Ministerpräsident Söder und der neue Bischof von Bamberg Herwig Gössl. Der Freistaat hätte das Recht, gegen einen von Rom ernannten Hirten Bedenken anzumelden.
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Ministerpräsident Söder und der neue Bischof von Bamberg. Bayern hätte das Recht, gegen einen von Rom ernannten Hirten Bedenken anzumelden.

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Bayern-Konkordat regelt auch die Zahlungen an die Kirche

Wer ernennt in Bayern Bischöfe? Wer zahlt sie? Das waren Fragen, die der Freistaat Bayern vor 100 Jahren mit der katholischen Kirche neu verhandelt hatte. Was damals ins Bayern-Konkordat mündete, gilt bis heute. Auch für die Geldströme an die Kirche.

Über dieses Thema berichtet: Theo.Logik am .

Eigentlich hätten es ja die Gläubigen im Erzbistum Bamberg sein sollen, die über ihren neuen Bischof mitbestimmen. So jedenfalls war das Votum der Delegierten – inklusive Bischofsmehrheit – auf dem Synodalen Weg, die auf dem Reformprozess der katholischen Kirche in Deutschland für den programmatischen Text "Einbeziehung der Gläubigen in die Bestellung des Diözesanbischofs" stimmten.

Doch statt bei den Bamberger Katholiken landete die Causa um ihren neuen Bischof – vor dessen Bekanntgabe – auf dem Schreibtisch der bayerischen Staatsregierung. Wie üblich. Wie festgeschrieben im "Konkordat seiner Heiligkeit Papst Pius XI. und dem Staate Bayern", so der offizielle Titel des Staatskirchenvertrags zwischen katholischer Kirche und dem Freistaat vom 29. März 1924. Dieses Bayern-Konkordat gilt mit einigen Ergänzungen und Entbindungen von manchen der 16 Artikel bis heute.

Staatsregierung: "Ernennung von Bischöfen ist vertraulich"

Deshalb konnten die Katholiken in Bamberg auch (noch) kein Wörtchen mitreden bei der Ernennung ihres neuen Oberhirten. Denn in Artikel 14 des Konkordats einigten sich Kirche und Staatsregierung vor 100 Jahren darauf, dass der Papst die bayerischen Bischöfe frei ernennt, der bayerischen Regierung zuvor aber die Möglichkeit einräumt, Einspruch gegen den Erwählten anzumelden.

Durchaus mehr als Symbolpolitik: Dem Vernehmen nach soll die Staatsregierung unter Günther Beckstein (CSU) etwa den Regensburger Bischof Gerhard Ludwig Müller für den vakanten Bischofsstuhl in München verhindert haben, stattdessen folgte auf Friedrich Wetter Reinhard Marx. "Das Verfahren zur Ernennung von Bischöfen ist vertraulich", heißt es auf Anfrage beim zuständigen Kultusministerium.

Das Gerangel um die Hoheitsrechte von Papst und Regierung jedenfalls war historisch einer der Hauptgründe, weswegen vor 100 Jahren neu über einen Staatskirchenvertrag verhandelt wurde. Bislang war es der König von Bayern, dem der Papst die Ernennung der Bischöfe im bis dato geltenden Konkordat von 1817 zugestand. Aber: "Die Monarchie gibt es ja nicht mehr seit 1918, also war eine juristische Neuordnung des Verhältnisses zwischen Kirche und Staat nötig gewesen", sagt Manfred Heim, Professor für bayerische Kirchengeschichte an der Ludwig-Maximilians-Universität München.

Bayern zahlte zuletzt 27 Millionen Euro an katholische Kirche

Und so gilt bis heute, dass der Papst die Bischöfe für Bayern aus in Rom vorgelegten Dreierlisten des Klerus (und damit eben bislang ohne "Einbeziehung der Gläubigen") eines vakanten Bistums auswählt. "Die spannende politische Frage ist die, wie die bayerische Staatsregierung am Ende faktisch überprüfen kann, ob der jeweils amtierende Papst tatsächlich nur aus den eingereichten Listen jemanden frei erwählt hat", sagt der Münsteraner Kirchenrechtler Thomas Schüller. "Hier gilt wohl das völkerrechtliche Gottvertrauen, dass die Vertragspartner sich vertragstreu verhalten."

