Die Original Schweinfurter Schlachtschüssel der Wirtschaftsjunioren und der IHK
Bildrechte: Chris Payr, Verein "Genussreichstadt Schweinfurt"

Vom Rüssel bis zum Schwanz kommen Schweine bei der Schweinfurter Schlachtschüssel auf den Tisch. Die Tradition ist nun immaterielles Kulturerbe.

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Schweinfurter Schlachtschüssel ist immaterielles Kulturerbe

Vom Rüssel bis zum Schwanz kommen Schweine bei der Schweinfurter Schlachtschüssel auf den Tisch. Die deftige Tradition ist jetzt in die Liste des immateriellen Kulturerbes aufgenommen worden. Die Bewerbung dafür hatte viele Unterstützer.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Mainfranken am .

Die Schweinfurter Schlachtschüssel ist nicht einfach nur eine übliche Schlachtplatte und findet sich auch nicht auf üblichen Speisekarten. Es ist eine Mindestanzahl von Essern erforderlich, der Ablauf erfolgt gemäß den überlieferten Ritualen: Gegessen wird nicht von Tellern, sondern von langen Holzbrettern direkt auf dem Tisch. Bei dem deftigen Gericht wird ein geschlachtetes Schwein in sieben Gängen als gekochtes Kesselfleisch serviert. Dabei wird eine genaue Reihenfolge eingehalten: Angefangen vom Bauchfleisch und dem Stichfleisch geht es weiter mit Bug, Kamm und Kopffleisch mit Zunge, Ohr und Rüssel bis hin zu Herz und anderen Innereien und ganz am Ende den Nieren. Nun ist die 150 Jahre alte Schweinfurter Schlachtschüssel-Tradition ganz offiziell in das Verzeichnis des immateriellen UNESCO-Kulturerbes aufgenommen worden.

Kulturerbe als wesentlicher Bestandteil der Alltagskultur

Ziel des UNESCO-Übereinkommens ist es, weltweit überliefertes Wissen und Können, das einen wesentlichen Bestandteil unserer Alltagskulturen ausmacht, als immaterielles Kulturerbe sichtbar zu machen und zu dessen Erhaltung beizutragen, heißt es in der Pressemitteilung des Bayerischen Heimatministeriums. 82 Eintragungen hat das bayerische Landesverzeichnis nun. Bis die Schweinfurter Schlachtschüssel aufgenommen wurde, sei "einiges an Vorarbeit" nötig gewesen, teilt der Verein "Genussreichstadt Schweinfurt" mit und freut sich über den "großartigen Erfolg".

"Wir haben uns selbst viel mit der Geschichte der Schlachtschüssel beschäftigt, mit Metzgern, Bürgermeistern und Ausrichtern der Schlachtschüssel in Schweinfurt und Landkreis gesprochen und auch die Gastwirte über den DEHOGA mit eingebunden", so Chris Payr, Vorsitzender des Vereins. "Letztendlich waren wir nur der einreichende Verein und haben daran gearbeitet und geglaubt. Aber es war ein Schweinfurter Gemeinschaftsprojekt", so Payr weiter.

Breite Unterstützung aus Schweinfurt und Umgebung

Unterstützt wurde die Bewerbung von vielen Seiten: So von einem ehemaligen Kreisheimatpfleger, dem ehemaligen Sennfelder Bürgermeister, dem Kulturamt, dem Stadtarchiv sowie dem Verein "Schweinfurt erleben".

Kulturwissenschaftler und Volkskundler Jochen Ramming hat sogar ein Unterstützungsschreiben verfasst. Auf BR-Nachfrage erklärt der gebürtige Sennfelder, dass er "quasi mit der Schlachtschüssel aufgewachsen" sei und es grundsätzlich für eine gute Sache halte, sich für die Aufnahme in die Liste des immaterielles Kulturerbes stark zu machen, da solche "Dinge verloren gehen, wenn sich nicht Leute dafür einsetzen". Solche Lebensgewohnheiten würden der Gesellschaft auch einen gewissen Zusammenhalt bieten.

Schlachtschüssel: noch "vergleichsweise nachhaltig"

Er selbst, der im Alltag häufig auf Fleisch verzichte, habe im Vorfeld auch über die Frage nachgedacht, ob die Schlachtschüssel in Zeiten des Klimawandels tatsächlich so erhaltenswert sei. Das sei lebhaft diskutiert worden. Doch: Jochen Ramming hält zum einen nichts davon, die Menschen von oben herab zu bevormunden und solche Traditionen zu beenden, wie er im BR-Gespräch sagt.

Zum anderen werde bei der Schlachtschüssel ja tatsächlich das komplette Schwein vom Rüssel über die Ohren bis zum Schwanz gegessen, was vergleichsweise nachhaltig sei. Es gehe zudem nicht um ein fleischreiches, alltägliches Mittagessen, sondern um eine rituelle Mahlzeit bei besonderen Anlässen, die auch zum Zusammenhalt der Vereine beitragen könne. "Der soziale Auftrag der Schlachtschüssel ist sozusagen größer als ein Mittagessen", so Ramming lachend. "Und wenn am Ende vielleicht noch ein Bioschwein auf den Tisch käme, hätte ich da nichts dagegen."

Verein: Zur Feier große Schlachtschüssel für Stadt und Landkreis?

Mit der Erklärung der Original Schweinfurter Schlachtschüssel zum immateriellen Kulturerbe solle nun das Kulturgut weiter gewahrt und "vielleicht sogar wieder noch etwas mehr in den Fokus" gerückt werden, schreibt der Verein "Genussreichstadt Schweinfurt". Der Verein habe hierfür bereits Ideen und könne sich anlässlich der Eintragung wieder einmal – wie einst vor über 30 Jahren – eine große Schlachtschüssel für Stadt und Landkreis vorstellen. Zunächst werde aber die Aufnahmeurkunde im Juli 2024 offiziell übergeben.

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