Vollmond über verschneiter Landschaft auf dem Ochsenkopf
Bildrechte: Bayerischer Rundfunk 2023

In der Nacht auf dem Ochsenkopf im Fichtelgebirge: ideale Bedingungen für Mensch und Tier. Romantisch ist es noch dazu.

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"So dunkel die Nacht" - schön wär's!

Beleuchtete Straßen, Gebäude und Gärten: Wenn der Tag zur Nacht wird, wird's nicht überall still und dunkel. Darunter leiden nicht nur Pflanzen und Tiere – auch Menschen. Ein Plädoyer für die Dunkelheit.

Über dieses Thema berichtet: Frankenschau aktuell am .

Die Nacht ist für Sabine Frank die bessere Hälfte des Tages. Deshalb kämpft sie für mehr Dunkelheit. Die Leiterin des Sternenpark Rhön gilt als Deutschlands erste "Nachtschützerin" und sie ist bundesweit gefragt. Sie berät Städte und Gemeinden bei Beleuchtungskonzepten im öffentlichen Raum und ermuntert zur "Entleuchtung". Und das sei meistens gar nicht so kompliziert, so die Expertin.

Fast überall zu viel Licht

"Also, wir empfehlen, dass man als Stadtverantwortliche wirklich mal nachts umherläuft und ganz bewusst schaut, wo man geblendet wird." Allein dadurch würden sich schon viele Ansatzpunkte für eine Verbesserung ergeben, meint Sabine Frank. Verminderte Beleuchtungsstärke, kürzere Leuchtzeiten, veränderte Strahlrichtung und wärmere Lichtfarben – das seien einfache Stellschrauben, die für Mensch und Natur positive Effekte hätten und zusätzlich noch Geld und Energie sparen können. Aber vor allem in Städten machen Lampen weiterhin die Nacht zum Tag. Der "Beleuchtungswahn" scheint grenzenlos und es ist nicht mehr viel übrig von der Nacht. Die Nacht und das, was sie mit uns macht, beschäftigt Naturwissenschaftler ebenso wie Geisteswissenschaftler.

Kleine Drüse – große Wirkung

Prof. Erik Maronde vom Interdisziplinären Zentrum für Neurowissenschaften in Frankfurt ist Experte für die Zirbeldrüse. Diese kleine zapfenförmige Drüse im hinteren Bereich des Gehirns brauche die Nacht als "Signal", mahnt der Wissenschaftler. Denn: Mit Einbruch der Dunkelheit startet die Zirbeldrüse die Melatonin-Ausschüttung und wir werden müde. Aber nur dann, wenn unsere Augen auch Dunkelheit wahrnehmen und ans Gehirn melden. "Sehen ist unser Hauptsinn – vielleicht noch mit Hören als Nummer zwei dazu, aber Sehen ist sicherlich das, was unser Leben am meisten bestimmt. Und da scheint es für uns nützlich gewesen zu sein, dass wir relativ schnell auf Dunkelheit reagieren können", so Erik Maronde.

Der wichtigste Zeitgeber, den wir für unsere biologische Uhr haben, sei tatsächlich Licht. "Die Zirbeldrüse braucht dieses Signal: Es ist dunkel! Sonst macht sie nix. Sie macht nur Melatonin, wenn es draußen dunkel wird", so der Experte weiter. Lichtverschmutzung störe unseren Tag-Nacht-Rhythmus massiv, vor allem Licht mit hohem Blaulicht-Anteil, wie bei Bildschirmen oder LEDs.

Angst vor Dunkelheit tief verankert

"Heutzutage ist die Angst vor der Dunkelheit eigentlich irrational, aber sie ist in unseren Genen verankert", so die Ethnologin Prof. Heidrun Alzheimer von der Otto-Friedrich-Universität Bamberg. Die Nacht und die Dunkelheit seien deshalb ein wichtiges Forschungsthema für die Ethnologie. Möglichkeiten, die Nacht zum Tage zu machen, hätten gravierenden Einfluss auf das Leben der Menschen.

"Mit Einführung des elektrischen Lichts ist es möglich geworden, dass man zum Beispiel Heimarbeit betreibt bis spät in die Nacht. In Fabriken und Manufakturen wurde die Nachtschicht eingeführt – das hat zu großen Gesundheitsproblemen geführt: Die Hormone kommen durcheinander, der Mensch leidet unter Krankheiten wie Schlafstörungen, Herz-Kreislaufbeschwerden, Depressionen." Es gebe eine Vielfalt an Problemen, die mit nächtlicher Arbeit zusammenhänge, meint die Professorin.

Licht aus – Sterne an!

Der regelmäßige Wechsel zwischen hell und dunkel gibt Mensch und Natur normalerweise den Lebensrhythmus vor. Zu viel Licht zur falschen Zeit stört diese Taktung. Deshalb versucht Sabine Frank bei Sternenführungen in der Rhön, möglichst viele Menschen für die Dunkelheit zu begeistern. Und der Vergleich von Tageslicht und Vollmond-Nacht lässt staunen. "Am Tag haben wir 120.000 Lux und in der Vollmond-Nacht, in der wir noch sehr gut sehen können, nur 0,3 Lux - das ist so ein riesengroßer Unterschied! Es gibt in der Natur keine andere relevante Größe, die sich so regelmäßig ändert und so drastisch in den Ausprägungen ist wie hell und dunkel", so die Leiterin des Sternenpark Rhön. Eigentlich können Menschen auch in der Dunkelheit ziemlich gut sehen – sie hätten es einfach nur verlernt. Deshalb ihr Plädoyer: "Licht aus – Sterne an, das schafft Lebensqualität!"

Filmtipp: BR Fernsehen am Montag, 11.12.2023 um 21 Uhr und in der ARD Mediathek: "Bayern erleben: So dunkel die Nacht" - Ein Film von Julia Hofmann und Rika Momeni

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