Der Angeklagte am 17.2.23 im Gerichtssaal, vor dem Gesicht eine rosafarbene Mappe. In der Reihe hinter ihm seine zwei Anwälte. Auf den Tischen stehen Gestelle mit Plexiglasscheiben.
Bildrechte: BR/Susanne Hagenmaier

Das Amtsgericht München hat das Urteil im Prozess um einen tödlichen Raser-Unfall vertagt.

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Prozess um tödlichen Raser-Unfall auf der A95: Urteil vertagt

Zwei Männer sollen mit mehr als 300 Stundenkilometern über die Garmischer Autobahn gerast sein, einer von beiden stirbt. Der 26-jährige Angeklagte hatte zum Prozessauftakt gestanden – für Freitag war das Urteil erwartet worden. Doch es kam anders.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten aus Oberbayern am .

Um einen sehr schweren Unfall auf der Garmischer Autobahn, der A95, geht es seit Mittwoch am Amtsgericht München. Ein 26-jähriger Student ist wegen eines verbotenen Autorennens und fahrlässiger Tötung angeklagt. Weil er gleich beim Prozessauftakt ein Geständnis abgelegt hatte, war für den Verhandlungstag am Freitag bereits ein Urteil erwartet worden. Doch das Gericht vertagte die Entscheidung: Es habe sich "ein neuer Ermittlungsansatz eröffnet, dem wir nachgehen müssen", so die Vorsitzende Richterin.

Angeklagter entschuldigt sich

Der Nebenkläger und sein Anwalt waren von der unerwarteten Wendung überrascht. In einer nichtöffentlichen Sitzungsunterbrechung informierte die Richterin ihn und die Anwälte des Angeklagten über die neuen Erkenntnisse. Kurz vor Sitzungsende wandte sich der Angeklagte noch einmal direkt an den Nebenkläger, den Bruder des getöteten Beifahrers, und entschuldigte sich bei ihm persönlich.

Bereits am Mittwoch hatte sich der Angeklagte bei der Familie seines getöteten Beifahrers entschuldigt. "Zu keiner Zeit haben wir damit gerechnet, dass irgendwas passieren könnte", hatte er vor Gericht gesagt, bevor er in Tränen ausgebrochen war und seinen Anwalt gebeten hatte, seine Stellungnahme weiter vorzulesen. "Es tut mir alles sehr leid, was passiert ist", hieß es in dieser Erklärung weiter. Er "würde alles dafür tun, es ungeschehen zu machen". 

Der Angeklagte hatte am Mittwoch angegeben, die beiden Männer hätten sich immer wieder abgewechselt und er habe seinen Freund nicht zu Unrecht beschuldigen wollen. Er habe schlicht nicht gewusst, dass zum Unfallzeitpunkt er selbst gefahren sei und nicht sein Freund. Er könne sich wegen einer Amnesie nicht an den Unfall erinnern und wisse bis heute nicht, dass er am Lenkrad gesessen habe.

Nebenkläger: Familie des Getöteten leidet noch immer

Ein Bruder des Getöteten, der im Prozess als Nebenkläger auftritt, hatte am Mittwoch das Verhalten des Angeklagten nach der Tat "feige, anwidernd und untermenschlich" genannt. Er hatte unter Tränen geschildert, wie sein kleiner Bruder wegen der falschen Beschuldigungen monatelang als „Todesfahrer von Gauting“ gegolten habe. Die Familie, die im Ort ein Restaurant betreibt, leide bis heute unter den Folgen des schrecklichen Unfalls. Die Eltern wollten eigentlich zu Verhandlung kommen, "aber es geht nicht".

Unfall mit Tempo 300

Laut Anklage ist der 26-Jährige im September 2019 mit einem geliehenen 600-PS-Wagen von München in Richtung Starnberger Dreieck gerast. Er soll mit mehr als 300 Stundenkilometern unterwegs gewesen sein, als er in Höhe Oberdill die Kontrolle verlor. Das Auto schleuderte quer über alle Spuren und prallte gegen einen Baum.

Dabei wurde laut Staatsanwaltschaft der angegurtete Beifahrer samt Sitz aus dem Fahrzeug geschleudert und erlitt tödliche Verletzungen. Die Ermittler gingen zunächst davon aus, dass er selbst am Steuer gesessen hatte. Erst Monate später kam unter anderem ein rechtsmedizinisches Gutachten zu dem Ergebnis, dass sein Freund gefahren war.

Garmischer Autobahn gilt als Raser-Hotspot

Der Angeklagte und der Getötete sollen sich in der Unfall-Nacht auch ein Rennen mit einem anderen PS-starken Wagen geliefert haben. Weil es auf der Garmischer Autobahn auf weiten Strecken kein Tempolimit und nachts nur wenig Verkehr gibt, gilt sie als Hotspot für Raser. Im Ausland wird sie sogar von Reiseunternehmen entsprechend beworben.

Vermutlich in zwei Wochen wird am Amtsgericht weiterverhandelt. Die Höchststrafe, die dort ausgesprochen werden kann, liegt bei vier Jahren Haft.

Mit Informationen von dpa

Der Angeklagte (Mitte) steht am 15.2.23 im Gerichtssaal vor seinem Rechtsanwalt Florian Schmidtke (l) und verdeckt sein Gesicht.
Bildrechte: dpa-Bildfunk/Matthias Balk
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Der Angeklagte legte zum Prozessauftakt ein Geständnis ab.

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