In Berlin will die Oppositionelle Julia Nawalnaja ihre Stimme abgeben.
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In Berlin will die Oppositionelle Julia Nawalnaja ihre Stimme abgeben.

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Nawalnaja bei Anti-Putin-Demo in Berlin – Festnahmen in Russland

Bei friedlichen Protesten gegen die von Manipulationsvorwürfen begleitete Präsidentenwahl wurden am Sonntag in Russland Dutzende Menschen festgenommen. Die russische Oppositionelle Julia Nawalnaja tauchte bei einer Anti-Putin-Demo in Berlin auf.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Bei kremlkritischen Protestaktionen sind am letzten Tag der viel kritisierten Präsidentenwahl in Russland Bürgerrechtlern zufolge Dutzende Menschen festgenommen worden. Insgesamt zählte die Organisation Ovd-Info bis zum frühen Sonntagnachmittag landesweit rund 74 Festnahmen – zahlreiche davon in der Stadt Kasan. Auch Menschen in Moskau und St. Petersburg waren betroffen. Viele von ihnen wollten sich demnach um exakt 12.00 Uhr Ortszeit vor ihren Wahllokalen in langen Schlangen anstellen, um so ihren Unmut über die vom Machtapparat geplante und von der Opposition als undemokratisch eingestufte Wiederwahl von Kremlchef Wladimir Putin zu zeigen.

"Mittag gegen Putin" – Aktivisten in Polizeigewahrsam

Zu dieser Aktion unter dem Motto "Mittag gegen Putin" hatten Oppositionelle aufgerufen, darunter das Team des kürzlich im Straflager ums Leben gekommenen Kremlgegners Alexej Nawalny. Sie sprachen von Tausenden Teilnehmenden an den Protesten. Festnahmen gab es den Bürgerrechtlern zufolge auch abseits der Proteste. Eine Aktivistin in St. Petersburg wurde demnach direkt beim Verlassen ihres Hauses von Sicherheitskräften aufgegriffen. Manche Menschen wurden nach einiger Zeit wieder aus dem Polizeigewahrsam entlassen.

Vor einem Wahllokal im Zentrum Moskaus am Ukrainski Boulevard war die Anspannung bei der Aktion förmlich greifbar. Die Menschen kamen, obwohl in Russland schon für kleinste Protestaktionen harte Strafen drohen. Moskaus Staatsanwaltschaft hatte ausdrücklich vor einer Teilnahme an dieser Aktion gewarnt und mit strafrechtlicher Verfolgung wegen "Extremismus" gedroht. Nach und nach reihten sich immer mehr Menschen schweigend in die Warteschlange ein, die am Ende bis hinter einen von Polizisten bewachten Zaun reichte. 

"Wählen", flüsterte eine ältere Frau auf die Frage, warum sie zur Mittagszeit gekommen ist. Mehr wollte die merklich eingeschüchterte Wählerin nicht sagen; ihre Augen füllten sich mit Tränen. Eine 64-Jährige hingegen sagte deutlich: "Wir wollen unseren Protest zum Ausdruck bringen - gegen den Krieg, gegen das Regime, gegen all das."

Nawalnaja bei Anti-Putin-Demo in Berlin

An Protesten gegen Putin nahe der russischen Botschaft in Berlin nahm Julia Nawalnaja teil, die Witwe des Kremlgegners Nawalny. Nawalnys Team veröffentlichte auf Telegram Aufnahmen, die Nawalnaja inmitten einer Menschenmenge auf der Wilhelmstraße zeigen. Dazu schrieb das Team das Motto der Proteste "Mittag gegen Putin". Nach Polizeiangaben beteiligten sich an der Berliner Demonstration rund 800 Menschen. Die Demonstrantinnen und Demonstranten riefen "Sieg für die Ukraine! Freiheit für Russland!", "Nawalny ist ein Held Russlands" und "Putin ist illegitim".

Direkt nebenan standen nach Angaben der Polizei rund 2.000 Menschen in einer Schlange vor der russischen Botschaft, um wählen zu gehen. Auch Nawalnaja und der im Exil in Großbritannien lebende Unternehmer und Kremlkritiker Michail Chodorkowski reihten sich ein.

In Bonn gaben am Sonntag im Generalkonsulat zahlreiche Russinnen und Russen ihre Stimme ab. Die Polizei schätzte die Anzahl der Wartenden in einer mehrere Hundert Meter langen Schlange am frühen Nachmittag auf rund 1.000. In der Nähe des Generalkonsulats begannen am Sonntagmittag zwei Demonstrationen als Standkundgebungen, ebenfalls unter dem Motto "Mittags gegen Putin". Es nahmen laut Polizei mehrere hundert Menschen teil. Bei einer prorussischen Kundgebung zählte die Polizei 15 bis 20 Teilnehmer. In Berlin nahmen am Mittag zahlreiche Menschen an einer Demo unter dem Motto "Schluss mit Putin, mit Krieg, Lüge und Repressionen" teil.

Experten bezeichnen die Wiederwahl Putins als Farce

Die russische Präsidentenwahl, die noch bis Sonntagabend um 19.00 Uhr (MEZ) läuft, dient vor allem dem Machterhalt Putins, der sich aller Voraussicht nach mitten im Angriffskrieg gegen die Ukraine seine fünfte Amtszeit sichern wird. Echte Oppositionelle sind entweder nicht als Kandidaten zugelassen worden, ins Ausland geflohen oder sitzen im Gefängnis. Außerdem häufen sich Berichte von Betrug und Manipulation. Unabhängige Beobachter bezeichnen die Abstimmung deshalb als Farce und rufen die internationale Gemeinschaft auf, das Ergebnis nicht anzuerkennen.

Beitrag zum Hören: Putins Wahl-Inszenierung

17.03.2024, Berlin: Eine Figur, die den russischen Präsidenten Putin in einer Badewanne voll Blut darstellen soll, steht bei einer Kundgebung. Teilnehmer einer Demonstration «Schluss mit Putin, mit Krieg, Lüge und Repressionen» des Bündnisses «Demokratie - Ja» protestieren einen Monat nach dem Tod von Kreml-Kritiker Nawalny gegen die Politik von Präsident Putin. Foto: Carsten Koall/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
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Demonstration gegen Putin in Berlin

Mit Informationen von dpa

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