Foto vom Modular-Festival, das der Stadtjugendring Augsburg organisiert
Bildrechte: Kilian Seiler/Modular Festival

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Sexismus-Vorwürfe: Jugendring beauftragt Anwaltskanzlei

Nach den Sexismus-Vorwürfen beim Modular-Festival, das der Stadtjugendring Augsburg veranstaltet, wurde nun eine unabhängige Untersuchungsstelle eingerichtet. Dort soll aufgeklärt werden, was vorgefallen sei.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten aus Schwaben am .

Nach den Vorwürfen über Fehlverhalten beim Augsburger Modular Festival haben der Bayerische Jugendring (BJR) und der Stadtjugendring Augsburg (SJR) mit sofortiger Wirkung eine unabhängige Untersuchungsstelle eingerichtet. Dort können sich Betroffene melden, heißt es in einer Mitteilung. Mit der Untersuchungsstelle werde die Grundlage geschaffen, um den vorgeworfenen Sachverhalt unabhängig aufzuklären und ans Licht zu bringen, was tatsächlich vorgefallen sei.

Frankfurter Rechtsanwaltskanzlei soll Vorwürfe untersuchen

"Der Schutz junger Menschen vor unangemessenem Verhalten und sexualisierter Gewalt muss in der Jugendarbeit oberste Priorität haben", teilt Philipp Seitz mit, der Präsident des BJR. Der Bayerische Jugendring habe die Gefährdung insbesondere durch sexualisierte Gewalt früher als andere ins Visier genommen und blicke auf mehr als 20 Jahre Erfahrung bei der fachlichen Beratung zu Prävention und Aufklärung sexualisierter Gewalt in der Jugendarbeit zurück. "Umso mehr hat es mich erschüttert, als im Mai 2023 Vorwürfe über Fehlverhalten und Grenzverletzungen durch Personen des Stadtjugendrings Augsburg von sogenannten Vertrauenspersonen des Modular Festivals an den BJR herangetragen wurden", sagt Seitz.

Auf BR-Anfrage, ob sich die Vorwürfe über angebliches Fehlverhalten gegen Personen aus der Führungsebene des SJR Augsburg richten und ob die Personen, gegen die sich die Vorwürfe richten, noch im operativen Geschäft tätig sind, teilt der BJR mit: "Zum Schutz aller potenziell betroffenen Personen können wir derzeit dazu keine Angaben machen und bitten um Verständnis."

Körper von Frauen sollen bewertet worden sein

In einer Mail, die dem BR vorliegt, schrieb der Leiter des Modular-Festivals, Patrick Jung, vergangenen August, dass es im Rahmen des Festivals zu "unangemessenem Verhalten und Grenzverletzungen durch Personen des Stadtjugendrings" gekommen sein soll. Bislang gebe es aber nur "wenige belastbare Sachinformationen". Jung war für den BR damals nicht für ein Gespräch zu erreichen.

Im Schreiben eines anderen Verfassers, das dem BR ebenfalls vorliegt, werden die Vorwürfe konkretisiert: Es gehe um "unangemessene Annäherungsversuche, körperliche Übergriffigkeiten, sexistisches Fehlverhalten, unangemessene Angebote, Machtmissbrauch und die Kenntnis von Drogenkonsum". Auch "Bodyranking vor Zeugen" wird genannt. Gemeint ist damit die Bewertung der Körper junger Frauen.

"Bemerkungen über das Körpergewicht"

Auf BR-Anfrage im Rahmen der Berichterstattung im vergangenen Dezember erklärte der SJR, dass es sich bei den Vorwürfen "im Wesentlichen" um Bemerkungen handeln soll, die die Betroffenen als "übergriffig" empfunden hätten, etwa Bemerkungen über das Körpergewicht. Eine andere Person habe nach ihrer Darstellung "nicht einvernehmliche Berührungen an der Schulter" als Grenzverletzung empfunden.

"Nach unserem Kenntnisstand geht es bei den aufgeführten Vorwürfen in keinem Punkt um Äußerungen oder Handlungen, die rechtlich Relevanz haben." Der SJR nehme die Vorwürfe aber ernst und wolle sie aufklären. Vieles bleibe aber "nebulös", da die Vorwürfe nur über Vertrauenspersonen geäußert worden seien, hieß es damals. Anzeigen seien nicht erstattet worden.

Beauftragung einer Anwaltskanzlei nach konkreten Vorwürfen

Erst Ende Dezember 2023 habe der BJR belastbare Informationen über konkrete Vorwürfe erhalten, wie es in der aktuellen Mitteilung heißt. Aus diesem Grund habe der BJR nun entschieden, die Rechtsanwaltskanzlei Rettenmaier in Frankfurt am Main mit der unabhängigen Untersuchung der jetzt konkretisierten Vorwürfe zu beauftragen.

Die Kanzlei habe umfassende Erfahrung bei der Durchführung entsprechender Untersuchungen. Die dort tätigen Rechtsanwälte seien zudem Vertrauensanwälte für mehrere Spitzensport-Verbände. "Sie werden Gespräche mit etwaigen Auskunftspersonen führen und Unterlagen und Daten sichten. Im Anschluss an die Untersuchungen wird von der Kanzlei ein Bericht erarbeitet. Sollte die Untersuchung zur Feststellung eines Fehlverhaltens führen, werden BJR und SJR die erforderlichen Konsequenzen ziehen", teilt BJR-Präsident Seitz mit.

Situation trotz Vermittlungsversuchen bislang nicht geklärt

Auch Marlene Mechold, Vorsitzende des SJR Augsburg, äußert sich in der Pressemitteilung: "Dem SJR ist die Aufarbeitung der Vorwürfe seit mehr als einem halben Jahr ein großes Anliegen. Trotz einer beauftragten Mediation und zahlreicher Gespräche und Vermittlungsversuche von Seiten des Vorstands konnte die Situation leider nicht geklärt werden."

Auf BR-Anfrage, ob es von Seiten der Personen, die die Vorwürfe äußern, Vorbehalte gegen die Vermittlungsversuche gab, antwortete der BJR: "Eine Mediation ist ein Verfahren, für das zum Schutz aller beteiligten Personen Vertraulichkeit vereinbart wird. Das gilt auch für die erwähnten Vermittlungsversuche. Deshalb können wir dazu keine Angaben machen."

Beschwerde- und Präventionsstrukturen sollen erarbeitet werden

Mit der Einsetzung der Untersuchungsstelle hoffe die Vorsitzende des SJR Augsburg nun auf eine vollständige Aufklärung. Man habe zudem zwei Arbeitsgruppen gebildet, um für die Zukunft Beschwerde- und Präventionsstrukturen zu erarbeiten und bereits vorhandene Konzepte zu verbessern.

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