Eine Theateraufführung in Plattling
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Neustart der Kultur: Wie viel ist sie uns noch wert?

Wegen niedriger Inzidenzen finden seit einigen Wochen wieder Kulturveranstaltungen statt - oft im Freien und mit weniger Zuschauern, teils auch ohne Eintritt. Viele Künstler fragen sich, wie sie davon leben sollen und welchen Wert Kultur noch hat.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Niederbayern und Oberpfalz am .

Endlich wieder Kultur, endlich wieder Veranstaltungen. Die Menschen in Bayern genießen Konzerte und Theater, so wie beispielsweise im niederbayerischen Plattling. "Kultur ist ein großer Wert - schön, dass es wieder möglich ist, kulturelle Veranstaltungen zu besuchen", so Besucher Rudolf Leimpeck. "Ich finde Kultur ganz wichtig und dass es weitergeht“, sagt beispielsweise Clara Gregor. Beim Plattlinger Konzert mussten die Besucher Eintritt zahlen.

  • Zum Artikel: Kultur in Bayern - Dissens über Öffnungen

Kulturelle Veranstaltungen ohne Eintritt: Kritik von Musikern

Ein anderes Konzept für Kulturveranstaltungen verfolgt derzeit die Stadt Deggendorf: Bands und Musiker bekommen eine Aufwandsentschädigung, aber keine Gage. Auftritte auf Spendenbasis also. Der international bekannte Musiker Gerwin Eisenhauer aus der Oberpfalz kritisiert dieses Konzept. Er hat seinem Ärger darüber öffentlich auf Facebook Luft gemacht - viele Musiker haben sich zu Wort gemeldet und vertreten Eisenhauers Meinung:

"Das ist ein Verständnis von Kunst und Kultur, das ich nicht nachvollziehen kann und uns Künstlern vorgibt: Wir sind Bettelmusikanten, dürfen froh sein, dass wir überhaupt spielen dürfen. Und im Endeffekt soll es so sein, dass wir mit dem Hut rumgehen. Das ist ein Bild von Musik und Kunst, das ich nicht angebracht finde für unsere Gesellschaft." Gerwin Eisenhauer, Musiker
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Ein Plakat der Stadt Deggendorf

Musiker: Berufung, aber auch Beruf

Eisenhauer spielt seit 40 Jahren professionell Schlagzeug und Jazz. Er ist glücklich, für ihn sei das Musikerdasein eine Berufung und mehr als nur ein Job. Aber: "Es sollte den Menschen klar sein, dass Kultur etwas ist, was Menschen tun, die auch davon leben müssen."

Eintrittsgelder braucht Eisenhauer so wie andere Musiker unter anderem auch für die Kosten von Instrumenten, Fahrten oder den Proberaum.

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Konzerte ohne Eintritt: Chance für unbekannte Bands

Der Konzert-Veranstalter Olli Zilk hingegen setzt auf das sogenannte Hut-Rumgeben bei seinen Veranstaltungen im Viechtacher Spital. Beim Spendensammeln kommen im Schnitt pro Besucher sieben Euro für die Bands zusammen. "Durch das, dass es keine Eintrittsgeldhürde gegeben hat, sind tatsächlich mehr Leute gekommen und haben sich auf unbekannte Sachen eingelassen. Bei zwölf Euro Eintritt hätte es vielleicht dazu geführt, dass die Menschen in ein Pub gegangen wären. Also haben im Endeffekt mehr Leute die Musik genossen, ich habe mehr Umsatz generiert und das Ganze hat gut funktioniert."

Kultur: kostenlos oder bezahlt?

Ohne Eintritt gäbe es im Spital in Viechtach für unbekannte Bands die Möglichkeit, neue Fans zu gewinnen, so Zilk. Diese Strategie will auch die Stadt Deggendorf mit ihrem Konzept verfolgen. Dass das auf Kritik gestoßen ist bei Musikern wie Eisenhauer, versteht sie zum Teil. Wie ein Sprecher des Deggendorfer Kulturamts sagt, wollte man damit Bands und Musikern eine Bühne geben. Man versuche mit guten Absichten, die Kultur wieder zum Laufen zu bringen und auf Künstler und Musiker aufmerksam zu machen. Eisenhauer fordert dennoch: Musiker, die ihren Beruf ausüben, müssen dafür auch bezahlt werden.

Wegen Corona: Kultur zum Null-Tarif im Web

Ähnlich sieht das auch Jürgen Kirner, Musiker, Schauspieler und Moderator. Er glaubt, dass den Menschen die Kultur nicht mehr so viel wert ist. "Weil, wenn ich übers Web alle kulturellen Beiträge abrufen kann, oder neue Inputs bekomme von Künstlern zum Null-Tarif - da muss ich mich nach zwei Jahren nicht wundern, wenn die Leute nicht mehr so gewillt sind, Eintritt zu bezahlen."

Egal, welches Konzept sich bei Veranstaltungen durchsetzen wird: Das Künstlerdasein ist nicht nur Leidenschaft und Berufung, sondern Beruf.

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