ÖPNV ist eine kommunale Aufgabe, der Freistaat Bayern unterstützt finanziell. Für Schienenpersonennahverkehr sind die Länder zuständig.
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ÖPNV ist eine kommunale Aufgabe, der Freistaat Bayern unterstützt finanziell. Für Schienenpersonennahverkehr sind die Länder zuständig.

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Öffentlicher Verkehr in Bayern: Geht's voran mit Bus und Bahn?

Das 365-Euro-Ticket ist da, aber anders als angekündigt. Die Taktung bei der Bahn steigt und Bayern investiert wie versprochen deutlich mehr in den ÖPNV. Zufrieden sind dennoch nicht alle. Teil 4 der BR24-Serie über die Bilanz der Koalition.

Über dieses Thema berichtet: radioWelt am .

Nach fünf Jahren Regierung von CSU und Freien Wählern ist es Zeit für eine Bilanz: Welche Punkte auf der To-Do-Liste wurden abgehakt, welche bleiben offen?

BR24 hat den Koalitionsvertrag von CSU und Freien Wählern nach konkreten, gut messbaren Vorhaben durchsucht und sowohl gehaltene als auch nicht gehaltene Versprechen herausgearbeitet. Dazu sei gesagt, dass diese Legislatur auch von unvorhersehbaren Krisen wie Corona und Krieg geprägt war - für manches Versprechen haben sich die Vorzeichen geändert. Herausgekommen ist eine BR24-Serie. In Teil vier geht es um ein Thema, bei dem Länder und der Bund nicht ohne einander können: den öffentlichen Verkehr.

Versprechen 1: 365-Euro-Ticket für große Städte

Die Verkehrsverbünde in München, Nürnberg, Regensburg und Würzburg legten im August 2020 vor, ein Jahr später zogen auch Augsburg und Ingolstadt nach und führten ein 365-Euro-Ticket für Schüler und Auszubildende ein. Damit verfügen alle sechs großen bayerischen Verkehrsverbünde über ein Angebot nach dem Motto: ÖPNV für einen Euro pro Tag. So hatte es sich Schwarz-Orange im Koalitionsvertrag vorgenommen: "Für die großen Städte wollen wir auf Dauer ein 365-Euro-Jahresticket einführen."

"Versprochen: Gehalten", schreibt das Verkehrsministerium auf seiner Webseite. Das stimmt jedoch nur teilweise: Von der Einschränkung "für Schüler und Auszubildende" war im Vertrag nämlich nicht die Rede. Ursprünglich war das Angebot für alle ÖPNV-Nutzerinnen und -Nutzer gedacht. Diese Variante wurde nur im Großraum Nürnberg diskutiert. Am Ende entschied sich der Stadtrat jedoch dagegen und erklärte auch einen im Raum stehenden Bürgerentscheid zu der Frage für unzulässig.

Noch in diesem Jahr gibt es in Bayern weitere Ermäßigungen: Statt des Deutschlandtickets für 49 Euro pro Monat bekommen Auszubildende und Freiwilligendienstleistende das Ticket im Freistaat ermäßigt für 29 Euro. Für Studierende gilt das Angebot ab Oktober. Aufs Jahr hochgerechnet macht das 348 Euro für den ÖPNV. Und auch die Ein-Euro-pro-Tag-Variante für alle ist noch nicht ganz vom Tisch. Als es im Sommer 2022 um die Nachfolgeregelung des 9-Euro-Tickets ging, sagte CSU-Ministerpräsident Markus Söder: "Mein Vorschlag wäre ein 365-Euro-Jahresticket für den gesamten öffentlichen Personennahverkehr in ganz Deutschland." Daran müsste sich dann wohl auch der Bund stärker beteiligen.

