Landwirt und Theologe Fritz Kroder berät Familien wenn es auf einem Hof Schwierigkeiten gibt.
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Landwirt und Theologe Fritz Kroder berät Familien, wenn es auf einem Hof Schwierigkeiten gibt.

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Unfreiwillige Hofübernahme – vom Bauer zum Berater

Als junger Mann übernimmt Fritz Kroder den väterlichen Bauernhof. Erst spät spürt er, dass er vor allem aus Pflichtgefühl Bauer geworden ist. Er studiert Theologie und findet seine eigentliche Berufung: Landwirte beraten, denen es ähnlich geht.

Über dieses Thema berichtet: STATIONEN am .

Als Fritz Kroder (66) als junger Mann den väterlichen Bauernhof im mittelfränkischen Speikern übernahm, hinterfragte er nicht, ob sich das für ihn richtig anfühlt. "Das war einfach so: Drei Kinder, der große Bruder darf studieren, die Schwester lernt Erzieherin, und der Kleine macht den Hof. Das war ich."

Ungeschriebenes Hof-Gesetz: "Man verkauft kein Land"

Wenn Fritz Kroder den Familienstammbaum seiner Großfamilie anschaut, dann ist ihm heute bewusst, warum er den Hof übernehmen musste. Auf einem Foto sind alle Generationen seiner Familie abgebildet: der Urgroßvater, der Großvater, der Vater und schließlich seine beiden Geschwister und er. "Hof-Gewissen" nennt er den Stammbaum und sagt: "Denkt man an die Generationenfolge, die in dem Hof steckt, wäre Verkaufen nicht in Frage gekommen. 'Man verkauft kein Land' - das war wie ein ungeschriebenes Gesetz. Aber das lief damals auf einer unbewussten Ebene ab. Man machte es, weil es einfach so war. Und ich hab' mich damit arrangiert."

So macht Fritz Kroder Anfang der 1970er Jahre eine Ausbildung zum Landwirtschaftsmeister. Gleichzeitig baut der Vater einen neuen Stall, für 50 Milchkühe. Mitte der 1980er Jahre übernimmt Fritz Kroder den Hof. Als Jahre später der Vater gebrechlich wird, spürt Fritz Kroder, dass es ihm allein zu viel wird. Er trennt sich vom Milchvieh, stellt auf Ackerbau um und verpachtet einen Teil der Felder. Auch wagt er noch einmal etwas völlig Neues: Neben der Arbeit auf dem Hof beginnt er auf dem zweiten Bildungsweg ein Theologie-Studium, macht eine Ausbildung zum Coach und wird schließlich landwirtschaftlicher Familienberater der Erzdiözese Bamberg.

Vom Landwirt zum landwirtschaftlichen Familienberater

Täglich ist Fritz Kroder nun mit Menschen aus landwirtschaftlichen Betrieben konfrontiert, die in Not geraten sind. Oft geht es um finanzielle Schwierigkeiten, um Konflikte zwischen den Generationen – oder darum, dass die Arbeit jungen Hofnachfolgerinnen oder Hofnachfolgern über den Kopf wächst. "Ich erlebe jedes Jahr einige Suizide", sagt er.

Seine Aktenordner sind auch voll mit Fällen von jungen Landwirtinnen und Landwirten, die den Eltern zuliebe den Hof übernommen haben. Fritz Kroder spricht von "Glaubenssätzen", die seiner Ansicht nach eine fast hypnotische Wirkung haben: "Ich habe es den Eltern versprochen." Das stecke einfach in den jungen Landwirten drin. Und das mache es auch oft so schwer, den Hof aufzugeben. "Weil der Letzte, der ihn bewirtschaftet, nicht derjenige sein will, der die Lebenspläne der Eltern zunichte macht", erklärt Kroder.

Er weiß von Versprechen, die oft auch über den Tod der Eltern hinaus noch ihre Wirkung haben. Kürzlich ist er einer 60-jährigen Frau begegnet, die sagte, sie dürfe den Hof nur aufgeben, wenn sie krank werde.

Mit systemischen Aufstellungen

Mit seinen Klientinnen und Klienten macht er auch systemische Aufstellungen, in denen deutlich wird, wie sehr der Hof oft über den eigenen Bedürfnissen der Menschen steht. Durch seine Arbeit wird ihm im Laufe der Jahre auch einiges über sich selber klar. Immer stärker erkennt er Parallelen. Inzwischen weiß er, was ihm damals noch nicht bewusst war: dass auch er vieles seinen Eltern zuliebe gemacht hat. "Die Frage ist, ist es mein Ding oder mache ich etwas, was jemand von mir erwartet oder denkt. Wenn jemand was von mir erwartet, lebe ich sein Leben und nicht meines. Dann wird es problematisch, weil man dann nicht glücklich wird", sagt Kroder.

Heute, kurz vor seiner Pensionierung, hat er das Gefühl, sein Leben so gestaltet zu haben, dass es zu ihm passt.

Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.

Rund ums Thema "Was schulde ich meinen Eltern" geht es in der Sendung STATIONEN, am Mittwoch, 17. Mai 2023, um 19 Uhr im BR Fernsehen und in der ARD Mediathek.