12.05.22: Der CSU-Politiker und Rechtsanwalt Alfred Sauter steht vor Beginn der Sitzung des Maskenausschusses im Landtag an seinem Platz.
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12.05.22: Der CSU-Politiker und Rechtsanwalt Alfred Sauter steht vor Beginn der Sitzung des Maskenausschusses im Landtag an seinem Platz.

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"Nicht abwählbar"? Sauter entscheidet weiter über Abhörmaßnahmen

Im Zuge der Masken-Affäre musste der CSU-Politiker Alfred Sauter viele Posten räumen. Vorsitzender einer wichtigen, wenig bekannten Geheimdienst-Kommission in Bayern ist er aber weiterhin. Das ärgert die Opposition – und CSU-Fraktionschef Kreuzer.

Die bayerische G10-Kommission tritt öffentlich nicht in Erscheinung, erfüllt aber eine bedeutende Funktion: Das Gremium muss Überwachungsmaßnahmen des Verfassungsschutzes im Freistaat genehmigen, etwa abgehörte Telefonate oder abgefangene Briefe. Allein in dieser Legislatur traf sich die dreiköpfige Kommission fast 50 Mal. Natürlich geheim.

G10-Vorsitzender in Bayern ist Alfred Sauter. Er ist seit März 2021 nicht mehr Mitglied der CSU-Landtagsfraktion, kam mit seinem Austritt damals einem angedrohten Ausschluss zuvor. Weil der 71-Jährige eine zentrale Person der Maskenaffäre ist, gibt es Kritik daran, dass er trotz der Vorwürfe gegen ihn weiterhin Vorsitzender der wichtigen G10-Kommission ist.

CSU-Fraktionschef Kreuzer fordert Sauter-Rückzug

Besonders CSU-Fraktionschef Thomas Kreuzer ist verärgert. Er würde sich freuen, wenn Sauter den Vorsitz freiwillig zurückgebe, sagt Kreuzer auf BR-Anfrage. "Das hat er aber nicht getan. Maßnahmen von unserer Seite, um dies zu ändern, sind nicht möglich." Die Mitglieder seien auf fünf Jahre vom Landtag gewählt, sie seien "nicht abwählbar und auch nicht von den Fraktionen zurückrufbar". Der Grund dafür: Die G10-Mitglieder sollen weitgehend unabhängig sein, so wie Richterinnen und Richter.

Mehrere andere Posten gab Sauter dagegen ab, etwa die Leitung der CSU-Finanzkommission oder seine Mitgliedschaft im Parteivorstand. Den Vorsitz der G10-Kommission übt Sauter weiter aktiv aus. Dabei stehe diese Rolle eigentlich einem Mitglied der größten Fraktion im Landtag zu, sagt CSU-Fraktionschef Kreuzer. Er würde gerne einen Sauter-Nachfolger aus den eigenen Reihen benennen. Der frühere bayerische Justizminister könne zu einem Rücktritt aber "nicht gezwungen werden".

Schulze: "Von der CSU und Sauter eher lax gehandhabt"

Neben dem Vorsitzenden Sauter sind in dem Gremium aktuell der CSU-Abgeordnete Alexander Flierl - und Katharina Schulze von den Grünen. Schulze äußert sich auf BR-Anfrage zurückhaltender als Kreuzer: Die Grünen-Fraktionschefin verweist ebenfalls darauf, dass eine Fraktion ein G10-Mitglied nicht einfach abberufen könne.

Aber auch Schulze wäre es offenkundig lieber, wenn Sauter den G10-Vorsitz nicht weiter innehätte: Die Grünen hätten schon direkt nach Bekanntwerden der Maskendeals gefordert, dass Sauter von all seinen Ämtern zurücktrete. Mehr noch: "Wenn Markus Söder es ernst meint mit dem Aufräumen, könnte Sauter nicht mehr in der CSU sein", sagt Schulze. "Er ist trotzdem noch drin. Also man sieht, das wird in der CSU und auch von Herrn Sauter eher lax gehandhabt."

