Eine Mutter am Telefon, gegenüber ein Kleinkind.
Bildrechte: BR/ Julia Müller

Eltern versuchen oft monatelang einen Kita-Platz zu finden. Doch die fehlen.

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Trotz Anspruch auf Kita-Platz: In Würzburg fehlen 300 Plätze

Kinder haben ab dem ersten Lebensjahr den Anspruch auf einen Kita-Platz. Das hat der Bund vor genau zehn Jahren beschlossen. Am Beispiel Würzburg zeigt sich: die Realität sieht meist anders aus.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten aus Mainfranken am .

Auf jedem Spielplatz ist es das Gesprächsthema Nummer 1: Habt ihr einen Platz? Wenn ja, wo und für wie viele Stunden? Kita-Plätze sind Mangelware. In Würzburg warten aktuell 300 Ein- und Zweijährige auf einen Krippen-Platz. Die Zahl der betreuten Kinder stieg im vergangenen Jahr doppelt so stark wie die Zahl des Betreuungspersonals. Eine enorme Belastungsprobe für Kindertageseinrichtungen, denn seit zehn Jahren haben zusätzlich Kinder ab ihrem ersten Geburtstag einen Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz.

Dreiviertel der Eltern wollen einen Krippenplatz

Seit das Bundesfamilienministerium diesen Anspruch im Sozialgesetzbuch festgeschrieben hat, sind die Bedarfe stark gestiegen. Während man damals von einer benötigten Betreuungsquote von 35 Prozent ausging, liegt sie in Würzburg etwa bei 75 Prozent. Also dreiviertel der Eltern mit einem einjährigen Kind wünschen sich einen Kita-Platz. Das liege an existentiellen Nöten, weil viele Eltern nach zwölf Monaten Elterngeld wieder arbeiten müssen. Aber auch an den geburtenstarken Jahrgängen 2020 und 2021, sagt Monika Kraft, stellvertretende Leiterin des Fachbereichs Jugend und Familie bei der Stadt Würzburg: "2012 hatten wir noch 913 Geburten in Würzburg – 2021 waren es tatsächlich 1.211 Kinder, die auf die Welt kamen." 300 Kinder mehr als noch vor Einführung des Rechtsanspruchs.

Würzburg: 63 Prozent der Eltern bekommen einen Krippenplatz

Trotzdem: In Würzburg können zumindest 63 Prozent der Ein- und Zweijährigen in Kitas oder Kindertagespflege-Einrichtungen versorgt werden. Der bayernweite Durchschnitt liegt bei 45 Prozent. Das liege etwa, so Monika Kraft, an der Einführung von sogenannten Mini-Kitas, leerstehenden Ladenlokalen, die zu Kitas umfunktioniert werden – in Großstädten wie Berlin ein gängiges Modell. Beim Disponieren hilft ein eigenes Verteilsystem: Little Bird, ein Elternportal der Stadt Würzburg.

Kita-Anmeldung schon zur Geburt

So hat auch der knapp einjährige Samir einen Kitaplatz ergattert. Papa Felix Hofmann hat über das System acht Kitas gleichzeitig angefragt. Und das zum frühestmöglichen Zeitpunkt: "Wir haben das zur Geburt gemacht, ein paar Tage später. Seitdem laufen die Anfragen." Vier Stunden täglich geht Samir ab September in die Krippe. Was beim System nicht berücksichtigt wurde, ist die Nähe zum Wohnort: Täglich muss Felix seinen Sohn dann ans andere Ende der Stadt bringen und wieder abholen. Trotzdem ist er erleichtert: "Wenn das nicht geklappt hätte, hätten ich meine Elternzeit verlängern müssen."

In den kommenden Jahren könnten 400 Betreuungskräfte fehlen

Die große Ungewissheit bleibt aber dennoch: Die Kita, in die Samir gehen soll, befindet sich aktuell noch im Bau. Denn auch so versucht die Stadt neue Plätze zu schaffen. Ob in Zukunft noch genug Personal für die Kinder da ist, ist fraglich: Monika Kraft vom Fachbereich Jugend und Familie in Würzburg schätzt, dass in der Stadt in den nächsten zwei Jahren 400 Erzieherinnen und Kinderpfleger fehlen werden. Und das obwohl die Zahl der in Kitas Beschäftigten seit 2012 gewachsen ist.

Freistaat unterstützt mit Bildung und Geld

Landesweit arbeiten laut Bayerischen Familienministerium 114.000 Menschen in dem Bereich – 78 Prozent mehr als noch vor elf Jahren. Doch der Bedarf an Kita-Plätzen ist in den vergangenen Jahren stetig gestiegen. "Grund dafür sind insbesondere die stark gestiegenen Geburtenzahlen aber auch ein immer früheres Eintrittsalter der Kinder in die Fremdbetreuung und längere Buchungszeiten", heißt es von einer Sprecherin des Bayerischen Familienministeriums: Während also 2012 noch 81.775 Kinder unter drei Jahren in Kitas betreut wurden, sind es heuer 139.825 Kinder. Der Freistaat unterstützt die Kommunen bei der Umsetzung des Rechtsanspruch vor allem finanziell. Für Betriebskosten, Investitionskosten und Sonderinvestitionsprogrammen zum Kita-Neubau gibt es vom Familienministerium Geld. Zusätzlich wird versucht den Mangel an Betreuungspersonal mit Aus- und Weiterbildungs-Angeboten, sowie Quereinsteigerprogrammen abzufedern.

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