Passaus Bischof Stefan Oster
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Passauer Bischof Oster will auf queere Menschen zugehen

Der Passauer Bischof Stefan Oster will nach eigenen Angaben das Gespräch mit nicht-heterosexuellen Menschen in seinem Bistum suchen. In einem Videostatement hinterfragt er das kirchliche Arbeitsrecht. Eine klare Zusicherung vermeidet er aber.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten aus Niederbayern am .

Der Passauer Bischof Stefan Oster will in der Debatte um Lockerungen beim kirchlichen Arbeitsrecht das Gespräch mit queeren Menschen in seinem Bistum suchen. Mit einem an seine Mitarbeitenden gerichteten Video hat er für Aufsehen gesorgt. Die Botschaft: Beschäftigte, die in kirchenrechtlich irregulären Beziehungen leben, sollten angstfrei leben können und nicht um ihren Job bangen müssen. Dazu gehören Geschiedene oder Personen in gleichgeschlechtlichen Partnerschaften.

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In der Kirche solle jeder angstfrei leben können

Der Bischof sagte zum BR, das Video richte sich an alle Mitarbeitenden des Bistums, deren Lebensweise in Konflikt mit dem sei, was die "Grundordnung des kirchlichen Dienstes" vorsehe. Oster: "Es geht in erster Linie darum, dass in der Kirche von Passau jede und jeder angstfrei leben und arbeiten kann." Oster lade daher zum vertrauensvollen Dialog ein. In dem Video hatte der Bischof explizit dazu aufgefordert, das Gespräch mit ihm persönlich zu suchen.

Was die derzeit geltende kirchliche Grundordnung angehe, so Oster, drängten in der jetzigen Situation sehr viele Verantwortliche in den Bistümern auf eine Veränderung. Oster wörtlich zum BR: "Es ist davon auszugehen, dass eine Veränderung kommen wird. Darüber muss jedoch auf Ebene der Bischofskonferenz beraten und entschieden werden. Das kann dauern." Bis dahin wolle er, Oster, mit Wohlwollen auf den Einzelnen schauen, der im Konflikt mit den Loyalitätsobliegenheiten lebe. Als Aufruf zur Beliebigkeit oder bewussten Schritt gegen die kirchliche Grundordnung wollte der Bischof das Video nicht verstanden wissen, eher als Einladung zum persönlichen Gespräch.

Oster will die Menschen "hören"

Man könne und werde das kirchliche Arbeitsrecht nicht mehr buchstäblich auslegen, kündigte der Bischof an. In dem Video wendete er sich direkt an die Betroffenen: "Ich möchte gern mit Ihnen sprechen, weil, wenn es der Bischof weiß, dann kann niemand Ihnen sagen, ich sage es aber dem Bischof. Er weiß es aber schon." Wem der direkte Zugang zu ihm "zu steil" sei, der könne zur Ehe-, Familien- und Lebensberatung kommen und in sehr diskretem Rahmen seine Lebenssituation schildern. Er wolle, "dass Sie gehört werden, dass verstanden wird, wie es Ihnen geht", so Oster.

Reaktion auf ARD-Dokumentation

In seiner Videobotschaft zeigt sich der Passauer Bischof eigenem Bekunden zufolge sehr bewegt von der Aktion "Out in Church" und der ARD-Dokumentation "Wie Gott uns schuf". Darin gaben sich im Januar 125 Kirchenmitarbeitende öffentlich als queer - also als Teil einer sexuellen Minderheit - zu erkennen. Seitdem mehren sich die Stimmen, die für eine Liberalisierung des kirchlichen Arbeitsrechts werben. Auch im Rahmen des katholischen Reformprojekts Synodaler Weg wurde der Ruf nach Veränderungen lauter.

Homosexuell = Kündigung

Im Zentrum steht dabei die Grundordnung. Sie ist arbeitsrechtlich die Basis für die rund Dreiviertelmillion Menschen, die bei der katholischen Kirche oder der Caritas beschäftigt sind. Mit den in der Grundordnung formulierten "Verstößen gegen Loyalitätsobliegenheiten", können auch Kündigungen begründet werden, etwa für Menschen in gleichgeschlechtlichen Partnerschaften oder für wiederverheiratete Geschiedene.

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Warum hat der Passauer Generalvikar nicht unterzeichnet?

Am Montag hatten elf Generalvikare, also Verwaltungschefs katholischer Bistümer, einen sofortigen Verzicht auf arbeitsrechtliche Konsequenzen für queere und wiederverheiratete Mitarbeitende gefordert. Sie kommen aus Hamburg, Berlin, Essen, Hildesheim, Limburg, Magdeburg, Münster, Paderborn, Speyer und Trier, sowie der deutsche Militärgeneralvikar. Zudem solle die Überarbeitung der Grundordnung bis zum Sommer abgeschlossen sein. Der Passauer Generalvikar Josef Ederer gehört nicht zu den Unterzeichnern. Zu den Gründen für diese Entscheidung ist noch nichts bekannt.

Unterdessen kündigten die Bistümer Osnabrück und Essen an, dass die sexuelle Orientierung oder das Beziehungsleben ihrer Mitarbeitenden kein Kündigungsgrund mehr sein soll. Eine erste Garantieerklärung dieser Art hatte vergangene Woche der Würzburger Bischof Franz Jung abgegeben.

Kritik: Osters "Herumgeschwurbel macht es nicht besser"

Eine solche Garantieerklärung Osters würde sich auch Herbert Lohmeyer, einer der beiden Vorsitzenden des Vereins "Queer in Niederbayern", wünschen. Er bezeichnete im Gespräch mit dem BR die Aussagen Osters als "Herumgeschwurbel" und würde sich Zugeständnisse mit mehr Substanz wünschen: Eine schriftliche Garantie hätte viel mehr Wert. "Wenn er es ernst meint, dann soll er auch einen Brief aufsetzen." Man brauche diese Garantie an alle Mitarbeitenden, dass jeder toleriert und niemand aufgrund seiner sexuellen Orientierung entlassen würde.

Bischof Osters Reaktion sei vergleichsweise spät gekommen, so Lohmeyer. Das wundere ihn nicht, Oster sei als erzkonservativer Bischof bekannt. Selbes gelte für die beiden ostbayerischen Bistümer Passau und Regensburg. Generell seien keine bayerischen Bistümer bei den Aktionen und Garantieerklärungen dabei, bedauert Lohmeyer. Er wünscht sich von Stefan Oster mehr als die bisherigen Reaktionen.

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