Parteimitglied ist der langjährige CSU-Strippenzieher Sauter tatsächlich bis heute, aber er hat auch noch andere Parteiposten abgegeben - vor knapp einem Jahr etwa den Kreisvorsitz der Partei in Günzburg. Kreisvorsitzender dort ist jetzt der frühere Minister und jetzige Landrat Hans Reichhart. Auf Sauters Webseite finden sich bis heute prominent mehrere Fotos, die ihn und Reichhart beim gemeinsamen Bootfahren zeigen.

Sauter antwortet knapp - mit Verweis auf die Rechtsgrundlagen

Sauter soll während der Corona-Pandemie 1,2 Millionen Euro Provision für die Vermittlung von Maskengeschäften an staatliche Stellen erhalten haben. Auf die BR-Nachfrage, warum er den G10-Vorsitz weiter innehabe, antwortet Sauter per Mail mit dem Verweis auf eine Passage im entsprechenden Gesetz.

Darin steht, worauf auch Kreuzer und Schulze zähneknirschend hinweisen - zum Beispiel, dass die G10-Mitglieder vom Landtag auf die Dauer einer Wahlperiode bestellt werden. Und: "Die Mitglieder der Kommission sind in ihrer Amtsführung unabhängig und Weisungen nicht unterworfen."

Tatsächlich lässt die rechtliche Grundlage der G10-Kommission einige Fragen offen - unter anderem, was genau bei moralischem oder strafrechtlich relevantem Fehlverhalten von Mitgliedern passieren soll. Das "Gesetz über die Aufgaben der G10-Kommission im Bayerischen Landtag" hat schon ein paar Jahre auf dem Buckel: Unterzeichnet wurde es am 11. Dezember 1984 vom damaligen bayerischen Ministerpräsidenten Franz Josef Strauß.

Arnold: Sauter müsste "Vertrauensperson" sein

Der SPD-Rechtsexperte Horst Arnold sieht die Personalie Sauter extrem kritisch. Es sei "erstaunlich", dass Sauter weiter den G10-Vorsitz habe, obwohl er aus der CSU-Fraktion ausgetreten sei. "Die eigene Fraktion hat offensichtlich massives Misstrauen gegenüber seiner Funktion", betont Arnold. Als G10-Vorsitzender sei Sauter aber zuständig für staatliche Überwachungsmaßnahmen, müsse eine "Vertrauensperson" sein: Dass Sauter den Posten weiter innehabe, sei deshalb "mangelhaft".

Arnold findet: Die CSU-Fraktion solle "mit allen demokratischen Parteien reden", um eine Möglichkeit zu finden, "das zu regeln". Denn der SPD-Abgeordnete hält es für möglich, Sauter abzuberufen. Bei "schweren Verfehlungen oder Verdachtslagen" könne es immer die "Möglichkeit einer Abbestellung" geben. Arnold verweist darauf, dass Sauter im Masken-Untersuchungsausschuss des Landtags die Aussage verweigert hat: "Dann ist das für mich ein Grund, den Verdacht der Befangenheit zumindest zu hegen." Der G10-Vorsitz sei so wichtig, dass "keinerlei Makel" auf dem Amt liegen dürfe.

"Sauter hat nicht vor, diese Position zu räumen"

CSU-Fraktionschef Kreuzer hat jedenfalls wenig Hoffnung, dass Sauter von selbst doch noch den G10-Vorsitz abgibt. Der parlamentarische Geschäftsführer der Fraktion habe mit dem früheren bayerischen Justizminister darüber gesprochen. Erkenntnis: "Alfred Sauter hat nicht vor, diese Position zu räumen." Auch der CSU-Forderung, sein Landtagsmandat zurückzugeben, sei Sauter bekanntlich nicht nachgekommen. "Man kann auch hier keinen Einfluss nehmen", sagt Kreuzer. "Das muss der Einzelne im Endeffekt selber wissen."

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