Teilnehmerinnen fotografieren und streicheln einen Welpen.
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Der Fokus liegt beim Puppy Yoga nicht immer auf den Yoga-Übungen.

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Insta-Hype Puppy Yoga: Wie geht es den Hunden damit?

Beim Puppy Yoga können Teilnehmende zwischen den Yogahaltungen mit Welpen kuscheln. Für viele ein absoluter Instagram-Traum. Doch der Tierschutzverein München kritisiert das Angebot, das vom Veterinäramt bisher noch gar nicht genehmigt ist.

"Und einatmen", sagt Yogalehrerin Valerie Haydn, während sie die Arme über ihren Kopf hebt. Elf der dreizehn Teilnehmerinnen – und auch der einzige männliche Teilnehmer – stehen aufrecht auf ihren rosa Yogamatten und machen es der Lehrerin nach. Die beiden übrigen Teilnehmerinnen sitzen am Boden. Die eine filmt den braunen Pudelwelpen vor sich auf der Matte, die andere lässt sich von einem Hund das Gesicht abschlecken.

Ganz vorne an der großen Spiegelwand: zwei weitere Welpen, allerdings mit schwarzem Fell. Der eine bellt sein Spiegelbild an, der andere bleibt plötzlich stehen und krümmt den Rücken. "Und ausatmen." Da liegt auch schon ein braunes Häufchen auf dem hellen Parkettboden. Einige Teilnehmerinnen lächeln peinlich berührt. Einer der Organisatoren ist sofort mit Küchenrolle und Desinfektionsspray zur Stelle. "Und wir kommen ins Sitzen", die Yogalehrerin lässt sich nicht beirren – auch nicht von dem lauten Zischgeräusch, das aus der Spraydose kommt, als der Organisator den Boden desinfiziert.

Süße Tierbabys und Trendsport kombiniert als Social-Media-Hit

Yoga und Hundewelpen: Beides sind Themen mit Millionen von Beiträgen auf Instagram und TikTok. Puppy Yoga ist eine Kombination aus beidem und der Erfolg auf den Plattformen damit scheinbar programmiert. Zuerst verbreiteten sich Videos aus den USA und Großbritannien, wo Yoga mit Welpen schon länger angeboten wird. Seit vergangenem Jahr gibt es auch hier in Bayern erste Angebote, wie zum Beispiel "Pawmasté" in München. Doch was steckt hinter dem Trend – und wie geht es den Tieren damit?

Vanessa Praml und ihr Freund Nico, der nicht mit vollem Namen genannt werden möchte, haben mit Pawmasté das zweite Angebot für Puppy Yoga in München gegründet. Seit August organisieren sie die Yogastunden mit Welpen, mittlerweile fast jedes Wochenende. An einem Tag finden dann drei Stunden mit dem gleichen Wurf Welpen von einem Züchter statt. Jede Stunde ist aufgeteilt in 40 Minuten Yoga-Session und anschließend 20 Minuten Play-Session. Im ersten Teil laufen die Hunde frei im Raum herum, während die Teilnehmenden Yoga machen, im zweiten Teil haben die Teilnehmenden Zeit, um mit den Welpen zu spielen und zu kuscheln. Vor der nächsten Stunde gibt es dann 45 Minuten Pause.

Puppy Yoga soll zur Sozialisierung der Welpen beitragen

Dass die Welpen in diesem Alter noch nicht stubenrein sind, wird auf Instagram und TikTok kaum thematisiert. Hier stehen Kuschelfaktor, Entspannung und Spaß für die Teilnehmenden im Vordergrund. Doch auch die Welpen sollen angeblich vom Puppy Yoga profitieren. Laut Organisatoren und Züchtern trage es zu deren "Sozialisierung" bei. In der Sozialisierungsphase lernen Welpen viel Neues und werden so auf ihr weiteres Hundeleben vorbereitet. Unter anderem, indem man sie an neue Situationen heranführt, an fremde Umgebungen gewöhnt und mit anderen Menschen und Tieren in Kontakt bringt.

Für die siebeneinhalb Wochen alten Pudelwelpen, die heute bei ihrer ersten Yogastunde in München sind, ist einiges neu: Eine Stunde Anfahrt im Auto, die große Spiegelwand im Yogastudio, die Entspannungsmusik, die über die Lautsprecher läuft, zwei Organisatoren, eine Yogalehrerin und dreimal 14 Teilnehmende. Mindestens sieben Stunden sind die Welpen inklusive Hin- und Rückfahrt heute unterwegs.

Kristina Berchtold vom Tierschutzverein München stimmt zu, dass Puppy Yoga gut für die Sozialisierung mancher Welpen sein könnte. Einzelne könnten jedoch auch eine Reizüberflutung erleben und dadurch überfordert werden. Außerdem kritisiert sie das Bild, das durch Puppy Yoga vermittelt wird – gerade auch über den Trend in den sozialen Medien: "Hunde werden als Kuscheltiere präsentiert, die zum Sport- und Freizeitgenuss 'verwendet' werden." Das befeuert ihrer Meinung nach auch die Nachfrage nach Welpen und dementsprechend einen "Zuchthype".

