Zwei Pferde beim Holzrücken im Donauwörther Stadtwald.
Bildrechte: BR, Judith Zacher

Arbeitspferde helfen bei der Waldarbeit, dort, wo Maschinen den Wald schädigen würden.

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Mit vier PS im Wald: Bodenschonendes Holzrücken mit Pferden

Ein bisschen sieht es aus wie in alten Zeiten: Wenn Pferde im Wald Baumstämme ziehen statt schwerer Maschinen. Diese ursprüngliche Art der Bewirtschaftung hat allerdings Vorteile - für den Boden und fürs Klima.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Schwaben am .

Die beiden Kaltblüter Chuck und Norris zeigen, was zwei PS draufhaben. Ohne große Mühe ziehen sie einen dicken Baumstamm durch den Donauwörther Stadtwald. Zumindest sieht das recht mühelos aus. Dahinter aber steckt jahrelange Arbeit: Die Pferde müssen sich einerseits eignen, andererseits sehr gut ausgebildet sein für diese Aufgabe, sagt Besitzer Reinhard Hundsdorfer.

Genau wie sein Kollege Korbinian Arzberger kauft er die künftigen Arbeitspferde bereits als Jährling - wenn sie erst ein Jahr alt sind. Rassen wie Noriker oder Süddeutsches Kaltblut eignen sich gut, so die Erfahrung der beiden. "Wir brauchen das Mittelding zwischen Beweglichkeit und Kraft", sagt Arzberger, der heute mit seinen beiden Norikern Libelle und Stratus da ist.

Kräftigere Kaltblüter könnten vielleicht schwere Stämme ziehen, kämen aber nicht so leicht und wendig durch die Bäume hindurch. Jahrelanges Kennenlernen, gegenseitiges Vertrauen, aber natürlich auch Gehorsam seien außerdem nötig dafür, dass ein Pferd ein gutes Rückepferd wird.

Arbeit ist nicht ungefährlich: "Man hat nur ein Mal zehn Finger"

Reinhard Hundsdorfer legt eine Kette um einen am Boden liegenden Baumstamm, hakt sie ein - würden die Pferde jetzt einfach loslaufen, dann hätte er schlechte Karten: "Man hat nur zehn Finger, wenn zehnmal ein Finger zwischen der Kette ist, ist nach zehnmal Schluss", sagt er. Aber: Chuck und Norris haben sich die ganze Zeit über keinen Millimeter bewegt. Ist der Baumstamm befestigt, geht Hundsdorfer nach vorne und dirigiert die Pferde mit seiner Stimme und Körpersprache durch den Wald, zwischen Bäumen hindurch, über am Boden liegende Äste und Baumstümpfe, bis hin zu einer Stelle, wo schon mehrere Stämme liegen, am Rande einer Rückegasse.

Holzrücken mit Pferden hat viele Vorteile

Der Vorteil der Arbeit mit Pferden sei, dass der Waldboden so weniger beschädigt werde, sagt der Donauwörther Stadtförster Michael Fürst. Gerade jetzt, wo der Untergrund nicht gefroren und stattdessen sehr nass sei, würden Maschinen tiefe Furchen in den Waldboden graben. Zum Einsatz kommen die Maschinen trotzdem noch - sie seien wichtig und nötig, betont Fürst: Sie ziehen die von den Pferden auf einem Haufen gesammelten Stämme dann letztendlich aus dem Wald.

Durch die Kombination beider Arbeitsweisen könnten die Schäden am Boden allerdings um etwa 50 Prozent verringert werden, sagt Förster Fürst. Und noch einen weiteren Vorteil gibt es: Mit ihren Hufen und durch das Schleifen der Stämme über den nassen Boden wird dieser oberflächlich leicht aufgeraut, sodass herabfallende Baumsamen quasi in ein vorbereitetes Beet fallen. So komme man kostenlos an junge Bäume, lacht Fürst.

Die Rückearbeit mit den Pferden sei zwar etwas teurer als nur mit Maschinen. Der Donauwörther Stadtrat aber stehe hinter dieser Methode, da sie viele Vorteile biete. Nicht zuletzt erhöhe sie die Attraktivität des Stadtwaldes: Viele Spaziergänger bleiben stehen, machen ein Foto, fragen nach, was hier vor sich geht. Es ist spannend, den Tieren bei der Arbeit zuzusehen.

Holzrücker sind selten geworden - Nachfrage steigt

Früher, erinnert sich Stadtförster Fürst, vor etwa 30 Jahren, habe es auch in der Gegend mehrere Pferdebesitzer gegeben, die das Holzrücken im Wald angeboten hätten. Mit steigendem Einsatz der Maschinen seien es immer weniger geworden, auch wenn die Nachfrage in den vergangenen Jahren wieder gestiegen sei.

So kommen Hundsdorfer und Arzberger auch aus der Nähe von Regensburg beziehungsweise Denkendorf angereist, um die Arbeit im Donauwörther Stadtwald mit ihren vier Kaltblütern zu erledigen. Beide machen das im Nebenjob, sind eigentlich Handwerker bzw. haben einen Hof mit Pferdepension. Zwei bis drei Tage in der Woche aber sind für die Arbeit mit den Pferden im Wald reserviert. "Das ist ein Stückweit Idealismus. Klar würde ich in meinem anderen Job mehr verdienen, aber es macht mich froh und glücklich", sagt Reinhard Hundsdorfer und gibt seinen Pferden mit "Hop" das Kommando zum Loslaufen.

Korbinian Arzberger denkt ähnlich: "Manche versuchen tagsüber ihr Geld zu verdienen, um dann abends Zeit fürs Pferd zu haben. Ich komm’ lieber mit einem überschaubaren Einkommen zurecht, dafür darf ich den ganzen Tag mit meinen Pferden in der Natur sein. Es gibt nichts Besseres." Und für den Waldboden und das Klima ist es auch von Vorteil, wenn Chuck, Norris, Strator und Libelle die Vorarbeit leisten, bevor die Waldarbeiter mit ihren Maschinen anrücken.

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