Versprechen 2: Aufstockung der ÖPNV-Zuweisungen

Für die Ausgestaltung des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) sind die Kommunen zuständig, Bund und Länder unterstützen finanziell. Die Staatsregierung hatte sich vorgenommen, den Anteil des Freistaats daran zu erhöhen. Gerade um die Versorgung im ländlichen Raum zu verbessern "werden wir die ÖPNV-Zuweisungen von 75 Millionen Euro auf nahezu 100 Millionen Euro aufstocken", so steht es im Koalitionsvertrag. Tatsächlich hat die Staatsregierung bereits ziemlich zu Beginn der Legislatur begonnen, deutlich mehr in den ÖPNV zu investieren. Im Jahr 2018 steuerte der Freistaat rund 74,3 Millionen Euro für die Kommunen bei. "Seit 2019 beträgt das Gesamtvolumen der ÖPNV-Zuweisungen 94,3 Millionen Euro", teilt das von Christian Bernreiter (CSU) geführte Verkehrsministerium mit. Im Vergleich zu 2017 (51,3 Millionen Euro) habe sich der Betrag somit fast verdoppelt.

Das Versprechen von "nahezu 100 Millionen Euro" im Koalitionsvertrag kann man als gehalten betrachten. Laut Recherchen des NDR liegt der Freistaat bei Pro-Kopf-Zuschüssen für ÖPNV im Ländervergleich auf Platz neun. Trotz höherer Zuschüsse ist aber nur etwas mehr die Hälfte der Menschen in Bayern mit dem ÖPNV-Angebot zufrieden, das ergab eine repräsentative Umfrage Ende 2022. Nur zwei Bundesländer schnitten bei der Befragung schlechter ab. Vergleichsweise unzufrieden waren die Befragten vor allem mit der Taktung, sowie mit der Entfernung zur nächstgelegenen Haltestelle.

Versprechen 3: neue Busse, Trambahnen, U-Bahnen

Im Koalitionsvertrag versprachen CSU und Freie Wähler: "Bayernweit fördern wir die Anschaffung von 2.000 Bussen, 100 Trambahnen sowie 50 U-Bahnen."

Bei der Beschaffung neuer Hardware für Straßen und Schienen ist das Bild zweigeteilt. "Zwischen 2018 und 2022 wurden etwa 3.200 Linienomnibusse im ÖPNV durch den Freistaat gefördert", schreibt das Verkehrsministerium auf BR24-Anfrage. Das sind deutlich mehr als die 2.000 versprochenen Busse.

Auch was U-Bahnen angeht, hat die Koalition ihr Ziel nach eigenen Angaben übererfüllt. Bis 2022 sei die Förderung von 68 U-Bahnen zugesagt worden, anvisiert waren 50 Stück. Nur bei Trambahnen hinkt die Staatsregierung hinterher: Statt für 100 habe man bislang für 60 Bahnen eine Förderung erteilt. Auch hier ist das aktuelle Jahr noch nicht einkalkuliert. Man erwarte weitere Anträge für 2023, so das Ministerium.

Versprechen 4: mehr Stundentakt im Regionalnahverkehr

Es kommt nicht nur darauf an, dass die Bahnen fahren, sondern auch, wie oft sie fahren. "Im Schienenpersonennahverkehr (SPNV) wollen wir den Bayerntakt sukzessive so flächendeckend wie möglich zum Stundentakt ausbauen", schrieben CSU und Freie Wähler im Koalitionsvertrag. Der SPNV umfasst S-Bahnen, Regionalbahnen und den Regionalexpress. Im Richtwert wolle man alle Stationen von Montag bis Freitag (5 - 23 Uhr) mindestens stündlich bedienen, so das Verkehrsministerium. An Samstagen gelte diese Vorgabe ab 6 Uhr, an Sonntagen ab 7 Uhr und jeweils bis 23 Uhr. In Ballungsräumen und bei hoher Nachfrage gehe das Angebot deutlich über diesen Standard hinaus.

Laut Verkehrsministerium verfügen heute nur wenige Strecken in Bayern nicht über ein stündliches Fahrplanangebot: Laut einer Liste des Ministeriums handelt es sich um 15 Verbindungen mit Regionalbahn und -express, darunter die Strecken zwischen Bamberg und Coburg oder von Krumbach nach Mindelheim. Überwiegende Ursache für fehlendes Angebot sei "die nicht ausreichende Bahninfrastruktur", schreibt das Ministerium – also die Deutsche Bahn, der das Schienennetz gehört. Für die Finanzierung sei der Bund verantwortlich. Fazit: Da das Stundentakt-Versprechen der Staatsregierung lautete "so flächendeckend wie möglich", kann man sagen: erfüllt.

Folgende Teile zur Bilanz der Staatsregierung sind bereits auf BR24 erschienen:

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