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Während der letzten zwanzig Minuten einer Stunde können die Teilnehmenden mit den Welpen spielen und kuscheln.

Yoga mit Hunden aus dem Tierheim schwer umsetzbar

Die Gründer von Pawmasté betonen, dass sie nur mit zertifizierten Züchtern kooperieren und alle vorab besuchen, um sich selbst ein Bild von den Umständen vor Ort zu machen. Berchtold jedoch sagt: "Zucht unterstützen wir generell nicht, denn die Tierheime sind voll." Stattdessen solle man Leute lieber dazu animieren, ältere Hunde aus dem Tierheim zu adoptieren.

Auch das war ein Ziel von Praml und ihrem Freund. Neben den Yogastunden mit Welpen von Züchtern wollten sie auch Sessions mit Hunden aus dem Tierheim anbieten. Das hat sich allerdings als schwieriger herausgestellt als anfangs gedacht. Den Tierheimen fehlen Zeit und Personal, um die Hunde zum Yoga zu bringen und wieder abzuholen. Außerdem sind viele der Tiere traumatisiert und deshalb nicht für eine Umgebung mit so vielen neuen Menschen, Geräuschen und Gerüchen geeignet. Organisatorin Praml schätzt es daher aktuell als "sehr unrealistisch" ein, dass die Tierschutz-Sessions zustande kommen.

Puppy Yoga in München bisher nicht vom Veterinäramt genehmigt

Doch welche Regeln gelten eigentlich für einen Trend wie Puppy Yoga – und wie werden die Hunde rechtlich geschützt? Laut Tierschutzgesetz ist für das gewerbsmäßige Einsetzen von Tieren im sozialen Bereich eine Erlaubnis der zuständigen Behörde notwendig. Darunter fällt nach Einschätzung des Bayerischen Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit auch Puppy Yoga.

So müssen die Anbieter und Mitarbeiter unter anderem nachweisen, dass sie in der Lage sind, die Welpen sicher zu betreuen und unterzubringen. Außerdem müssen sie sich mit der Biologie und der artgemäßen Ernährung der Hunde sowie der erforderlichen Hygiene und den gesetzlichen Hintergründen auskennen. Doch obwohl seit vergangenem Jahr unterschiedliche Anbieter in München Puppy Yoga organisieren, hat das zuständige Veterinäramt der Stadt bisher keinem davon eine Genehmigung erteilt, wie das Amt BR24 mitteilte.

In Stuttgart wurde Puppy Yoga vorerst verboten

Praml erklärt, sie sei mit dem Veterinäramt erstmals im März 2023, noch vor der Gründung von Pawmasté, in Kontakt getreten. Damals sei noch keine Aussage möglich gewesen, der Prozess habe sich bis Juli gezogen. Es gab noch keine klaren Auflagen, da Puppy Yoga in Deutschland zu dem Zeitpunkt völlig neu war. Schließlich habe sich der amtliche Tierarzt telefonisch gemeldet, der erneut auf die fehlenden Auflagen verwies und warnte, dass man bei einem Start des Angebots damit rechnen müsse, dass das Veterinäramt es zu einem späteren Zeitpunkt erneut prüfen würde.

Auch in anderen deutschen Städten wollten Yoga-Fans den neuen Trend einführen – und scheiterten mancherorts bereits. In Stuttgart hat das Veterinäramt Puppy Yoga vorerst verboten. Bereits ausgebuchte Yogastunden mit Welpen mussten abgesagt werden, da dort ebenfalls keine Genehmigungen vorlagen, wie der SWR berichtet (externer Link).

45 Minuten Pause für die Hunde vor der nächsten Yoga-Stunde

Doch in München laufen die Hunde aktuell noch durchs Yogastudio, zur Freude der Teilnehmenden. Nachdem zwei der Pudelwelpen gerade noch zwischen den Beinen der zur Schlussentspannung am Boden liegenden Teilnehmenden umher getapst sind, kündigt Yogalehrerin Haydn das Ende der Yoga-Session und den Beginn der Play-Session an: "Dann habt ihr jetzt 20 Minuten Zeit, Bilder und Videos mit den Hunden zu machen. Ihr dürft auch gerne aufstehen und hingehen."

Gespielt wird nach der ersten Yogastunde des heutigen Tages allerdings kaum mehr, dafür haben mehrere Teilnehmerinnen wenig später einen schlafenden Welpen auf dem Arm. Als die Teilnehmenden mit strahlenden Gesichtern den Raum verlassen und bereits auswählen, welche Fotos sie auf Instagram & Co. posten, scheinen die Hunde geschafft. Deshalb gibt es jetzt 45 Minuten Pause, bevor die nächste Gruppe kommt. Die Hunde können sich ausruhen, die Veranstalter putzen.

Im Video: Puppy Yoga in Nürnberg

Yoga ist hip und wird mittlerweile in vielfältigen Variationen angeboten. In Nürnberg gibt es jetzt ein spezielles Angebot für Hundeliebhaber: Yoga zusammen mit kleinen, schnuckeligen Hundewelpen. Ob das funktioniert?
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An mehreren Orten in Bayern wird Puppy Yoga angeboten - ein Trend aus den USA für Yoga- und Hundeliebhaber. Ob das funktioniert?

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