Krabbelgruppe als Teil des Projekts "Langzenn hilft".
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Angela aus Benin besucht mit ihrer Tochter Shakira die Krabbelgruppe des Vereins "Langenzenn hilft".

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Viele Flüchtlinge: Helferkreise brauchen mehr Unterstützung

Die Flüchtlingszahlen steigen, damit sind auch die Helferkreise wieder stark gefordert. Viele helfen den Geflüchteten seit acht Jahren bei Behördengängen, Arztbesuchen, Wohnung- und Arbeitssuche. Doch sie fordern mehr staatliche Unterstützung.

Über dieses Thema berichtet: Frankenschau aktuell am .

Schon kurz nach ihrer Ankunft in Deutschland ist Angela aus dem westafrikanischen Benin mit ihrer Tochter Shakira in der Krabbelgruppe des Vereins "Langenzenn hilft" dabei. Der Verein versucht, Geflüchtete so schnell wie möglich in den deutschen Alltag zu integrieren. Schon länger helfen die Ehrenamtlichen bei der Wohnungssuche, Behördengängen oder der Kinderbetreuung. Seit einigen Wochen aber kümmert sich ein kleines Team des Vereins sogar um die Vermittlung von Jobs. Martina Pfeifer fragt die junge Frau, was sie gelernt hat. Angelas Antwort: "Coiffeur" (auf Deutsch: Friseurin). Eine Qualifikation mit der sie sicherlich schnell eine Arbeit finden würde, doch wer kümmert sich in der Zeit um ihr Baby?

Arbeitsvermittlung durch Ehrenamtliche

Um solche Fälle kümmern sich die Ehrenamtlichen von "Langenzenn hilft" und suchen Lösungen. Sie haben neben der Krabbelgruppe auch einen Kindergarten aufgebaut. Und sie halten engen Kontakt zu etwa 40 Arbeitgebern aus der Region. Gerade in ländlichen Regionen seien die Wege oft kurz: Man kennt sich, die Ehrenamtlichen wissen, wer händeringend Arbeitskräfte sucht und wer von den Geflüchtete welche Anforderungen erfüllt und gut passen könnte. Die Sprechstunden zur Arbeitsvermittlung, die der Verein seit Kurzem anbietet, waren sofort ausgebucht. Doch damit übernimmt er Aufgaben, die eigentlich das Jobcenter übernehmen sollte.

Gang zum Jobcenter nur über viele Hürden

Die nächsten Jobcenter sind für die Geflüchteten von Langenzenn und den umliegenden Orten mit öffentlichen Verkehrsmitteln oft schlecht zu erreichen. Dort sind dann meist die Sprachbarrieren hoch, Dolmetscher gibt es nur wenige. Außerdem haben die Geflüchteten auch Angst, falsche Angaben zu machen, die zu Leistungskürzungen führen könnten, erzählt Katja Meier. Sie stammt selbst aus der Ukraine, jetzt arbeitet auch sie ehrenamtlich im Verein mit, dolmetscht und hilft dabei, Jobs zu finden. So wie für Mykola, einem 44-jährigen Ukrainer, der nun bei einem Landwirt in Gonnersdorf arbeitet.

Viele Anfragen von regionalen Arbeitgebern

Martin Stiegler ist Haselnussbauer und Hühnerhalter. Er sucht dringend Menschen, die bei einfachen Tätigkeiten anpacken, wie dem Ernten der Haselnüsse oder dem Einsammeln und Sortieren der Eier. Dafür braucht es weder berufliche Zertifikate noch gute Deutschkenntnisse. Stiegler ist einer von vielen Arbeitgebern aus der Region, die beim Helferkreis anfragen, ob sie nicht jemanden für ihn haben. Denn Anfragen über das Jobcenter sind auch für ihn kompliziert. Stiegler sagt: "Was 'Langenzenn hilft' auf die Beine stellt ist notwendig, auch wenn es eigentlich staatlich sein sollte. Aber ich glaube, das ist einfach einmal ein Vorzeigeprojekt, wie's gehen kann."

Ehrenamtliche wünschen sich staatliche "Kümmerer"

Auch der Helferkreis Dinkelsbühl ist derzeit wieder sehr gefordert. Monika Hoenen ist seit 2015 aktiv – wie viele andere, die auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise zum Kreis gestoßen sind. Damals hatten die Ehrenamtlichen gedacht, ihre Unterstützung werde nur vorübergehend gebraucht. Doch auch nach acht Jahren gehe es immer noch nicht ohne die Ehrenamtlichen, so Hoenen. Es brauche aber dringend mehr Unterstützung von staatlicher Seite. Ihr Vorschlag wäre: "Ich glaube, dass es in den Kommunen, je nach Bevölkerung und Zuwanderung, hauptamtliche Kümmerer geben sollte. Eine Person, die einen Plan macht, wie kann Integration hier vor Ort am besten gelingen, die wirklich den Auftrag hat, die Ehrenamtlichen und die Bevölkerung mitzunehmen bei diesem Prozess."

Keine Obergrenze, sondern Integrationswillen

Die Diskussion über eine Obergrenze halten die Ehrenamtlichen in beiden Vereinen nicht für hilfreich. Denn der enorme Zustrom der ukrainischen Flüchtlinge im vergangenen Jahr habe gezeigt, dass es möglich sei, viele Menschen in kurzer Zeit aufzunehmen, wenn die Bereitschaft dazu da ist. Einen solchen Willen zur Integration brauche es für die Zuwanderer aus allen Ländern. Das Wichtigste sei, ihnen schnell und unbürokratisch Perspektiven aufzuzeigen – auch zum Wohle des deutschen Ausbildungs- und Arbeitsmarktes. In Langenzenn, Dinkelsbühl und vielen anderen Orten schaffen es Ehrenamtliche, eine Basis für eine gute und zügige Integration Geflüchteter zu legen. Und zwar dadurch, dass sich jemand wirklich um sie kümmert.

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