Gleichgültig mag der Staatsregierung das Bischofspersonal zumindest aber deshalb nicht sein, weil sie für die Besoldung der Bischöfe aufkommt. Im Konkordat von 1924 regelt das Artikel 10: "Der Staat wird die erzbischöflichen und bischöflichen Stühle, die Metropolitan- und Domkapitel mit einer Dotation in Gütern und ständigen Fonds ausstatten". Außerdem verpflichtet sich der Freistaat, den Oberhirten "eine ihrer Würde und ihrem Stande entsprechende Wohnung" zu stellen. Historisch rühren diese Staatsleistungen an die Kirche aus der Zeit der Säkularisation, in deren Zuge die Kirche 1803 enteignet wurde, sie also ihre finanziellen Mittel sowie den Grund und Boden verlor, auf dem sie bislang Erträge erwirtschaftet hatte.

Grafik: Höhe der bayerischen Staatsleistungen an die Kirche im Jahr 2023

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Höhe der bayerischen Staatsleistungen an die Kirche im Jahr 2023.

Nicht zuletzt wegen der zweistelligen Millionenbeträge, die Bayern bis heute jährlich an die katholische (und analog an die evangelische) Kirche zahlt, gibt es Kritik an dem konkordatären Status quo in Bayern. Und nicht nur im Freistaat: Auch in anderen Bundesländern gelten Konkordate mit derselben Verpflichtung zu staatlichen Ausgleichszahlungen für die Entschädigungen vor mehr als 200 Jahren. Dabei sah schon die Weimarer Reichsverfassung von 1918 und dann das für ganz Deutschland einheitlich bis heute geltende Reichskonkordat von 1933 vor, die Staatsleistungen in "freundschaftlichem Einvernehmen" abzulösen.

Söder: "Gegen die Pläne" der Ampel zur Ablöse der Staatsleistungen

Die Ampel-Koaliton hat diesen bislang nicht eingelösten Verfassungsauftrag aufgegriffen und schrieb sich im Jahr 2021 ins Koalitionspapier: "Wir schaffen in einem Grundsätzegesetz im Dialog mit den Ländern und den Kirchen einen fairen Rahmen für die Ablösung der Staatsleistungen." Bis vor einem Jahr tagte dazu eine Kommission mit Vertretern aus Kirchen, Bund und Ländern unter dem Dach des Bundesinnenministeriums.

Eine Einigung ist jedoch bis heute ausgeblieben. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) ist nur einer, der sich offen "gegen diese Pläne" wandte. Es würde die Länder "viel Geld kosten", sagte Söder zuletzt beim Evangelischen Kirchentag in Nürnberg im vergangenen Jahr. Tatsächlich wären es verfassungsrechtlich die Länder, die für die Ablöse aufkommen müssten – der Bund lediglich der entsprechende Gesetzgeber.

Bayern-Grünen: "Aus der Zeit gefallen"

Vonseiten der Opposition im bayerischen Landtag kommt Kritik an der Staatsregierung für ihr grundsätzliches Festhalten am Bayern-Konkordat ("Die Bayerische Staatsregierung bekennt sich zum Konkordat", so das Kultusministerium auf BR-Anfrage). "Es ist ja nicht mehr so, dass fast alle in den Kirchen wären, die hier Bürgerinnen oder Bürger sind", sagt Toni Schuberl, rechtspolitischer Sprecher der bayerischen Grünen. "Und dass die Kirche mitreden darf bei weltlichen Fächern an den Universitäten, wer da Professor oder Professorin ist, ist doch aus der Zeit gefallen."

Denn während der Staat bei der Bischofsbestellung mitmischen darf, darf der Bischof dann entscheiden, welchen Theologen er auf katholisch-theologischen Lehrstühlen haben möchte. Für Lehrstühle übrigens, die auch der Staat finanziert.

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