Im Cyber-Crime-Prozess um einen 24-jährigen Online-Betrüger hat das Landgericht Ingolstadt das Urteil gesprochen.
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Im Cyber-Crime-Prozess um einen 24-jährigen Online-Betrüger hat das Landgericht Ingolstadt das Urteil gesprochen.

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Urteil in Ingolstadt: Online-Betrüger muss in Entziehungsanstalt

Im Prozess um einen millionenschweren Betrug per Online-Banking hat das Landgericht Ingolstadt das Urteil gesprochen: Der 24-jährige Angeklagte bekommt sechs Jahre Gesamtfreiheitsstrafe und soll in eine Entziehungsanstalt eingewiesen werden.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Oberbayern am .

Im Prozess um einen 24-jährigen Online-Betrüger hat die große Strafkammer am Landgericht Ingolstadt das Urteil verkündet: Der Angeklagte, dem millionenschwerer Betrug per Online-Banking vorgeworfen wird, bekommt sechs Jahre Gesamtfreiheitsstrafe wegen gewerbsmäßigem Computerbetrug und gewerbsmäßiger Fälschung von beweiserheblichen Daten. Damit liegt das Gericht genau zwischen den Plädoyers der Staatsanwaltschaft und der Verteidigung. Angeordnet hat das Gericht auch die Einweisung in eine Entziehungsanstalt. Der Angeklagte ist süchtig, vor allem nach Kokain. In diesem Punkt folgt das Gericht den Ausführungen des sachverständigen Psychiaters.

1,3 Millionen Euro von fremden Bankkonten ergaunert

Dass er 1,3 Millionen Euro von fremden Konten ergaunert hat, gab der Angeklagte bereits am ersten Verhandlungstag zu. Von dem Geld fehlt nach wie vor jede Spur: Seinen Anteil von rund 200.000 Euro will er für seine Spiel- und Drogensucht ausgegeben haben, der Rest soll bei anonymen Unterstützern sein, deren Identität der Anklagte seiner Aussage nach nicht kennt. Wegen der Suchterkrankung des Angeklagten forderten sowohl die Verteidiger als auch die Staatsanwältin die Einweisung in eine Entziehungsanstalt inklusive Therapie.

Früher Tod des Vaters führt in den Drogenkonsum

Am zweiten Verhandlungstag erhielt das Gericht ein Profil des Angeklagten. Ein prägendes Erlebnis war für den heute 24-Jährigen der frühe Tod des alkoholabhängigen Vaters. Ihn fand der damals 15-Jährige in dessen Wohnung. Wie der psychiatrische Sachverständige heute erklärte, führte dieses Trauma den Angeklagten direkt in den Drogenkonsum. Er trank zuerst Alkohol und nahm dann zunehmend Kokain. Sein Konsum lag in den vergangenen Jahren bei rund zwei Gramm Kokain, auch während der Zeit seiner Cyber-Crime-Phase.

Vorstrafenregister zeigt: Kriminalität seit Jugendzeit

Ebenfalls mit dem Tod des Vaters begannen die schulischen Probleme. Zwei Hauptschulklassen hat der junge Mann wiederholt und sie dann ohne Abschluss verlassen. Mit dem Tod des Vaters begann auch seine kriminelle Karriere. Im Vorstrafenregister stehen anfangs kleinere Diebstähle und Hehlereien, gefolgt von Betrügereien.

Verlobte gibt Rolex zurück

Der psychiatrische Sachverständige hält eine Therapie in einer Entziehungsanstalt für zielführend. Vor Gericht erschien auch die langjährige Freundin des Angeklagten, mit der er seit Kurzem auch verlobt ist. Die junge Frage erklärte der Strafkammer, dass sie die Rolex zurückgeben will, die der Angeklagte ihr geschenkt hat. Damit kam sie der Justiz einen Schritt zuvor. Weil der Angeklagte die rund 6.000 Euro teure Uhr mit Beutegeld bezahlt hat, hätte das Gericht die Uhr im Zuge des Verfahren eingezogen.

Staatsanwältin: "Hören Sie auf mit diesem Scheiß!"

Die Staatsanwältin plädierte auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt. Für sie ist die Beute von mehr als 1,3 Millionen Euro "nur die Spitze des Eisbergs - eben das, was wir ermittelt haben". Sie sprach von einer "hohen kriminellen Energie" und machte bei dem Betrüger auch eine "ungute Haltung" aus. Wiederholt hat der Angeklagte über seine Anwälte ausrichten lassen, dass er immer gewusst habe, dass die Banken, nicht die Kunden für den Schaden aufkommen müssen. Die Staatsanwältin machte darauf aufmerksam, dass einige Kunden aktuell sehr wohl mit ihren Banken vor Gericht streiten, um ihr Geld wiederzubekommen. So ein Rechtsstreit könne lange dauern. Die Staatsanwältin redete dem Angeklagten ins Gewissen, die anstehende Freiheitsstrafe für einen Schulabschluss zu nutzen und danach "Fuß zu fassen, nicht mal mehr einen Kugelschreiber mitgehen lassen! Hören Sie auf mit diesem Scheiß!", so die Staatsanwältin wörtlich.

Verteidigung: Angeklagter wurde teils selbst betrogen

Die Verteidiger des Angeklagten hielten eine Freiheitsstrafe von fünf Jahren für angezeigt. Sie betonten, dass der Angeklagte seine Taten eingeräumt und sogar 40.000 Euro mehr an Schaden benannt hat, als die Staatsanwaltschaft ermittelt hatte. Sie verwiesen darauf, dass der Angeklagte in diesem komplexen Cyber Crime als einziger vor Gericht steht. Die "anderen bleiben im Dunkeln". Teils sei auch der betrügende Angeklagte selbst betrogen worden. Auch die Verteidigung plädierte für die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt.

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