Pilatushaus
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"Krönung unserer Arbeit": Das Pilatushaus in der Nürnberger Altstadt.

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Retter der Fachwerkhäuser: 50 Jahre Altstadtfreunde Nürnberg

Ohne sie würde die Nürnberger Altstadt anders aussehen: Die Altstadtfreunde haben zahlreiche Fachwerkhäuser vor dem Abriss und Verfall gerettet. In den vergangenen 50 Jahren hat der Verein aber auch für Kontroversen gesorgt – ein Rückblick.

Über dieses Thema berichtet: Frankenschau aktuell am .

Angela Hagen von den Nürnberger Altstadtfreunden führt eine Gruppe durch die mittelalterlichen Gassen der Stadt und zeigt den Besuchern die Fachwerkhäuser, die der Verein gerettet hat. Bereits seit 50 Jahre setzen sich die Altstadtfreunde für den Erhalt der historischen Häuser ein. "Das erfüllt einen schon mit Stolz", sagt die 69-Jährige.

Nürnberger Altstadt im Krieg stark zerstört

Bei den Führungen nimmt sie die Menschen auch mit in die Innenhöfe. Ein seltener Einblick, denn die Höfe sind privat, man braucht einen Schlüssel. Die winzigen Höfe halten Überraschungen bereit: Verzierte Galerien, steile Treppen und Brunnen. Beinahe verlorene Schätze: Denn im Zweiten Weltkrieg war die Nürnberger Altstadt fast komplett zerstört. 20 mittelalterliche Fachwerkhäuser konnten die Altstadtfreunde mittlerweile erhalten. An Hunderten Häusern haben sie Erker, Hausfiguren und Hauszeichen restauriert oder rekonstruiert.

Neue Herausforderung: Das Pilatushaus

Die "Krönung" ihrer Arbeit, wie der Vorsitzende des Vereins Karl-Heinz Enderle sagt, befindet sich am Tiergärtnertorplatz. Die Altstadtfreunde haben dort das Pilatushaus in Erbpacht übernommen. Von außen sieht das Fachwerkhaus aus dem 15. Jahrhundert noch schick aus und ist ein beliebtes Fotomotiv bei Touristen. Doch innen ist es eine große Baustelle. Das Haus ist einsturzgefährdet. Balken stützen alles ab.

Im Video: Interview mit dem Vorsitzenden der Altstadtfreunde

Der Vorsitzende der Nürnberger Altstadtfreunde Karl Heinz Enderle im Interview.
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Der Vorsitzende der Nürnberger Altstadtfreunde Karl Heinz Enderle im Interview.

Altstadtfreunde packen mit an

Dazwischen ist die Baugruppe der Altstadtfreunde aktiv und kehrt Schutt zusammen. Es staubt und der Schweiß rinnt allen von der Stirn. Sie sind ein eingespieltes Team. Zusammen haben sie schon viele Fachwerkhäuser gerettet, kümmern sich um Abrissarbeiten und helfen Fachfirmen, so gut sie können – und das ehrenamtlich. "Wir sind alles Amateure. Kardiologen, Bademeister und auch ein ehemaliger Major ist zum Beispiel dabei", sagt Bernd Scharlott, der Leiter der Baugruppe. Der 54-Jährige ist schon seit 17 Jahren bei den Altstadtfreunden aktiv. "Es gibt mir ganz viel. Es geht um den Erhalt der alten Gebäude, der Seele der Stadt", sagt Bernd Scharlott.

Altstadtfreunde wollen Millionenprojekt schnell stemmen

Die Sanierung des Pilatushauses wird Millionen kosten. 3,8 Millionen hieß es bei einer ersten Schätzung – das war aber noch vor dem Ukrainekrieg. In den kommenden drei Jahren wollen die Altstadtfreunde das Projekt verwirklichen. "Das mag sich ambitioniert anhören. Aber ich denke, dass wir das schaffen können", sagt Karl-Heinz Enderle, der Vorsitzende des Vereins.

Hartnäckiger Einsatz für Fachwerkhäuser

Dass sie anpacken können, hat der Verein mit seinen 5.000 Mitgliedern in der Vergangenheit schon oft bewiesen – und dass sie hartnäckig sind. 1976 mobilisierten die Altstadtfreunde gegen den Abriss von vier mittelalterlichen Häusern am Unschlittplatz. Die Stadt gab ihr geplantes Straßenbauprojekt daraufhin auf.

Altstadtfreunde verhindern Entwurf von Star-Architekt

Die Altstadtfreunde haben aber auch für Kontroversen gesorgt. Per Bürgerentscheid verhinderte der Verein 1996, dass der Augustinerhof nach einem Entwurf des Star-Architekten Helmut Jahn bebaut wurde. "Wir haben das Image der Architektur-Verhinderer bekommen und Mitglieder verloren", erinnert sich Karl-Heinz Enderle zurück. Anstatt einem Einkaufszentrum steht nun das Zukunftsmuseum an dem Platz.

Kontroverse um Rekonstruktionen

2014 scheitern die Altstadtfreunde mit der Idee, den Historischen Rathaussaal bemalen zu lassen. Und auch der Vorschlag, die Prunkfassade des Pellerhauses zu rekonstruieren, fand bislang keinen großen Zuspruch. Den Innenhof des Renaissance-Baus am Egidienplatz haben sie aber rekonstruiert und dafür mehr als fünf Millionen Euro Spenden gesammelt. Der prachtvolle Innenhof ist nun ein Veranstaltungsort.

Große Feier zum Jubiläum

Auch in Zukunft geht die Arbeit nicht aus. Neben der Sanierung des Pilatushauses wartet noch so manch anderes Fachwerkhaus in Nürnberg darauf, im alten Glanz zu erstrahlen, betont Karl-Heinz Enderle. Jetzt heißt es aber erstmal feiern: Am 2. September laden die Altstadtfreunde die Nürnberger zur Jubiläumsfeier am Tiergärtnertorplatz ein. Am Nachmittag sind Musik und Führungen geboten.

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