zu sprechen."

Ähnlich sieht das auch der Präsident des Deutschen Lehrerverbands, Stefan Düll. Aufgabe sei es, "dass die Schulen Kindern und Jugendlichen ehrlich die Herausforderungen der Zeit auch im Hinblick auf Krisen und Kriege vermitteln müssen. Vergessen wir nicht: Junge Menschen mit Kriegserfahrung sitzen bereits in vielen Klassenzimmern. Sie kommen aus Syrien, Afghanistan oder der Ukraine."

Zivilschutzübungen im Hinblick auf eine militärische Bedrohung seien hingegen nicht angebracht, so Düll. Jugendoffiziere hingegen befürwortet der Lehrerverbandschef und sieht sie als Experten für Sicherheitsfragen an. Sie können bereits jetzt schon an Schulen geholt werden.

Was die Bildungsministerin vorschlägt

Stark-Watzinger hatte vorgeschlagen, an den Schulen unter anderem Zivilschutzübungen abzuhalten und ein "unverkrampftes Verhältnis zur Bundeswehr" zu entwickeln. Sie regte an, "dass Jugendoffiziere in die Schulen kommen und berichten, was die Bundeswehr für unsere Sicherheit tut". Die Gesellschaft müsse sich "insgesamt gut auf Krisen vorbereiten – von einer Pandemie über Naturkatastrophen bis zum Krieg", sagte Stark-Watzinger den Funke-Zeitungen. Sie appellierte auch an die Hochschulen, sich für militärische Forschung zu öffnen.

In Bayern soll das bald öfter passieren: Als erstes Bundesland will der Freistaat die Bundeswehr per Gesetz stärken: Ende Januar erklärte Staatskanzleichef Florian Herrmann von der CSU: "Die Zusammenarbeit zwischen Schulen und Jugendoffizieren – das funktioniert häufig auf freiwilliger Basis ganz gut, das hängt aber von Schulleitern ab." Im Bereich politische Bildung sollten Jugendoffiziere in Schulen zur Verfügung stehen können, um ihre Arbeit zu erklären, so Herrmann.

Eine Vermischung von politischer Bildung und Anwerbung für den Militärdienst soll es nicht geben. Dass das klar getrennt werden würde, bezweifelt aber beispielsweise die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft und meint: Schule darf kein Ort von Rekrutierung sein.

Kritik: "Angstmacherei mit Kriegsrhetorik"

Aus den Reihen der Ampel-Parteien kommt gezielt Kritik an Bildungsministerin Stark-Watzinger. Die Präsidentin der Kultusministerkonferenz, Christine Streichert-Clivot (SPD), nannte den Vorschlag Stark-Watzingers "zu eng gefasst". Kinder und Jugendliche müssten "insgesamt breiter auf die Zukunft vorbereitet werden", sagte Streichert-Clivot den Funke-Zeitungen vom Wochenende. "Wenn uns etwas die letzten Jahre gelehrt haben, dann, dass es nicht mehr die eine Krise gibt, auf die wir uns vorbereiten können und müssen", führte die saarländische Bildungsministerin aus und nannte "Pandemien, Kriege, Naturkatastrophen, Klimawandel, tiefgreifende Veränderungen in Gesellschaft und Wirtschaft" als Beispiele.

Die Zeitenwende werfe zwar sicherheitspolitische Fragen auf, meint der Grünen-Politiker Kai Gehring, der Vorsitzender des Bildungsausschusses ist. Angesichts schwacher Pisa-Ergebnisse sollte sich Stark-Watzinger aber lieber um die zentralen Baustellen des Bildungssystems kümmern. "Gemeinsam mit den Bundesländern braucht es akut Fortschritte in zahlreichen Bildungsfragen. Aber keine Angstmacherei mit Kriegsrhetorik", so Gehring.

Die Vorsitzende der Gruppe Die Linke im Bundestag, Heidi Reichinnek, mahnte: "Seit Jahren gibt es einen gewaltigen Investitionsstau, Bildungsdefizite und den Lehrermangel." Sie forderte: "Darum sollte sich die Bildungsministerin kümmern, statt Kriegsängste an den Schulen zu schüren."

Mit Informationen von AFP

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