Bayern, Boden und Beton - Wie viel Zersiedelung verträgt das Land?

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Volksbegehren geht gegen "Flächenfraß" vor

Von Flächenfraß und Betonflut sprechen die Landtagsgrünen: Aus grünen Wiesen in der Größenordnung von 14 Fußballfeldern werden täglich in Bayern Straßen oder Gewerbegebiete. Ein Volksbegehren will dagegen vorgehen. Von Barbara Leidl

Rot leuchtet der Button – Werbung für das Volksbegehren gegen Flächenfraß in Bayern - auf seinem Jackett. Auch Ludwig Hartmanns Augen leuchten, wenn er über das Thema Flächenverbrauch in Bayern spricht. Der Fraktionsvorsitzende der Grünen im Landtag und Initiator des Volksbegehrens "Betonflut eindämmen" weiß, wovon er redet.

"Ich komme selbst aus der Kommunalpolitik und hab des oft genug erlebt, wie Gemeinden mit der Fläche umgehen: Baumarkt, ebenerdiger Parkplatz, Gartencenter. Dadurch kommt's dazu, dass in Bayern gerade täglich 13 Hektar unter Beton verschwinden. Und ich hab mir gedacht, wenn wir um gute zwei Drittel nach unten kommen. Wir müssten ja auf gar nichts verzichten, wir müssten nur anders bauen: Tiefgarage - zwei Stockwerke, Park and Ride-Parkplatz, zwei Parkdecks drüber, für den Pendler ist das sogar angenehmer. Wenn wir denken bevor der Bagger kommt, dann kommen wir ohne weiteres fünf Hektar nach unten." Ludwig Hartmann, Grüne

Folgen des Flächenverbrauchs

Zusammen mit der ÖDP und der Arbeitsgemeinschaft bäuerlicher Landwirtschaft wollen die Grünen die Bürger darüber abstimmen lassen, den Flächenverbrauch im Freistaat auf fünf Hektar am Tag zu begrenzen. Das entspricht Hartmann zufolge auch der Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung. Das Ziel sind bis 2030 bundesweit 30 Hektar, der bayerische Anteil wären da genau diese fünf. Derzeit sind es nach Angaben des Statistischen Landesamt fast doppelt so viel. Mit ökologischen Folgen. Tobias Ruff von der ÖDP:

"Die Insekten sind um 80 Prozent zurückgegangen, die Vögel sind zurückgegangen und es finden sich immer mehr Säugetiere auch auf der roten Liste und wir Menschen hängen im Endeffekt davon ab." Tobias Ruff, ÖDP

Die Lebensqualität sinkt mit dem Flächenverbrauch – so die Ansicht von ÖDP und Grünen. Orte verlieren ihren Charakter, Innenstädte veröden, stattdessen gesichtslose Gewerbegebiete, Discounter an Discounter, Parkplatzwüsten, Kreisverkehre ins Nichts. Rund 16.000 Bayern haben schon unterschrieben für die Zulassung des Volksbegehrens – und auch bei Infoveranstaltungen spürt Grünen-Fraktionschef Hartmann Rückenwind.

"Bei diesem Thema kommt man wirklich zu Veranstaltungen, da kennt man wirklich grad mal eine Handvoll Leute. wenn zu Veranstaltungen, nur Handvoll aus der eigenen Partei, der Rest kommt einfach, weil es ihn interessiert, und ich hatte vor Kurzem sogar einen stellvertretenden CSU-Ortsvorsitzenden. Der stellt sich hin und sagt: Genau das richtige Thema. So kann's doch nicht weitergehen." Ludwig Hartmann, Grüne

Große Hürde

Hartmann ist mehr als zuversichtlich, die für eine Zulassungsprüfung notwendigen 25.000 Unterschriften bis Jahresende zusammenzubekommen. Dann muss das Bayerische Verfassungsgerichtshof entscheiden, ob der Gesetzesentwurf des Volksbegehrens verfassungsgemäß ist. Danach kommt die größte Hürde: Innerhalb von zwei Wochen müssen sich zehn Prozent der bayerischen Wahlberechtigten, etwa eine Millionen Menschen, bei ihren Gemeinden für das Volksbegehren eintragen. Ein paar gewichtige Mitstreiter würden dem Anliegen da durchaus guttun, darin sind sich alle einig. Der Bayerische Bauernverband kritisiert aber mit Blick auf die Landtagswahl vor allem den Zeitpunkt. Markus Peters:

"Wir können uns so einer parteipolitischen Aktion, die im Prinzip auf die Wählerstimmen im Jahr 2018 abzielt, einfach nicht anschließen." Markus Peters, Bauernverband

Hoffnung auf Unterstützung

Mit dem Bund Naturschutz sind die Grünen noch im Gespräch. Der Vorsitzende Richard Mergner war schon bei mehreren Volksbegehren dabei, zum Wald, zur Gentechnik und hat sie scheitern sehen. Er wünscht sich – auch wegen der immens hohen Kosten eines solchen Vorhabens - die größtmögliche Erfolgschance und dafür braucht es, sagt er, stärkere politische Partner und vor allem die Basis in den Verbänden. Der Bund Naturschutz in Bayern hat mehr als 225.000 Mitglieder. Deren Unterstützung könnte das Volksbegehren natürlich gut brauchen. Beim Nichtraucherschutz und bei den Studiengebühren hat das geklappt. Tobias Ruff von der ÖDP glaubt auch beim Flächenfraß an einen Erfolg.

"Die Bayern sind unglaublich stolz auf ihr Landschaftsbild und wollen das bewahren. Insofern müssen wir da ganz wenig Überzeugungsarbeit leisten. Wir müssen die Leute motivieren und informieren. Dass es auch tatsächlich dazu kommt, dass die Leute in die Rathäuser gehen." Tobias Ruff, ÖDP